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Die Angst der Boesen

Die Angst der Boesen

Titel: Die Angst der Boesen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Dunker
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den Computer aus, steckte den Ausdruck der Webseite ein, griff nach Jeansjacke und Handy und rief seinen Eltern zu, dass er noch mal wegmüsse.
    »Wo willst du hin?«, fragte sein Vater.
    »Zu Leon.«
    »Das gefällt mir nicht.«
    »Es ist wichtig, es geht um Sven. Du weißt schon, der, der ermordet worden ist.«
    »Ich weiß es, weil die Polizei hier war. Mir gefällt es nicht, dass du mit solchen Menschen zu tun hast.«
    »Hab ich ja nicht.« Ilkay wehrte ab. »In einer halben Stunde bin ich zurück.«
41
    Lilly prustete vor Überraschung, als sie sah, wer gerade ihr Handy zum Klingeln brachte. »Hallo!«
    »Entschuldige, dass ich dir hinterhertelefoniere, aber ich hab ein furchtbar schlechtes Gewissen.«
    »Das ist auch angebracht.« Sie winkte ihrer Freundin und grimassierte wie wild: Jan-Olli!
    Tatjana verdrehte die Augen. Sie trippelte weiter an der Bushaltestelle auf und ab und blickte unruhig in die Richtung, aus der Leon kommen musste.
    Für Lilly aber zählte nur, dass Jan-Olli sie nun doch nicht eiskalt fallen ließ. Das wäre auch eine Frechheit gewesen.
    »Kommst du denn zurecht?«, fragte er. »Ich hab mich ordentlich geschämt, als du weggerannt bist.«
    »Was hast du denn erwartet?«, entgegnete Lilly lockerer, als sie war. Noch wusste sie ja nicht, was Jan-Olli genau von ihr wollte.
    Nur checken, ob sie okay war, oder wieder anbändeln?
    Sie hatte keine Chance, das herauszufinden. Tatjana ergriff plötzlich ihren Arm, zischte: »Sei mal leise!«
    »Wieso denn? – Entschuldige, Jan-Olli, meine Freundin ...«
    »Leise! Ich glaub, da hat jemand geschrien.« Tatjanas Augen waren schreckgeweitet, ihre Stimme weinerlich vor Angst. »Leon hat um Hilfe gerufen.«
    »Unsinn.«
    »Lilly?«, flüsterte Jan-Olli in den Hörer. »Äh, ich will euch auch nicht so lange aufhalten. Konntest du denn nachvollziehen, warum ich das vorhin gesagt hab?«
    Ah, dachte Lilly sauer, er will nicht mehr. Er nutzt die Gelegenheit, um mich jetzt schnell loszuwerden.
    »Klar, Jan-Oliver, ich bin zwar noch minderjährig, wie duso schön gesagt hast, aber nicht von gestern. Ich war mit Sven zusammen, dem größten Kotzbrocken der Schule. Der stand überhaupt nicht auf Fair Play, aber er hat auch nie so getan, als täte er es. Insofern war er ehrlich.«
    »Okay, verstehe«, antwortete Jan-Olli, verstand aber wahrscheinlich gar nichts. Lilly verzog das Gesicht, ihre Stimme wurde böse:
    »Der war fairer als du. Du bist ein Heuchler.«
    »Nein. Ich wollte dir nicht wehtun. Lass uns noch mal reden. Am Dienstag.«
    Lilly fauchte. Auf Tatjanas hektisches Handzeichen, still zu sein, achtete sie nicht. In Rage rief sie: »Ich komme am Dienstag nicht. Ich schmeiße den Volleyball, dann hast du keine Probleme mehr. Ich passe eh nicht in deine Welt. Ich werde nie zur Uni gehen oder wie du Trompete spielen. Ich bin schon beim Volleyball ein Fremdkörper. Ich bin keine schlaue, blonde, makellose Barbie vom Gymnasium; ich hab nicht die Taschen voll Geld. Mich fragen meine Mitspielerinnen, wie ich später das Weglasern meines Tattoos bezahlen will, ob das Geld dafür von Hartz IV bezahlt wird. Du hörst so was und beschützt mich nicht. Denkst: Armes, dummes Würstchen, war schon mal ›in Kur‹ gewesen, muss man ja Mitleid mit haben, kommt aus schwierigen Verhältnissen ... muss man ja fair sein. Ich scheiße auf deine Fairness. Warum hab ich überhaupt die Hoffnung gehabt, dass du was von mir willst? Warum habe ich mich so gefreut, dass du angerufen hast? Warum ...?«
    Weiter kam sie nicht, denn Tatjana riss ihren Arm herunter. »Wir müssen Leon suchen, Lilly!«
    Jetzt erst sah sie, wie verstört ihre Freundin war.
    »Bitte! Ich traue mich nicht, allein zurückzugehen.«
    »Hää? Warum sollte Leon Hilfe brauchen?«
    »Weil jemand hinter uns her ist«, flüsterte Tatjana sopanisch, als stünde sie einem zähnefletschenden Tiger gegenüber, »der Penner.«
    Plötzlich fiel Lilly der Stadtstreicher aus der Beach Bar ein. Nur deshalb stieß sie einen lauten Seufzer aus, drückte Jan-Olli weg und lief mit Tatjana den ganzen Weg zurück zur Gedenkstelle.
42
    Leon fror wie noch nie in seinem Leben. Wo blieb denn nur Tatjana? Hatte sie seine Schreie nicht gehört? Er wünschte, er könnte noch einmal schreien, damit sie ihn hörte und zu ihm käme. Sie würde ihren warmen Körper an seinen schmiegen. Ihr warmer, weicher Körper würde ihn wärmen.
    Leon öffnete den Mund. Er wusste nicht, ob Laute herausdrangen, aber er hoffte es. Er hoffte auf

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