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Die Angst im Nacken - Spindler, E: Angst im Nacken

Die Angst im Nacken - Spindler, E: Angst im Nacken

Titel: Die Angst im Nacken - Spindler, E: Angst im Nacken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erica Spindler
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sie einen Anflug von Hoffnungslosigkeit und wehrte sich dagegen. In den letzten Tagen war ihr klar geworden, dass niemand nach ihr suchte. Da sie schon früher weggelaufen war, glaubten wahrscheinlich alle, sie hätte es wieder getan – sogar Anna, wegen ihres Streites.
    Seufzend lehnte sie die Stirn an ihre Gefängnistür und wünschte, die Zeit zurückdrehen und den Streit ungeschehen machen zu können. Wenn noch alles in Ordnung wäre zwischen ihnen, würde Anna sie jetzt suchen und nicht eher Ruhe geben, bis sie sie gefunden hatte. Das war ihr eine Lehre.
    Verzweifelt rief sie noch einmal nach ihrer Freundin. „Minnie, bitte … kannst du mich hören?“
    „Ich bin hier“, flüsterte das Mädchen. „Alles in Ordnung mit dir?“
    „Ich bin okay.“ Sie schluckte weinerlich. „Ich dachte gerade an meine Freundin Anna.“
    „Denk nicht an sie“, riet Minnie, „das macht dich nur traurig.“
    „Aber wie soll ich damit aufhören? Ich mache mir solche Sorgen um sie. Und ich will … ich möchte sie einfach wiedersehen.“
    „Das wirst du vielleicht eines Tages.“
    „Ist das dein Trick?“ fragte Jaye und drängte sich enger an die Tür. Sie hörte Minnie atmen und Tabitha schnurren. „Denkst du einfach nicht an die Menschen, die du liebst?“
    „Es funktioniert. Und nach kurzer Zeit … vergisst du sie.“
    Tränen brannten Jaye in den Augen. „Aber ich will Anna nicht vergessen, Minnie. Ich will nach Hause.“
    „Aber … wenn du gehst, bin ich wieder allein. Außer Tabitha bist du meine einzige Freundin.“
    „Ich gehe nicht ohne dich, Min. Wir gehen zusammen.“
    „Das ist nicht wahr. Du gehst ohne mich. Sie hat das auch gemacht. Sie sagte, sie würde nicht, aber dann ist sie ohne mich gegangen.“
    Jaye merkte auf. „Wer? Wie ist sie entkommen? War sie auch hier, in diesem Haus? Wer war sie?“
    „Sie eben. Ein anderes Mädchen. Ich kann mich nicht an ihren Namen erinnern. Ich kann mich an gar nichts erinnern.“
    „Du musst, Minnie! Du hast einfach nur Angst. Versuch es. Vielleicht … vielleicht hilft es uns.“ Minnie schwieg, und Jaye drängte weiter: „Bitte, Minnie. Wenn du dich erinnern könntest …“
    „Ich sagte schon, ich kann mich nicht erinnern.“ Sie hob die Stimme. „Ich will auch nicht.“
    Besorgt legte Jaye den Kopf an die Tür. Wenn Minnie sich aufregte, lief sie weg. „Tut mir Leid, Minnie. Es ist okay. Du musst dich nicht erinnern, wenn du nicht möchtest. Aber hör mir zu: Ich verspreche, nicht ohne dich zu gehen. Niemals.“
    Minnie seufzte zittrig. „Du lässt mich wirklich nicht zurück?“
    „Wirklich nicht.“
    „Ich möchte dir glauben, aber ich habe Angst.“
    „Ich weiß, Min. Aber du musst mir vertrauen. Wenn ich entkomme, nehme ich dich mit.“
    Minnie beruhigte sich, und sie beredeten noch eine Weile, was sie tun würden, wenn sie frei wären, und wohin sie gehen würden. Jaye versprach Minnie abermals, dass sie zusammenbleiben würden, und schwor sich, dieses Versprechen in jedem Fall zu halten.
    Jedoch brauchte sie Minnies Hilfe.
    „Minnie“, flüsterte sie, „du musst einen Fluchtweg für uns ausfindig machen. Es muss einen geben.“
    „Ich kann nicht. Er wird es merken und böse werden. Ich habe Angst, wenn er böse wird.“
    „Aber er kann doch böse sein, wie er will. Was macht das schon, wenn wir weg sind? Dann kann er uns doch nichts mehr tun. Richtig?“
    „Ich glaube, ja. Er … er versteckt den Schlüssel für deine Tür. Er lässt mich nicht sehen, wo.“
    „Vielleicht gibt es einen anderen Ausweg“, versuchte Jaye sie zu ermutigen. „Du könntest ohne mich gehen und Hilfe holen.“
    „Ich gehe nicht ohne dich, niemals!“
    „Es muss hier irgendwo ein Telefon geben. Ich habe es klingeln hören. Ruf den Notruf an, wenn er schläft oder ausgegangen ist. Erzähl ihnen von uns, dann kommen sie und holen uns. Das müssen sie, das ist Gesetz. Du musst das machen, Minnie. Unbedingt.“
    „Oh nein! Er kommt!“
    Jaye erschrak. „Bist du sicher? Vielleicht ist es nur …“
    „Ja, er ist es!“ stöhnte Minnie auf. „Oh Gott, er weiß, dass ich hier bin. Was macht er mit mir? Ich kann ihn nicht aufhalten … ich …“
    „Weg von der Tür!“ donnerte die Stimme eines Mannes durch die Dunkelheit. Erschrocken krabbelte Jaye zurück.
    Er lachte wie das personifizierte Böse. „Jetzt bist du nicht mehr so mutig, was? ,Minnie, du musst uns einen Fluchtweg suchen. Ich nehme dich mit, ich verspreche es‘“, äffte er ihre Stimme nach.

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