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Die Angstmacher

Die Angstmacher

Titel: Die Angstmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Krueger
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Verschlimmbesserung. Das Analysehaus Franke und Bornberg drückt das mit vornehmer Zurückhaltung aus. »Das Konzept der einfachen Verständlichkeit kann noch konsequenter umgesetzt werden. So umfasst das Vertragswerk jetzt mehr Seiten. Das kann auf den Leser auch abschreckend wirken und dazu führen, dass die Unterlagen trotz der moderneren Sprache nicht aufmerksam genug gelesen werden. Hilfreich wäre es, eine kurze und prägnante Zusammenfassung mit den wichtigsten Hinweisen beispielsweise zu den Unterschieden in beiden Produktlinien oder zu Ausschlüssen voranzustellen«, kritisiert Michael Franke vom Versicherungsanalysehaus Franke und Bornberg. Noch gravierender: Nach Auffassung des Analysehauses wird die Unterscheidung zwischen den beiden Produktlinien Basisschutz und Classic nicht deutlich genug hervorgehoben. »Hinweise darauf, dass einige Punkte der Vertragsbedingungen für das Produkt Basis nicht gelten, können leicht überlesen werden. Gerade die modernere Sprache hat sogar dazu geführt, dass die Testleser manche Aussagen in ihrer Bedeutung und Auswirkung unterschätzt haben«, lautet die vernichtende Kritik. Denn die Projektpartner wollten ja genau das Gegenteil erreichen. »Einige Zusatzoptionen der Hausratversicherung (zum Beispiel Fahrraddiebstahl, Elementarschäden) können im Basis-Produkt der HUK Coburg nicht versichert werden, dies geht aber aus den Versicherungsbedingungen nicht deutlich genug hervor«, urteilt das Analysehaus.
    Selbst bei bestem Willen und guten Beratern scheint es nicht möglich zu sein, das Klauselkauderwelsch in eine für Verbraucher verstehbare und leicht zu durchschauende Form zu bringen. Innerhalb des Systems der benannten Gefahren ist das wohl auch gar nicht anders zu machen. Mit der Allgefahrendeckung dagegen wäre es sehr wohl möglich, dem Kunden klarzumachen, was er kauft. Aber die Branche kann sich für Allgefahrendeckungen nicht erwärmen. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft wäre die richtige Adresse für eine Änderung in diese Richtung. Der Verband erstellt Musterbedingungen fürdie Mitgliedsunternehmen. Die Gesellschaften können, aber müssen sich nicht daran orientieren. Aus dem Verband werden wohl in absehbarer Zeit keine Vorschläge für die Umstellung vom Prinzip der benannten Gefahren auf Allgefahrendeckungen kommen. »Allgefahrendeckungen wären teurer als die heutigen Verträge«, sagt der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft Jörg von Fürstenwerth. »Die Kunden müssten auch für das bezahlen, was sie gar nicht versichern wollen.« Auch der Versicherungswirtschaft ist klar, dass es angesichts der unverständlichen Bedingungswerke Handlungsbedarf gibt. Der Branchenverband hat dazu eine Initiative ergriffen. »Ein Sprachwissenschaftler überarbeitet derzeit im Pilotprojekt die Bedingungen für mehrere Sparten«, sagt von Fürstenwerth. Mit etwas mehr Fantasie könnten die Versicherer das Kostenproblem bei Allgefahrendeckungen lösen. »Sinnvoll wären Verträge nach dem Baukastenprinzip«, sagt Verbraucherschützer Gatschke. Kunden könnten je nach Bedarf Leistungen abwählen. Dann müssten sie nicht für das zahlen, was sie nicht haben wollen.
    Ein gefühlte kleine Ewigkeit hatte Georg T. die Prämien für seine Gebäudeversicherung gezahlt. Nie hatte er sie in Anspruch genommen. Dann hatte er gleich zwei Wasserschäden im Badezimmer innerhalb weniger Wochen. Der Versicherer drohte mit Kündigung – es sei denn, Georg T. sei bereit, beim nächsten Schaden eine hohe Eigenbeteiligung zu tragen. »Letztendlich bleibt einem nichts anderes übrig, als so etwas zu akzeptieren«, sagt der Mitfünfziger. »Sonst kommt man noch auf die schwarze Liste.« Wie viele Kunden in dieser Lage fürchtete Georg T., dass er nach einer Kündigung seines Versicherers keinen neuen finden würde. Denn die Gebäudeversicherer sind wählerisch geworden.
    In Zeiten, in denen die Versicherer Marktanteile gewinnen wollen, verbessern sie die Bedingungen gerne. Und sie senken die Preise. In der Gebäudeversicherung hat lange ein heftiger Wettbewerb unter den Anbietern geherrscht. Diese Policen gelten als »Türöffner« zum Kunden. Hat der Vertreter dem Hausbesitzer eine Police für dessen Immobilie verkauft, ist der Eigentümer erfahrungsgemäß oft bereit, andere Verträge bei dem Vermittler abzuschließen, etwa eine Lebensversicherung. Wegen dieser wichtigen Schlüsselfunktion gingen in der Gebäudeversicherung

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