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Die Angst des Tormanns beim Elfmeter

Die Angst des Tormanns beim Elfmeter

Titel: Die Angst des Tormanns beim Elfmeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Handke
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draußen auf der Straße die Notdurft verrichteten und weitergingen.
    In der Wirtsstube wurde es stiller, so daß die Platten in der Musicbox ganz deutlich spielten. In der Pause zwischen den Platten redete man leise oder hielt fast den Atem an; und man war erleichtert, wenn die nächste Platte einsetzte. Es kam Bloch vor, als könnte man über diese Vorgänge reden wie über etwas immer Wiederkehrendes; ein Tageslauf, dachte er; etwas, das man auf Ansichtskarten schrieb. »Am Abend sitzt man im Wirtshaus und hört Platten.« Er wurde immer müder, und draußen fielen die Äpfel von den Bäumen.
    Als niemand außer ihm mehr da war, ging die Pächterin in die Küche. Bloch blieb sitzen und wartete, bis die Platte zu Ende war. Er schaltetedie Musicbox aus, so daß jetzt nur noch in der Küche Licht brannte. Die Pächterin saß am Tisch und rechnete ab. Bloch kam auf sie zu, er hatte einen Bierdeckel in der Hand. Sie schaute auf, als er aus der Wirtsstube trat, und blickte ihm entgegen, während er auf sie zukam. Zu spät fiel ihm der Bierdeckel ein, er wollte ihn schnell verstecken, bevor sie ihn sah, aber die Pächterin schaute schon von ihm weg auf den Bierdeckel in der Hand und fragte ihn, was er damit wolle, ob sie vielleicht eine Rechnung daraufgeschrieben habe, die nicht kassiert worden sei. Bloch ließ den Deckel fallen und setzte sich neben die Pächterin, nicht eins nach dem andern, sondern indem er bei jeder Bewegung zögerte. Sie zählte weiter, redete dabei mit ihm, räumte das Geld dann weg. Bloch sagte, er habe den Bierdeckel nur in der Hand vergessen, das habe nichts zu bedeuten.
    Sie lud ihn ein, mit ihr etwas zu essen. Sie stellte ein Holzbrett vor ihn hin. Ein Messer fehle, sagte er, dabei hatte sie das Messer neben das Brett gelegt. Sie müsse die Wäsche aus dem Garten holen, sagte sie, es fange gerade zu regnen an. Es regne nicht, verbesserte er sie, es regne nur von den Bäumen, weil es etwas windig sei. Aber sie war schon hinausgegangen, und weil sie die Tür offengelassen hatte, sah er, daß es wirklich regnete. Er sahsie zurückkommen und rief ihr entgegen, sie habe ein Hemd verloren, aber es erwies sich, daß es nur der Fußbodenlappen war, der schon früher neben dem Eingang gelegen hatte. Als sie am Tisch eine Kerze anzündete, sah er das Wachs auf einen Teller tropfen, weil sie die Kerze in der Hand ein wenig geneigt hielt. Sie solle doch aufpassen, sagte er, das Wachs rinne auf den sauberen Teller. Aber sie stellte schon die Kerze in das noch flüssige übergelaufene Wachs und preßte sie so lange darauf, bis sie von selber stehenblieb. »Ich habe nicht gewußt, daß du die Kerze auf den Teller stellen wolltest«, sagte Bloch. Sie traf Anstalten, sich auf eine Stelle zu setzen, wo gar kein Stuhl war, und Bloch rief: »Vorsicht!«, dabei hatte sie sich nur hingehockt und eine Münze aufgehoben, die ihr beim Zählen unter den Tisch gefallen war. Als sie ins Schlafzimmer ging, um nach dem Kind zu sehen, fragte er sofort nach ihr; sogar als sie einmal vom Tisch wegging, rief er ihr nach, wohin sie gehen wolle. Sie schaltete das Radio auf dem Küchenschrank an; es war schön, ihr zuzuschauen, wie sie hin und her ging, während aus dem Radio Musik kam. Wenn man in einem Film das Radio einschaltete, wurde die Sendung sofort unterbrochen, und ein Steckbrief wurde durchgegeben.
    Während sie am Tisch saßen, redeten sie miteinander. Bloch kam es vor, als sei er unfähig, etwas Ernstes zu sagen. Er riß Witze, aber die Pächterin nahm alles, was er sagte, ganz wörtlich. Er sagte, ihre Bluse sei gestreift wie ein Fußballdreß, wollte weiterreden, aber sie fragte ihn schon, ob ihm ihre Bluse denn nicht gefalle, was er daran auszusetzen habe. Es nützte nichts, daß er beteuerte, nur einen Witz gemacht zu haben, die Bluse passe sogar sehr gut zu ihrer blassen Haut; sie fragte weiter, ob ihm denn ihre Haut zu blaß sei. Er sagte im Spaß, die Küche sei ja beinahe eingerichtet wie eine Küche in der Stadt, und sie fragte ihn, warum er ›beinahe‹ sage. Ob denn die Leute dort ihre Sachen sauberer hielten? Sogar als Bloch einen Witz mit dem Sohn des Gutsbesitzers machte (er habe ihr wohl einen Antrag gemacht), nahm sie ihn wörtlich und sagte, der Sohn des Gutsbesitzers sei nicht frei. Er wollte nun mit einem Vergleich erklären, daß er es nicht ernst gemeint hatte, aber auch den Vergleich nahm sie wörtlich. »Ich habe nichts damit sagen wollen«, sagte Bloch. »Du wirst doch einen Grund gehabt

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