Die Angst im Nacken - Spindler, E: Angst im Nacken
Persönlichkeit und Verhalten von Erwachsenen. Ihr Fall hat mich immer interessiert, und als ich erfuhr, dass Harlow Grail und die Autorin Anna North ein und dieselbe Person sind, nahm ich mir die Freiheit, Sie aufzusuchen. Ich hoffe, Sie sind bereit, mit mir zu reden.“
Sie schien darüber nachzudenken, und allmählich kehrte sogar etwas Farbe in ihre Wangen zurück. „Sie haben am Samstag die Sondersendung über ungelöste Rätsel Hollywoods gesehen und haben eins und eins zusammengezählt.“
„Ja. Und ich entdeckte in Ihrem Roman Killing Me Softly Ihre Hingabe an die Organisation B.B.B.S.A. Da fiel mir ein, dass Justine mir bestimmt sagen konnte, wie ich Sie erreiche. Und ich hatte Recht.“
Sie wandte kurz den Blick ab. Er sah jetzt deutlich, wie verärgert sie war. „Mein Fall, wie Sie es nennen, hat viele Leute interessiert. Aber mich nicht. Ich habe im Gegenteil alles getan, ihn zu vergessen. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden, ich habe zu arbeiten.“
„Bitte, Miss North, hören Sie sich an, was ich zu sagen habe.“
„Ich glaube kaum.“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Indem Sie mich aufgespürt haben, wie bei einer kindlichen Schatzsuche, haben Sie meine Privatsphäre verletzt. Das schätze ich nicht.“
„Es macht Ihnen Angst. Das verstehe ich.“
Stirnrunzelnd erwiderte sie: „Ich habe nicht gesagt, dass es mir Angst macht.“
„Das war auch nicht nötig. Es macht Ihnen natürlich Angst. Sie haben etwas Furchtbares erlebt. Sie wurden entführt und gegen Ihren Willen festgehalten. Sie waren wehrlos und ausgeliefert. Sie wurden körperlich misshandelt und mussten hilflos zusehen, wie ihr Freund umgebracht wurde. Diese Tortur machte Ihnen klar, zu welchen krankhaften, bösartigen Taten Menschen fähig sind. Weil Sie das wissen, verstecken Sie sich vor der Öffentlichkeit, um nie wieder in so eine Situation zu geraten. Sie wollen keinem Fremden je wieder Macht über sich geben.“
Nach einer kurzen Pause setzte er seine Analyse fort: „Deshalb änderten Sie Ihren Namen und ließen Ihre Vergangenheit hinter sich. In der Anonymität fühlen Sie sich sicher. Und mein Auftauchen heute nimmt Ihnen diese Sicherheit.“
„Woher wissen Sie all das über mich?“ fragte sie nach einem Moment mit bebender Stimme. „Wir sind uns nie begegnet.“
„Aber ich kenne Ihre Vergangenheit. Und ich habe Ihre Romane gelesen.“ Er legte ihr seine Visitenkarte in die kalte Hand. „Ich schreibe ein Buch über die Auswirkungen von Kindheitstraumata auf die Persönlichkeit. Ich möchte Sie zu diesem Thema befragen und Ihre Geschichte hinzufügen, um aufzuzeigen, wie Ihre Tortur Sie und Ihr späteres Leben geformt hat. Das wäre eine große Bereicherung für das Buch.“
Er sah ihr an, dass sie ablehnen wollte. Der angespannte Gesichtsausdruck sagte alles. „Denken Sie darüber nach. Bitte. Mehr verlange ich nicht.“
Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und verließ den Laden.
13. KAPITEL
Donnerstag, 18. Januar,
8 Uhr 45 morgens.
Die nächsten vierundzwanzig Stunden vergingen für Anna wie im Schneckentempo. Sie war nervös, blickte sich ständig angstvoll über die Schulter und fürchtete, in jeder Menschenmenge lauere Gefahr. Sie achtete auf jedes Quietschen und Knarren ihres alten Hauses und hörte auf jeden Schritt im Flur vor ihrer Tür.
Schlaflos wälzte sie sich im Bett, dachte an ihre Vergangenheit und fürchtete, von ihr eingeholt worden zu sein. Als sie schließlich doch einschlummerte, erwachte sie sofort wieder mit einem entsetzten Schrei und Timmys Namen auf den Lippen. Timmys, nicht Kurts, das war seltsam und beängstigend.
Anna war unschlüssig, wem sie mehr die Schuld an ihrem Zustand gab. Ben Walker, weil er sie aufgestöbert hatte, oder Detective Malone, weil er den Keim des Zweifels an Minnies Briefen in ihr gesät hatte.
Vermutlich war es eine Kombination von beidem. Die größere Schuld gab sie jedoch Detective Malone. Bis zu dem Gespräch mit ihm hatte sie keinen Argwohn gegen den Briefeschreiber gehegt.
Leise schimpfend stieg sie aus der Dusche. Dieser verdammte Malone machte sie schreckhafter, als sie es ohnehin schon war. Erst machte er ihr Angst, und dann rührte er keinen Finger, um ihr zu helfen. Sie schüttelte leicht den Kopf. Nein, Minnie war kein besessener Fan, der irgendein Spiel mit ihr trieb. Sie war ein Kind. Sie schrieb wie ein Kind, und sie dachte wie ein Kind. Und sie brauchte ihre Hilfe.
Und sie würde ihr helfen, ob mit oder
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