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Die Angst des Tormanns beim Elfmeter

Die Angst des Tormanns beim Elfmeter

Titel: Die Angst des Tormanns beim Elfmeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Handke
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der Bursche, als wollte er beweisen, daß es sich um einen Bienenschwarm handelte, die Flasche in die Baumkrone hinaufwarf. Der Bierrest spritzte gegen den Stamm, die Flasche fiel ins Gras auf einen Haufen von faulen Birnen, und von den Birnen schwirrten sofort Fliegen und Wespen auf. Während Bloch dann neben dem Burschen herging, hörte er, wie er von einem ›Badenärrischen‹ erzählte, den er gestern im Bach beim Baden gesehen habe; die Finger seien ihm ziemlich verschrumpelt gewesen, vor dem Mund habe er eine große Schaumkugel gehabt. Bloch fragte ihn, ob er selber schwimmen könne. Er sah, wie der Bursche die Lippen aufriß und heftig nickte, hörte dann aber, wie er ›nein‹ sagte. Bloch ging voraus, hörte ihn noch weiterreden, schaute aber nicht mehr zurück.
    Vor dem Schloß klopfte er an das Fenster des Pförtnerhauses. Er trat so nahe an die Scheibe heran, daß er hineinschauen konnte. Auf dem Tisch stand eine Wanne voll Pflaumen. Der Pförtner, der auf dem Sofa lag, war gerade aufgewacht;er gab ihm Zeichen, von denen Bloch nicht wußte, wie er auf sie antworten sollte. Er nickte. Der Pförtner kam mit einem Schlüssel heraus, sperrte das Tor auf, drehte sich aber gleich wieder um und ging voraus. Ein Pförtner mit einem Schlüssel! dachte Bloch; wieder kam es ihm vor, als sollte er das alles nur im übertragenen Sinn sehen. Er bemerkte, daß der Pförtner vorhatte, ihn durch das Gebäude zu führen. Er nahm sich vor, das Mißverständnis aufzuklären; aber obwohl der Pförtner kaum redete, ergab sich keine Gelegenheit. Auf die Tür des Eingangs, durch den sie eintraten, waren überall Fischköpfe genagelt. Bloch hatte zu einer Erklärung angesetzt, aber er mußte den richtigen Augenblick wieder verpaßt haben. Sie waren schon eingetreten.
    In der Bibliothek las der Pförtner ihm aus den Büchern vor, wie viele Teile der Ernte früher die Bauern dem Gutsherrn als Pachtzins abliefern mußten. Bloch kam nicht dazu, ihn an dieser Stelle zu unterbrechen, weil der Pförtner gerade eine lateinische Eintragung übersetzte, die von einem unbotmäßigen Bauern handelte. ›Er mußte den Hof verlassen‹, las der Pförtner, ›und einige Zeit darauf fand man ihn im Wald mit den Füßen an einem Ast hängen, den Kopf in einem Ameisenhaufen.‹ Das Zinsbuch war so dick, daß es der Pförtner mitbeiden Händen zukippen mußte. Bloch fragte, ob das Haus bewohnt sei. Der Pförtner antwortete, der Zutritt zu den Privaträumen sei nicht gestattet. Bloch hörte ein Klicken, aber der Pförtner hatte nur das Buch wieder abgeschlossen. »Die Dunkelheit in den Fichtenwäldern«, zitierte der Pförtner aus dem Kopf, »hatte ihn um den Verstand gebracht.« Vor dem Fenster gab es ein Geräusch, als löse sich ein schwerer Apfel von einem Zweig. Der Aufprall aber blieb aus. Bloch schaute hinaus und sah, daß im Garten der Gutsbesitzerssohn mit einer langen Stange, an deren Ende ein an den Rändern gezackter Sack befestigt war, die Äpfel an den Zacken in den Sack hineinriß, während unten im Gras, mit ausgebreiteter Schürze, die Pächterin stand.
    Im Nebenraum hingen Tafeln mit Schmetterlingen. Der Pförtner zeigte ihm, wie fleckig seine Hände vom Präparieren geworden seien. Trotzdem waren viele Schmetterlinge von den Nadeln, an denen sie steckten, heruntergefallen; Bloch sah unter den Tafeln den Staub auf dem Boden. Er trat näher und betrachtete die Schmetterlingsreste, die noch von den Nadeln festgehalten wurden. Als der Pförtner hinter ihm die Tür schloß, fiel von einer Tafel außerhalb seines Gesichtskreises etwas herab und zerstäubte schon im Fallen. Blochsah ein Nachtpfauenauge, das von einem wolligen grünlichen Schimmer fast überwuchert schien. Er beugte sich weder vor, noch trat er zurück. Er las die Beschriftungen unter den leeren Stecknadeln. Manche Falter hatten ihre Gestalt schon so verändert, daß man sie nur noch an den Bezeichnungen darunter erkannte. »Eine Leiche im Wohnzimmer«, zitierte der Pförtner, der schon in der Tür zum nächsten Raum stand. Draußen schrie jemand auf, und ein Apfel schlug auf den Boden. Bloch, der aus dem Fenster schaute, sah, wie ein leerer Zweig zurückgeschnellt war. Die Pächterin legte den zu Boden gefallenen Apfel zu dem Haufen der andern beschädigten Äpfel.
    Später kam eine auswärtige Schulklasse dazu, und der Pförtner hatte die Führung unterbrochen und von vorn angefangen. Bloch benutzte die Gelegenheit und entfernte sich.
    Wieder auf der Straße, setzte

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