Die Angstmacher
Der virtuelle Vermittler im Netz arbeitet genauso wenig für nichts wie der aus Fleisch und Blut – auch wenn der Verbraucher bei beiden mitunter das Gegenteil glaubt.
Virtuelle Vermittler
Zu Beginn des Internet-Zeitalters dachten die Versicherer, das Netz wäre für sie eine Goldgrube. Sie haben viel Geld mit verschiedenen Projekten versenkt. So hat ERGO den Internetversicherer Intodo auf- und wieder abgestellt. Die Versicherer probierten dies und jenes aus, aber von wenigen Ausnahmen abgesehen waren sie nicht sehr erfolgreich. Zu den Ausnahmen gehörte die HUK-Coburg, die mit ihrem Internet-Versicherer HUK24 früh hohe Verkaufszahlen erreichen konnte. Das Unternehmen lockte Kunden mit niedrigeren Preisen. Die Prämien lagen bis zu 20 Prozent unter denen, die Verbraucher für Policen zahlen müssen, die auf konventionellem Weg verkauft werden. Das hat funktioniert, auch wenn der Service lausig war und ist. Der Internet-Versicherer hat keine telefonische Kontaktstelle für Nachfragen. Im Schadensfall kann der Kunde zwar die ganz normale, auch für die Offline-Kunden zuständige Hotline nutzen. Bei einfachen Fragen zum Vertrag aber hat er keinen Ansprechpartner. Kontakt zum Internet-Versicherer kann er nur per E-Mail aufnehmen. Was andererseits den Vorteil hat, dass ihm niemand am Telefon ein Angebot aufschwatzen kann.
Erst als Portale wie Check24, Aspect-online oder Geld.de den Vergleich von Versicherungsangeboten als Geschäftsidee entdeckten, kam der Durchbruch im Internet. Das Konzept: Interessierte können auf den Internetseiten der Portale die Preise und Konditionen verschiedener Anbieter vergleichen. Schließen sie bei einem dort gelisteten Versicherer einen Vertrag ab, bekommen die Betreiber dafür eine Provision. Experten gehen davon aus, dass sie in der Kfz-Versicherung zwischen 60 und 100 Euro liegt. Das ist den Kunden aber nicht klar. Viele glauben, die Portale wären unabhängig, und der Abschluss sei kostenlos.
Und das ist nicht das einzige Problem: Nicht jeder Versicherer will Provisionen an den Online-Vermittler zahlen. Deshalb sind nicht alle Anbieter hier vertreten. Kritiker werfen den Portalen vor, nicht den gesamten Markt abzubilden. MarktführerCheck24 hat in der Kfz-Versicherung fast siebzig von rund einhundert Anbietern im Programm. Gegenüber früheren Verhältnissen, als Verbraucher mühsam von Website zu Website ziehen mussten, um Preise zu vergleichen, sei das ein großer Fortschritt, sagt das Unternehmen. Es gibt allerdings noch ein weiteres Problem: Auch wenn ein Versicherer bei einem Portal vertreten ist, heißt das noch nicht, dass dort seine ganze Angebotspalette zu finden ist. CosmosDirekt zum Beispiel ist mit nur einem einzigen Tarif in Internetportalen vertreten. Versuchsweise.
Die Manager in Saarbrücken und auch die von anderen Versicherern sind von den Portalen nicht begeistert, und das nicht nur wegen der Provision. Die Unternehmen wollen den direkten Kontakt zum Kunden und haben kein Interesse daran, mit dem Netzvermittler eine Instanz zwischen sich und dem Verbraucher zu schaffen. Kunden, die über ein Portal kommen, gehen darüber möglicherweise schnell wieder. Die Autosparte ist die wichtigste und bislang einzige, bei der der Verkauf im Internet wirklich gut funktioniert. Dabei spielen die Vergleiche im Netz eine große Rolle. Ein Viertel aller neuen Kfz-Versicherungen haben Kunden in der Wechselsaison im Herbst 2010 über ein Onlineportal abgeschlossen. Mit 400 000 vermittelten Verträgen ist Check24 führend, das Unternehmen hat einen Marktanteil von 50 bis 60 Prozent. Großen Autoversicherern gefällt das gar nicht, denn mit diesen Zahlen hat das Portal eine große Macht. Die HUK-Coburg, Marktführer in der Autoversicherung, ist deshalb bei Check24 ausgestiegen. Gemeinsam mit der Talanx-Tochter HDI Direkt und dem Autoversicherer WGV hat sie das Vergleichsportal Aspect online übernommen. Die Gesellschaften wollen unter transparo.de den Onlinemarkt aufmischen. Transparo.de ist im Herbst 2011 mit einem gewaltigen Werbefeldzug in die Wechselschlacht um Kfz-Policen gezogen. Auch andere Versicherer stehen in den Startlöchern, um die Marktmacht von Check24 zu brechen. Auf den ersten Blick wirkt das, als würde für den Verbraucher die Angebotspalette und die Markttransparenz größer. Aber das Gegenteil ist der Fall. Angebote füreine Kfz-Versicherung einzuholen ist aufwendig. Verbraucher klappern nicht drei oder vier Portale ab. Sie nutzen das, was sie für den
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