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Die Angstmacher

Die Angstmacher

Titel: Die Angstmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anja Krueger
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Manchehaben reihenweise Ausschlüsse, andere verhältnismäßig wenige. Bei Schäden durch Vergiftungen und Infektionen zahlt der Versicherer meistens nicht. Manche Anbieter leisten aber, wenn der Kunde durch einen Zeckenbiss eine Hirnhautentzündung oder Borreliose bekommt. Geld gibt es in der Regel nur, wenn der Verunglückte einen dauerhaften Gesundheitsschaden davonträgt. Und selbst wenn das der Fall ist, müssen noch andere Voraussetzungen erfüllt sein. Der Unfall muss plötzlich geschehen sein, die Ursache von außen kommen. Wer bei einer Hochgebirgstour Erfrierungen erleidet und deshalb Gliedmaßen verliert, geht genauso leer aus wie jemand, der beim Laufen mit dem Fuss umknickt oder wegen einer falschen Bewegung einen bleibenden Schaden hat. Die Unfallursache muss von außen auf den Körper einwirken. Wer ohnmächtig wird und daraufhin verunglückt, bekommt in der Regel keine Entschädigung.
    Kommt es zu einem Unfall, ist es für das Opfer oft schwer, an Geld zu kommen. Dann prüfen die Versicherer, ob eines der vielen Ausschlusskriterien greift. Das musste Dennis M. erleben. Der Maler- und Lackierergeselle ist 25 Jahre alt und will in seine erste eigene Wohnung ziehen. Beim Einzug hat er einen schlimmen Unfall im Badezimmer. Er stürzt mit dem Auge in die Badezimmerarmatur und verliert das Bewusstsein. Die Ärzte können sein linkes Auge nicht retten. Dennis M. hat bei der VGH Versicherungsgruppe eine Unfallversicherung abgeschlossen. Doch die Gesellschaft will nicht zahlen. Begründung: Der junge Mann sei ohnmächtig geworden, bevor er gestürzt sei. Unfallversicherer zahlen ja nicht, wenn der Kunde das Bewusstsein verliert und sich dann verletzt. Das ist nach Auffassung der Assekuranz kein Unfall. Doch Dennis M. war infolge des Unfalls bewusstlos geworden. Er besorgte sich einen guten Anwalt und zog vor Gericht. Mit Erfolg. Die Richter sprachen ihm 50 000 Euro und eine Rente zu.
    Hat ein Kunde eine Unfallversicherung über 100 000 Euro abgeschlossen, heißt das nicht, dass er bei einer bleibenden gesundheitlichen Beeinträchtigung diese Summe bekommt. Diegibt es sozusagen nur für den Totalschaden. An den einzelnen Körperteilen des Menschen hängen imaginäre Preisschilder. Die Versicherer arbeiten mit einer Tabelle, der sogenannten Gliedertaxe, mit deren Hilfe sie den Invaliditätsgrad und die Entschädigung berechnen. Für einen dauerhaft beschädigten Zeigefinger zum Beispiel gibt es 10 Prozent der Versicherungssumme. Für ein Auge ist ein Invaliditätsgrad von 50 Prozent vorgesehen, für beide Augen 100 Prozent. Bei Verlust der großen Zehe ist das Opfer nach Auffassung der Unfallversicherer zu 5 Prozent Invalide, jeder andere Zeh macht den Menschen zu einem 2-prozentigen Invaliden. Arm ab oder Bein ab über der Mitte des Oberschenkels wird als 70-prozentige Invalidität angesehen. Je nach Anbieter kann das Preisschild an Arm, Auge oder Bein auch einen anderen Wert ausweisen. Die Unfallversicherung ist für die Anbieter lukrativ. Viele leisten es sich deshalb, Kunden mit besonderen Konditionen zu ködern und bieten höhere Entschädigungsleistungen, als in der Gliedertaxe vorgesehen. Mit diversen »Alleinstellungsmerkmalen« verhindern sie, dass Kunden Angebote vernünftig vergleichen können.
    Wie bei allen Verträgen gibt es nicht eine einzige Unfallversicherung, sondern eine ganze Palette: die Kinderunfallversicherung, die Unfallversicherung mit Beitragsrückzahlung – besonders teuer und von Verbraucherschützern heftig abgelehnt, weil die Kombination mit einer Kapitallebensversicherung viel Geld kostet –, die betriebliche Unfallversicherung und die Luftunfallversicherung. Die gesetzliche ist kein Teil der privaten Unfallversicherung. Sie zahlt bei bleibenden Schäden zum Beispiel auf dem Weg zur Schule oder Universität, zum Arbeitsplatz oder im Ehrenamt. In der gesetzlichen Unfallversicherung sind Schüler, Studenten und Arbeitnehmer automatisch versichert.
    Verunglücken ältere Leute, ist nicht selten eine plötzliche Ohnmacht der Grund. Wie immer in solchen Fällen trägt die Branche diesem Umstand nicht dadurch Rechnung, dass sie die Bedingungen zugunsten der Verbraucher ändert. Stattdessen erfindet sie ein neues Geschäftsmodell. In der Unfallversicherung heißt es »Seniorenpolicen«. Bei diesen Verträgen verspricht der Versicherer auch Zahlungen bei Vorfällen wie Bewusstlosigkeit, die ansonsten ausgeschlossen sind. Dabei zeigt das geringe Schadenaufkommen in der

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