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Die andere Seite des Glücks

Die andere Seite des Glücks

Titel: Die andere Seite des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seré Prince Halverson
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welchen haben.«
    »Nun ja, wie Sie sehen, habe ich alles.« Sie füllte Wasser in einen Kocher.
    »Es tut mir leid, dass ich nicht vorher angerufen habe«, sagte ich, »aber ich habe Ihre Nummer nicht. Paige weiß nicht, dass ich hier bin.«
    »Das dachte ich mir schon. Ich habe nicht viel Zeit, ich muss zur Arbeit.«
    »Was machen Sie denn beruflich?« Ich war neugierig. Sie sah höchst professionell aus und wirkte so ganz und gar fehl am Platz in ihrer eigenen Wohnung.
    »Ich arbeite im Finanzamt, falls Sie das wirklich interessiert.« Sie hob lächelnd die Augenbraue. »Ich bin Steuerprüferin.«
    »Gut zu wissen«, sagte ich, bemüht, mir die Überraschung nicht anmerken zu lassen.
    Sie brachte mir den Tee in einer hauchdünnen Porzellantasse mit Untertasse. »Vermutlich können Sie sich vorstellen« – sie lächelte und stellte die Tasse vor mir auf den Tisch – »dass ich es nicht gewöhnt bin, aufgesucht zu werden. Normalerweise ist es umgekehrt. Also, worüber möchten Sie reden?«
    »Über Paige.« Ich wählte meine Worte mit Bedacht. »Sie hat viel durchgemacht, und das tut mir leid. Ich kann verstehen, dass sie wütend ist, aber ich liebe Annie und Zach auch. Ich weiß, ich bin nicht ihre, na ja, leibliche Mutter, aber ich liebe sie, als wäre ich es. Und ich möchte eine Beziehung zu ihnen haben. Ich möchte, dass alles offener ist.«
    Ich erzählte ihr, wie ich die Briefe gefunden hatte, dass ich nichts von Paiges Briefen an die Kinder und Joe gewusst hatte, und auch nicht, dass sie zurückkommen wollte.
    »Auf dem Weg hierher war ich sehr nervös«, sagte ich, »weil ich befürchtete, Sie würden mir auch die Tür vor der Nase zuschlagen.«
    Bernie nickte. Sie drehte die Armbanduhr immer wieder um ihr schlankes Handgelenk. »Ehrlich gesagt, bin ich froh, dass Sie gekommen sind, um mit mir zu reden. Und ja, ich bin Paiges Tante und liebe sie wirklich sehr. Aber Sie und ich« – sie hob den Blick – »wir haben etwas Wichtiges gemeinsam.« Sie atmete tief durch und richtete sich auf dem Barhocker auf. »Ich habe mich um Paige gekümmert, seit sie ein Baby war. Ihre Mutter hatte ernste Probleme, aber darüber will ich nicht reden – das ist Paiges Privatsache. Aber ich habe sie zu mir genommen und für sie gesorgt, als wäre sie mein eigenes Kind. Und obwohl sie Tante zu mir sagt, fühle ich mich ganz und gar wie ihre Mutter, so wie Sie sich offensichtlich als Mutter von Annie und Zach fühlen. Sie ist meine Tochter, in meinen Gedanken und in meinem Herzen.
    Deshalb verstehe ich Ihre Gefühle, Ella. Meine Schwester konnte nicht zurückkommen und mir Paige wieder wegnehmen. Aber wenn es anders gewesen wäre – ich hätte ihr das niemals verziehen. Aber das habe ich Paige nie erzählt.«
    Sie wandte den Kopf ab, und ich folgte ihrem Blick zu dem Sonnenfleck, der wie ein Pflaster auf dem Riss in der Wand klebte. Sie fuhr fort, und unsere Blicke trafen sich wieder. »Paige ist die Mutter von Annie und Zach, und sie verdient es, ihre Mutter zu sein. Doch ich sehe mich in Ihnen, und ich verstehe Ihren Schmerz – und Ihre Liebe.« Sie fischte ihren Teebeutel mit einem Löffel aus der Tasse. »Ich werde versuchen, mit ihr zu reden. Ich werde ihr das sagen, was ich bis heute runtergeschluckt habe, wenn sie meinte: ›Ich bin ihre Mutter, niemand kann sie so lieben und für sie sorgen wie ich‹. Dann habe ich nämlich immer den Mund gehalten und nie meine Hände um ihr Gesicht gelegt und geantwortet: ›Aber Paige, habe nicht ich dich so geliebt, wie eine Mutter ihr Kind liebt?‹ Ich habe das nie zu ihr gesagt, weil meine Schwester ihr nie eine Mutter gewesen war. Im Gegenteil.«
    »Was …« Ich nahm meine Teetasse, stellte sie wieder ab. »Was genau hat Paiges Mutter eigentlich getan?«
    »Das, Ella Beene, müssen Sie Paige selbst fragen.«

    Beim Weg aus der Küche kam ich am Kühlschrank vorbei, der voller Fotos von Paige in jedem Alter hing. Als Kind sah sie haargenau wie Annie aus. Und dann fiel mein Blick auf ein ausgeschnittenes Herz aus lila Papier mit der Aufschrift:
Hapy Valenites Tak Mama, von Annie, 3 Jahre
. Bernie sah, dass ich es betrachtete. »Das war das Einzige, was Paige mitgebracht hatte, als sie Joe und die Kinder verließ und hierher kam. Es sei ihr ›Purple Heart‹, der Orden, den ein verwundeter Soldat verliehen bekommt, hab ich zu ihr gesagt. Lange Zeit war das Herz ihr Talisman und half ihr zu leben. Als sie auszog, sagte sie, ich könnte es behalten – denn sie wüsste, dass

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