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Die andere Seite des Himmels: Roman (German Edition)

Die andere Seite des Himmels: Roman (German Edition)

Titel: Die andere Seite des Himmels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeannette Walls
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Keine Antwort. Liz klopfte erneut. »Mom, wir wissen, dass du da bist.«
    »Es tut uns leid«, sagte ich. »Wir sind auch wieder lieb.«
    Noch immer keine Antwort.
    Liz klopfte weiter.
    »Verschwindet!«, schrie Mom.
    »Wir haben dich lieb, Mom«, sagte Liz.
    »Ihr habt mich nicht lieb. Ihr hasst mich!«
    »Bitte, Mom«, sagte Liz. »Wir haben dich wirklich lieb! Wir versuchen bloß, realistisch zu sein.«
    »Verschwindet!«, kreischte Mom wieder.
    Die Tür erbebte mit einem Knall, und man hörte Glas zersplittern. Mom hatte irgendwas geworfen. Dann begann sie, hysterisch zu schluchzen.
    Wir fuhren wieder runter in die Halle. Vor der Rezeption stand eine Warteschlange, aber Liz spazierte daran vorbei nach vorn, und ich folgte ihr.
    Der Mann hinter der Theke hatte glänzendes schwarzes Haar und schrieb emsig in ein dickes Buch. »Hinten anstellen, bitte«, sagte er, ohne aufzuschauen.
    »Wir haben einen kleinen Notfall«, erklärte Liz.
    Der Mann sah auf und hob die Augenbrauen.
    »Unsere Mom hat sich in ihrem Zimmer eingeschlossen und kommt nicht mehr raus«, sagte Liz. »Wir brauchen Hilfe.«
    Zusammen mit dem Mann von der Rezeption und einem Wachmann marschierten wir hoch zu Moms Zimmer. Sie weinte noch immer und weigerte sich, die Tür zu öffnen. Der Mann von der Rezeption ging zum Haustelefon und verständigte einen Arzt. Als der Arzt in seiner weißen Jacke eintraf, zückte der Wachmann einen Generalschlüssel, öffnete die Tür und führte ihn ins Zimmer. Liz und ich gingen hinterdrein.
    Mom lag auf dem Bett, ein Kissen über dem Kopf. Der Arzt, ein kleiner Mann mit einem sanften Südstaatenakzent, streichelte ihr die Schulter. Mom nahm das Kissen vom Gesicht und starrte zur Decke. Ihr Make-up war verschmiert. Liz und ich standen dicht an der Wand, doch Mom schaute nicht zu uns rüber. Liz legte mir einen Arm um die Schultern.
    Mom stieß einen lauten Seufzer aus. »Keiner versteht, wie schwer es ist, ich zu sein«, sagte sie zu dem Arzt.
    Der Arzt murmelte irgendwas Beruhigendes. Er sagte zu Mom, er würde ihr jetzt eine Spritze geben, und dann würde sie sich gleich viel besser fühlen, und danach täten ihr wahrscheinlich ein paar Tage Ruhe unter ärztlicher Aufsicht gut. Mom schloss die Augen und drückte die Hand des Arztes.
    Der Mann von der Rezeption schob Liz und mich zurück auf den Flur. »Und was machen wir jetzt mit euch beiden?«, fragte er.
    »Wir haben einen Onkel in Byler«, sagte Liz.
    »Ich denke, den sollten wir anrufen«, sagte der Mann.
     
    Nachdem er mit Onkel Tinsley gesprochen hatte, bestellte der Mann von der Rezeption für jede von uns ein Gingerale, das mit einer Maraschinokirsche serviert wurde, und einen Teller mit kleinen Sandwiches – Pute, Krabbensalat, Gurke –, bei denen die Kruste abgeschnitten war, und wir aßen sie an einem kleinen Tischchen in der riesigen, mit Säulen gefüllten Eingangshalle. Am Hinterausgang sei ein Krankenwagen für unsere Mom vorgefahren, erzählte der Mann von der Rezeption uns, und der Arzt habe ihr hineingeholfen. Der Page holte unsere Koffer aus dem Zimmer, und nachdem wir unsere Sandwiches aufgegessen hatten, saßen wir da und warteten. Der Mann von der Rezeption kam immer mal wieder zu uns rüber und fragte, ob alles in Ordnung sei. Die Stunden vergingen, und die wuselige Eingangshalle wurde stiller, und als Onkel Tinsley endlich kurz vor Mitternacht durch die Drehtür hereinkam, war sie menschenleer, bis auf unseren neuen Freund von der Rezeption, der hinter der Theke irgendwelche Unterlagen sortierte, und einen Hausmeister, der den Marmorboden mit einer großen elektrischen Poliermaschine wienerte.
    Onkel Tinsleys Schritte hallten von der hohen Decke wider, als er durch die Halle auf uns zukam. »Ich hatte ja gehofft, euch wiederzusehen«, sagte er, »aber ich hätte nicht gedacht, dass es so bald sein würde.«

13
    M om machte mir ein bisschen Sorgen, aber ehrlich gesagt, ich war froh, wieder in Byler zu sein. Ich hatte gar nicht nach New York ziehen wollen, wo die Menschen laut Onkel Tinsley einfach bloß die Fenster schlossen, wenn einer um Hilfe schrie.
    Ein paar Tage später rief Mom an. Sie fühle sich schon viel besser. Sie habe einen kleinen Zusammenbruch gehabt, räumte sie ein, aber nur deshalb, weil ihre Rückkehr nach Byler sie nervlich so belastet hatte. Sie sprach mit Onkel Tinsley, und sie beschlossen, dass es am vernünftigsten war, wenn Liz und ich vorläufig in Byler blieben. Mom sagte, sie würde erst mal allein nach

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