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Die andere Seite des Glücks

Die andere Seite des Glücks

Titel: Die andere Seite des Glücks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Seré Prince Halverson
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Und dann drei Monate später. Ich bin zufrieden mit der Entscheidung des Richters.«
    »Drei Monate ist eine lange Zeit.«
    »Und wie finden Sie drei Jahre?« Sie legte auf.
    Es musste einen Weg geben, mit Paige zu kommunizieren. Jedes unserer Gespräche war von Feindseligkeit geprägt – von beiden Seiten. Ich parkte auf dem Einstellplatz meines Apartments und öffnete das Handschuhfach mit den Briefen und Karten, die Paige damals an die Kinder geschickt hatte.
    Wie konnte ich erreichen, dass sie mir gegenüber offener war? Ich hatte die Karten noch, aber sie würde sich bestimmt fragen, warum ich die Briefe an die Kinder nicht zusammen mit den anderen dem Gericht übergeben hatte. Und den Grund dafür – dass Annie und Zach sie eines Tages selbst öffnen und lesen sollten – würde sie mir niemals abnehmen. Paige wusste auch, dass ich verzweifelt war und alles tun würde, um die Kinder zu sehen. Und sie glaubte noch immer, dass ich von Anfang an von den Briefen gewusst hatte.
    Dieses Bündel ungeöffneter Briefe war meine einzige Chance, unser Verhältnis zu verbessern. Und die durfte ich nicht vermasseln. Ich musste einen Weg finden, sie zugunsten der Kinder zu verwenden.
    Die ganze Zeit schon winkten sie mir zu, sagten:
Hallo!
Paiges Absender stand darauf, der vom Krankenhaus, aber dann auch eine andere Adresse, vermutlich die ihrer Tante Bernie, bei der sie vorübergehend gewohnt hatte. An diesem Abend schrieb ich in mein Notizbuch:
Vielleicht, nur vielleicht, kann Tante Bernie helfen?

34. Kapitel
    Es war unhöflich, einfach so bei Tante Bernie aufzutauchen. Doch um ihre Telefonnummer herauszufinden, hätte ich Paige anrufen müssen, und das wäre kontraproduktiv gewesen. Ich folgte der Straßenkarte zum Stadtrand – oder besser gesagt, zum derzeitigen Stadtrand. Denn Las Vegas dehnte sich immer weiter aus und kam mir vor wie ein sandfarbener, runder Flechtteppich, der einfach nicht fertig wurde, sondern immer nur größer. In Paiges Kindheit hatte dieses Gebiet sicher ein ganzes Stück außerhalb gelegen, doch inzwischen gab es hier einen Supermarkt, eine Drogerie, einige Restaurants und eine Neubausiedlung. Im Trailer Park standen ausgewachsene Bäume, und die Wohnwagen hatten kaum noch etwas mit Wohnwagen gemein – es waren gepflegte, kastenförmige Fertighäuser mit einer winzigen Veranda und einem kleinen bunten Steingarten. Viel schöner, als ich mir das vorgestellt hatte.
    Ich klopfte an die Tür, doch es rührte sich nichts. Nur gut, dass ich Callie im Apartment gelassen hatte, denn trotz der frühen Morgenstunde brannte die Sonne schon unbarmherzig auf den trockenen, staubigen Asphalt. Ich wartete und klopfte noch einmal. Ich hatte gehofft, Paiges Tante vor der Arbeit zu erwischen, doch vielleicht arbeitete sie ja gar nicht mehr. Vielleicht schlief sie ja noch. »Tante Bernie?«, rief ich, was wirklich ungehörig war. Paige nannte sie so, aber ich durfte das nicht.
    Fast umgehend ertönte ein
Paige?
, und dann ging die Tür auf. Ich hatte sie mir anders vorgestellt, ganz anders. Vor mir stand eine Frau Mitte fünfzig, groß, schlank, mit dunklem, modischem Pagenschnitt. Sie trug einen eleganten taubengrauen Hosenanzug.
    »Oh! Ich dachte, es wäre meine Nichte.«
    »Ich weiß. Es tut mir leid, ich hätte Sie nicht ›Tante‹ nennen dürfen.« Ich hielt ihr die Hand hin. »Ich bin Ella Beene.«
    Sie starrte mich an.
    Ich steckte die Hand in die Jackentasche. »Ich hatte gehofft, wir könnten uns unterhalten …«
    »So?«
    »Darf ich hereinkommen?«
    Sie starrte mich weiter an, sagte dann aber: »Ach, warum nicht«, und trat zurück, um mich ins Haus zu lassen. Das Wohnzimmer stand voller Kisten, elektrischer Kleingeräte, Zeitschriften und Krimskrams. »Die Küche ist dort.« Sie zeigte nach hinten. »Ich miste gerade die Schränke aus, falls Sie sich über das Chaos wundern.«
    Ihre Küche war sauber, aber auch hier türmten sich Illustrierte und Zeitungen und Haushaltsgegenstände. Tante Bernie war offensichtlich eine große Sammlerin und konnte nichts wegwerfen, so dass ich plötzlich auch Paiges Leidenschaft für Fengshui und Innendekoration in einem anderen Licht sah.
    »Hier, setzen Sie sich.« Sie zeigte auf den Stuhl am Tisch und ließ sich selbst auf einem Barhocker nieder. Der Tisch lag voller
Redbooks
,
National Geographics
und Rechnungen. »Entschuldigen Sie die Unordnung, ich habe nicht oft Besuch.« Sie errötete, fasste sich aber sofort wieder. »Kaffee? Tee?«
    »Tee, wenn Sie

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