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Die Angst der Boesen

Die Angst der Boesen

Titel: Die Angst der Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Dunker
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ausgewechselt wurde, rannte Ilkay zu seinem Freund. »Wir werden Meister und kein Arsch guckt zu.«
    Levent sah ihn merkwürdig an. »Seht zu, dass ihr gewinnt.«
    »Sag, was los ist!«
    »Später.«
    »Jetzt.«
    Levent seufzte und legte ihm schwer die Hand auf die Schulter. »Sven ist tot. Ist vor ’nen Zug gesprungen.«
    »Unmöglich.«
    »Doch, ist so.«
    Was meinst du, wirst du der Nächste sein?
    Ilkay musste sich auf die Absperrung stützen. Seine Beine fühlten sich auf einmal an wie aus Pudding. Sein Blick sauste erneut über die Gesichter der Zuschauer. Eine üble Ahnung formte sich in seinem Kopf: Hatte der Kerl das so gemeint? Hatte er Sven ...?
    »Das Spiel geht weiter«, sagte Levent. »Verdammt, ich wusste schon, warum ich’s dir erst nachher sagen wollte.«
    »The show must go on«, sagte der Typ, der neben Levent stand und ein Fan der Gegner war. Er grinste und roch nach Bier – Ilkay hätte ihm am liebsten eine reingehauen. Aber das ging überhaupt nicht, ihm war so flau, er war so verunsichert und musste doch aufs Feld, musste spielen, kämpfen.
    Zu Recht brüllte ihn sein Torwart an, schnauzte der Trainer herum und schnauzte noch lauter, als der kleine Blonde mit den Rastalocken ihnen in der vierundachtzigsten den Ausgleichstreffer reinmachte. Es war nicht Ilkays Schuld, eindeutiger Torwartfehler – und doch: Er war nicht mehr bei der Sache gewesen.
    Die Partie lief von da an quasi ohne ihn. Er stand rum wie Falschgeld, störte mehr, als dass er der Mannschaft was brachte. In den letzten Minuten sah er die Leute am Spielfeldrand wieder diskutieren und fragte sich, ob man ihm gleich sagen würde, dass alles ein übler Scherz gewesen war und jemand das Spiel mit Telefonterror manipuliert hatte.
    Als abgepfiffen wurde, hatten sie die Meisterschaft knappverpasst. Ilkay stürzte auf Levent zu. »Hat uns jemand verarscht, oder?«
    Levent schüttelte den Kopf.
    »Weißt du sicher, dass es Sven ist?«
    »Sie haben seinen Ausweis gefunden.«
    »Und ganz sicher Selbstmord?«
    »Scheint so.«
    »Kein Unfall oder so?«
    »Nee. Wäre ja schon ein komischer Unfall.«
    »Aber Selbstmord? Kein Mord?«
    Levent sah ihn irritiert an. »Das geht dir ganz schön nah, Alter, was?«
    Ilkay antwortete nicht. Er hätte Sven nie als Freund bezeichnet, aber jetzt verband sie etwas, etwas Beängstigendes, Böses.
25
    Leon und Tatjana fuhren so plötzlich auseinander, als hätten sie einen elektrischen Schlag bekommen.
    »Hilfe, was ist denn jetzt los?«, fragte sie erschrocken.
    Er sprang vom Bett, zog stolpernd die Jeans hoch und schloss schnell die Zimmertür auf. »Lilly?«
    Seine Schwester stand im Flur und schrie wie am Spieß. Das Telefon hatte sie auf den Boden geschmissen. Im Laufen trat er darauf, rutschte aus und zerstörte das Mobilteil.
    »Spinnst du? Was schreist du so?«, schrie er nun selbst, packte sie an den Armen und schüttelte sie hin und her.
    Sie stoppte und sah ihn an. Für einen Moment flackerte ihr Blick wie im Wahnsinn. Dann löste sich eine Träne.
    »Bist du total Banane?«, schimpfte er, merkte aber schon,dass seine Wut Bestürzung wich. Wie Lilly da stand, machte sie ihm Angst.
    Die war nicht umsonst mal eine Zeit lang in der Klapse gewesen.
    Endlich gab sie Antwort, scheinbar völlig teilnahmslos. »Ich weiß jetzt, wer sich vor den Zug geworfen hat.« Sie drehte sich um, ging in die Küche, setzte sich auf einen Stuhl und wartete, bis Leon und Tatjana, Letztere nur halb bekleidet, zu ihr kamen.
    »Wer?«, fragte Tatjana.
    Paul, dachte Leon.
    »Svenni«, sagte Lilly.
    Leon schluckte. Diese Verniedlichung hatte er noch nie gehört. Sie passte nicht zu dem Sven, den er kannte. Vielleicht redete sie von jemand anderem?
    »Sven Lange?«, hakte Tatjana ungläubig nach.
    Lilly nickte. »Es heißt, er soll sofort tot gewesen sein.« Laut schluchzte sie: »Svenni war der einzige Mensch, der mich je geliebt hat.«
    »Dieser Arsch?«, fragte Tatjana und schlug sich auf den Mund.
    Leon blitzte sie böse an, dann nahm er seine Stiefschwester in den Arm und sagte: »Das stimmt doch nicht. Ich mein, andere lieben dich auch ... und Sven ... bist du sicher? Das kann gar nicht sein. Mit Sven habe ich noch vor zwei Stunden gesprochen. Wir haben uns zufällig im Bus getroffen, nachdem ich im Zoogeschäft Futter einkaufen war. Sven hatte supergute Laune. Der wollte dich noch treffen, der hätte nie ...«
    Sie weinte. »Es stimmt aber. Ich hab mit Levent gesprochen. Er und Ilkay wollen gleich zum S-Bahnhof.

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