Die Angstmacher
Schäden zu regulieren sind, versichern sie sich ihrerseits. Aus diesem Grund sammeln sich Schäden bei den Rückversicherern nach natürlichen oder menschengemachten Katastrophen. Nach dem 11. September herrschte bei Erst- und Rückversicherern große Unruhe. Sie schlossen von heute auf morgen das Terrorrisiko aus ihren Verträgen aus. Die Versicherungseinkäufer der Industrie waren sehr verärgert. »Extremus entstand als Notlösung, weil auf dem konventionellen Markt keine Deckung mehr vorhanden war«, sagt Dirk Harbrücker. Andere Länder hatten mit speziellen Versicherern für Terrorgefahren bereits Erfahrungen, zum Beispiel Israel oder Großbritannien, das in den Neunzigerjahren von einer IRA-Anschlagsserie heimgesucht wurde. Wie bei dem deutschen Modell ist hier bei der Haftung der Staat mit im Boot.
Terrorversicherer als Standortfaktor
Können Privatleute dringend erforderlichen Versicherungsschutz nicht bekommen – etwa eine Berufsunfähigkeitsversicherung –, haben sie eben Pech gehabt. Hat die Wirtschaft ein solches Problem, nimmt sich der Staat der Sache an. Im Falle des Terrorrisikos ist das aus Sicht von Dirk Harbrücker völliggerechtfertigt. »Wenn ein Unternehmen Ziel eines Terroranschlags wird, dann, weil es sich in Deutschland befindet und die Attentäter die deutsche Politik beeinflussen wollen«, sagt er. Ziel des Anschlags sei nicht das Unternehmen, der Flughafen, Bahnhof oder das Hochhaus an sich, sondern der Staat. Das gilt aber auch für die Personen, die bei einem Anschlag verletzt oder getötet werden. Die sind nicht über Extremus versichert. Die Gesellschaft ist nur zuständig für direkt entstandene Sachschäden und direkte Verluste, die aus einem Produktionsausfall resultieren. Die rot-grüne Regierung unter Gerhard Schröder hat die Gründung von Extremus forciert. Die mögliche Versicherung gegen Terror wurde und wird als Standortfaktor angesehen.
Extremus kommt pro Kunde und Jahr für Schäden durch Terror bis zu einer Größenordnung von 1,5 Milliarden Euro auf, maximal trägt der Versicherer im Jahr insgesamt 2 Milliarden Euro. Gehen die Kosten für durch Anschläge zerstörte Anlagen darüber hinaus, springt der Staat ein mit weiteren bis zu 8 Milliarden Euro. Dafür zahlt Extremus eine Prämie an den Staat. Sonst würde die Europäische Union diese Bereitschaft als Subvention werten. Die Staatshaftung wird immer nur für einen bestimmten Zeitraum gewährt. Die aktuelle Regelung läuft bis 2013. Aber es gibt keine Anzeichen dafür, dass sie nicht verlängert wird. Die Verhandlungen darüber übernimmt nicht Extremus selbst, sondern ein Funktionär des Branchenverbandes Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Dieser braucht in Berlin nur quer über die Straße zu gehen, um mit den Verantwortlichen im Bundesfinanzministerium zu reden.
Zwar können sich Unternehmen auch im Ausland mit Versicherungsschutz gegen Terrorgefahren eindecken. Aber in Deutschland hat Extremus – abgsehen von einigen US-amerikanischen Anbietern – fast ein Monopol. Trotzdem ist der Versicherungsschutz für die Unternehmen im Laufe der Jahre nicht teurer, sondern billiger geworden. Wie hoch die Prämie ist, hängt vom jeweiligen Objekt ab, zum Beispiel, ob es in einem Ballungsraum liegt oder ob es ein Verkehrsknotenpunkt ist. DieVerträge werden in Kombination mit der konventionellen Sachversicherung abgeschlossen, oft unter Vermittlung eines Versicherungsmaklers – der dafür 5 bis 10 Prozent der Prämie bekommt. Die Prämie für die Terrorschadenpolice kostet erfahrungsgemäß zwischen 10 und 20 Prozent der konventionellen Sachversicherung, mit denen sich Unternehmen gegen Feuer und andere Gefahren versichern. Der Beitrag ist aber nicht an den Preis für den konventionellen Schutz gebunden. »Unsere Aktionäre haben keine Gewinnmaximierungsabsicht«, sagt Dirk Harbrücker. So etwas hören Kunden gerne.
Unter den Aktionären sind die großen Industrie- und Rückversicherer, von der Allianz über HDI-Gerling, Munich Re und VHV bis zur Zurich. Sie bekommen eine Dividende von 3 Prozent der Kapitalerträge, die Extremus erwirtschaftet und Prämien für die zur Verfügung gestellten Versicherungskapazitäten. 2010 hatte Extremus Prämieneinnahmen von 54,3 Millionen Euro. Die Kunden müssen im Schadensfall eine Eigenbeteiligung von mindestens 50 000 Euro tragen, nur bei großen Ereignissen springt der Versicherer ein. Die Verträge laufen ein Jahr. Sollte es einmal zu einem Terroranschlag
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