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Die andere Seite des Himmels: Roman (German Edition)

Die andere Seite des Himmels: Roman (German Edition)

Titel: Die andere Seite des Himmels: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeannette Walls
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zerstochen hat. Zweitens, weil er es abstreitet.«
    »Stimmt das, Junge?«, fragte Onkel Clarence.
    »Er sagt, er war’s nicht«, sagte Tante Al.
    »Er war’s nicht«, sagte ich. »Er war gestern Abend mit mir zusammen. Wir sind bloß mit dem Fahrrad rumgefahren.«
    »Du warst wahrscheinlich mit dabei«, sagte Maddox. Er zeigte auf Tante Al. »Sie arbeiten in der Weberei«, sagte er. Er wandte sich Onkel Clarence zu. »Und Sie kassieren das Arbeitsunfähigkeitsgeld von der Weberei. Leute, die in der Weberei arbeiten und das Geld der Weberei einstecken, tun, was ich sage. Und ich sage, der Junge da hat eine Tracht Prügel verdient.«
    Maddox und Onkel Clarence sahen sich lange an. Dann ging Onkel Clarence aus dem Zimmer. Als er zurückkam, hielt er einen Ledergürtel in der Hand.
    »Ach, Clarence«, sagte Tante Al. Aber sie versuchte nicht, ihn aufzuhalten.
    »Gehen wir raus«, sagte Maddox.
    Er ging vor Joe und Onkel Clarence durch das Haus nach hinten in den Garten. Joe starrte geradeaus und sagte nichts, genau wie er das in dem Streifenwagen gemacht hatte. Tante Al und ich folgten ihnen nach draußen. In dem Gemüsebeet waren Onkel Clarence’ abgestorbene Tomatenpflanzen noch immer hochgebunden. Tante Al packte ganz fest meinen Arm, als Onkel Clarence Joe aufforderte, sich vorzubeugen und seine Fußknöchel zu umfassen, und dann fing Onkel Clarence an, mit dem Gürtel auf Joes Hintern einzudreschen, während Maddox danebenstand.
    Beim ersten Schlag wäre ich fast zu Onkel Clarence gerannt und hätte seinen Arm festgehalten. Tante Al schien das zu spüren, denn sie packte mich noch fester. Onkel Clarence schlug Joe wieder und wieder. Joe gab keinen Mucks von sich, und als Onkel Clarence endlich aufhörte, richtete Joe sich auf. Er sah niemanden an und sagte auch nichts. Stattdessen ging er in den Wald und verschwand den Pfad hinauf, der zu den Kastanienbäumen führte.
    Maddox klopfte Onkel Clarence auf den Rücken und legte einen Arm um ihn. »Nichts für ungut«, sagte er. »Und jetzt gehen wir ein Bier trinken.«

42
    O nkel Clarence hatte keine Lust, mit Maddox ein Bier zu trinken, also fuhr Maddox davon. Danach hatte Onkel Clarence einen fürchterlichen Hustenanfall, und als der vorüber war, setzte er seine Armeemütze auf und ging zum Veteranentreffen. Ich blieb mit Tante Al und Earl in der Küche. Ich hatte das Gefühl, Tante Al wollte, dass ich bei ihr blieb.
    Eine Weile sagte keiner etwas, dann legte Tante Al los: »Was in drei Teufels Namen habt ihr euch dabei gedacht?«
    Sie wusste es also.
    »Es war alles meine Schuld«, sagte ich. Ich erzählte ihr, dass Maddox, seit Liz ihn angezeigt hatte, Müll in unseren Garten schmiss und versuchte, uns mit seinem Auto über den Haufen zu fahren, und dass Liz Stimmen hörte und ich deshalb gedacht hatte, ich müsste was gegen ihn unternehmen, und dass Joe der Einzige war, der mir helfen konnte.
    »Schätzchen, ich verstehe ja, dass du dich rächen willst«, sagte sie, »aber ihr habt sozusagen einen wütenden Bullen mit Steinen beschmissen.«
    Tante Al und ich blieben noch länger in der Küche sitzen. Ich fragte, was sie von Liz’ Stimmen hielt, und sie sagte, manchmal würde sie hören, wie Gott zu ihr sprach und manchmal auch der Teufel. Als ihre Familie in den Bergen lebte, gab es alle möglichen Leute, die in Zungen sprachen, und vielleicht wäre das bei Liz nicht anders.
    Als Ruth von der Sonntagsschule nach Hause kam, wo sie unterrichtete, fragte sie gleich: »Was macht ihr denn für lange Gesichter?«
    »Dein Pa musste Joe eine Tracht Prügel verabreichen«, sagte Tante Al.
    »Maddox hat ihn dazu gezwungen«, fügte ich hinzu.
    »Dad hat Joe geschlagen, weil Mr Maddox es ihm gesagt hat?«
    »Hinten im Garten«, sagte ich.
    »Mr Maddox war hier?«, fragte Ruth. »In unserem Haus?« Sie setzte sich an den Tisch.
    »Bis gerade eben«, sagte ich. Dann erklärte ich ihr, was passiert war, und als ich zu Ende erzählt hatte, schaute Ruth zu Boden und fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, als hätte sie Kopfschmerzen.
    »Weißt du, ich habe keinem je erzählt, warum ich aufgehört habe, für Maddox zu arbeiten«, sagte sie.
    Tante Al sah Ruth erschrocken an.
    »Er hat sich an mich rangemacht«, sagte Ruth. »Nicht so schlimm wie bei Liz, aber er hat mich bedrängt und wie verrückt betatscht. Ich bin abgehauen, aber ich hatte richtig Angst.«
    »Schätzchen«, sagte Tante Al. »Ich hab dich doch gefragt, ob irgendwas vorgefallen ist, und du hast nein

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