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Die Anderen - Das Dämonenmal (German Edition)

Die Anderen - Das Dämonenmal (German Edition)

Titel: Die Anderen - Das Dämonenmal (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris P. Rolls
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waren und Liluth und Dave in eine Falle gelockt hatten, war das Ganze eskaliert. Die Jäger hatten den einen Anderen vernichtet, nur Dave war ihnen entkommen, ohne erkannt zu werden. Die Jäger hatten dafür einen hohen Blutzoll gezahlt. Trotzdem war es eines der wenigen Male gewesen, in denen sie dem Ältesten der Anderen überhaupt so gefährlich nahe gekommen waren.
    Dave wandte ihm wieder seinen Blick zu und Russell vermochte nicht zu erkennen, ob ihn die Erinnerungen bewegten oder nicht.
    „Also“, versuchte er genervt wieder zu dem eigentlichen Thema zurückzukehren. „Was war an dem jungen Menschen so besonders, dass du ihn verschont hast?“ Ärgerlich ballte er seine Fäuste. Er war einfach zu menschlich, er konnte solche Duelle mit Dave nie durchstehen. Der stellte das Glas ab und sein Gesicht nahm für den Bruchteil einer Sekunde einen ungewohnt sehnsüchtigen Ausdruck an. So kurz, dass Russell sich nicht sicher war, ob er überhaupt etwas gesehen hatte. Daves Blick löste sich von seinem Gegenüber und richtete sich auf einen unbestimmten Punkt mitten im Raum.
    „Sein Fleisch war einfach zu süß, um nur als Nahrung zu dienen“, meinte er leise und seine Stimme hatte einen merkwürdig träumerischen Klang angenommen. Überrascht sah Russell ihn an. Für mehrere Sekunden war er sprachlos. Dann erst begriff er, was Dave da gesagt hatte. Fassungslos brach es aus ihm hervor: „Warum hast du ihn dir dann nicht einfach genommen und es danach, wie sonst auch, beendet?“ Dave blickte ihn erneut direkt an und ein feines Lächeln umspielte seine Lippen, ließ Russell ahnen, wie schnell sich diese Züge verwandeln konnten.
    „Aber da wäre ja gar kein Spaß dabei“, bemerkte Dave und sein Gesicht hatte nun wirklich einen gefährlichen, lauernden Ausdruck angenommen, der dem menschlichen Teil in Russell einen winzigen, kalten Schauer bereitete. Seine dunkle, tiefe Stimme hingegen sandte ein eindeutiges, erregendes Kribbeln in Russells Lenden. Hastig schluckte er, um das beschämende Gefühl zu vertreiben.
    „Du bist ja völlig verrückt!“, warf er dem Anderen fassungslos vor, hoffte, dass er jede Unsicherheit seines menschlichen Teils aus seiner Stimme verbannt hatte. „Willst du ein Spiel mit ihm spielen?“ Abermals lächelte Dave und diesmal blitzten tatsächlich seine scharfen Fänge kurz zwischen seinen Lippen hervor.
    „Ich weiß es noch nicht genau“, erwiderte er leise und nachdenklich. Russell schnaubte abfällig. So kannte er Dave gar nicht. Der Älteste der Anderen liebte Risiken. Es war wohl recht schwer, noch etwas zu finden, was ihn wirklich reizen konnte. Nur so ein Spiel mit einem einfachen Menschen war selbst für ihn ungewöhnlich. Menschen waren Nahrung. Die Anderen töteten ihre Opfer schnell und effizient. Das Fleisch und ihre Energie war alles, was sie interessierte. Weiches, süßes, von Furcht durchtränktes Fleisch, pure, in Todesangst freigesetzte Lebensenergie. Nie hinterließen sie dabei Spuren, niemals ließen sie einen Menschen am Leben. Niemals! Das war eine der wichtigsten Regeln. Dave hatte sie ihm einst selbst beigebracht. Warf er diese Prinzipien nun etwa einfach über den Haufen? Wofür?
    Dave schien erneut in Gedanken versunken zu sein, stand dann langsam auf, wobei man bei ihm eher von einem eleganten Gleiten sprechen konnte und trat dicht vor die komplett verglaste Rückseite seines Büros. Minutenlang schwiegen beide. Entfernt hörte man das Rauschen der Menschenstadt unter ihnen. Russell roch und fühlte die Menschen in dieser Etage, hörte ihre Herzen leise und dumpf schlagen. Seine Sinne waren nicht so stark ausgeprägt, wie die der wahren Anderen. Allerdings konnte er die echten Menschen in seiner unmittelbaren Umgebung ausmachen, hörte ihren Herzschlag und spürte ihre Bewegungen. Nur bei Dave nicht. Von ihm nahm Russell lediglich den Geruch wahr. Der Andere konnte seine Präsenz vor ihm, dem Halbling, so gut verbergen wie vor jedem normalen Menschen auch. Dave wandte sich nicht um, als er wieder zu sprechen begann. „Da war noch etwas Merkwürdiges an diesem jungen Menschen“, meinte er recht leise und offenkundig mehr zu sich selbst, doch Russells Gehör war gut genug, um es zu hören.
    „Sein Blut und Fleisch waren süß, so unendlich süß wie schon lange nicht mehr“, sinnierte Dave, behielt dabei den leisen Tonfall bei. „Darunter habe ich jedoch noch etwas anderes geschmeckt und das habe ich seit Jahrhunderten nicht mehr gekostet.“ Russell

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