Die Angstmacher
beachtliche Vermögen, weil sie Rücklagen für Schäden bilden müssen. Bei manchen Gesellschaften reichen die Erträge daraus, um doch noch ins Plus zu kommen und den Wettbewerbern mit günstigen Prämien eine lange Nase zu zeigen. Für 2011 rechnet die Branche mit einem versicherungstechnischen Verlust für die Sparte von 1,1 Milliarden Euro. Das ist zwar weniger als die 1,5 Milliarden im Vorjahr, aber es ist noch immer eine stolze Summe. Teuer kommen die Versicherer vor allem Glasschäden, dafür zahlen sie regelmäßig mehr als eine Milliarde Euro im Jahr. Diese Schäden gehören in den Bereich der Kaskoversicherung, hier machen die Versicherer die größten Verluste. Bei der Vollkaskoversicherung zahlt das Unternehmen für selbst verschuldete Schäden, etwa nach einem Unfall, sowie für Vandalismus. Die Teilkaskoversicherung kommt zum Beispiel auf bei Diebstahl und für Schäden, die durch Sturm, Hagel oder Blitzeinschlag verursacht werden. Hier machen die Gesellschaften keine versicherungstechnischen Verluste, sondern Gewinne. Bei Hagelschäden gelingt es den Versicherern immer wieder, Kunden mit geringeren Summen zu entschädigen, als ihnen zustehen. Kommt der Vertreter, um den Schaden zu besichtigen, und zückt dann schnell das Scheckbuch, sollten Geschädigte skeptisch sein. Oft liegt die angebotene Summe weit unter dem, was dem Autobesitzer zusteht, sagen Sachverständige. Die Kunden lassen sich darauf ein, weil sie häufig das verbeulte Dach nicht reparieren lassen und froh sind, überhaupt Geld zu bekommen. In der Haftpflicht, also wenn der Kunde einem anderen einen Schaden zugefügt hat, machen die Versicherer weiter Verluste, 2011 sind es 6 Cent pro Beitragseuro. Deshalb knausern sie hier. Eine häufige Masche: Der Versicherer behauptet, die Verletzung eines Opfers gehe gar nicht auf den Unfall zurück, sondern habe schon vorher bestanden. Oder dem Unfallopfer wird eine Mitschuld angehängt. Dann muss er – oder sein Versicherer – einen Teil des Schadens tragen.
Im Preiskrieg der Versicherer sind die Unfallopfer die Kollateralschäden. »Was die Versicherer an Prämien senken, holen sie sich bei den Geschädigten zurück«, sagt eine Kfz-Sachverständige aus Sachsen-Anhalt. Die Versicherer sparen an der Schadenregulierung. Das kann jeden treffen: den Kunden, der einePolice abgeschlossen und den Anbieter selbst ausgewählt hat, und denjenigen, der keine Schuld an dem Unfall hat und das Opfer ist. »Schadensteuerung« heißt die Strategie der Versicherer. Die Idee: Schaffen die Unternehmen es, nach einem Unfall Fahrzeuge gezielt in preiswerte Werkstätten zu steuern, sparen sie viel Geld. Trendsetter bei dieser Entwicklung ist die HUK-Coburg, aber auch die anderen Versicherer setzen auf Schadensteuerung. Die HUK hat ein Netz mit 1200 Partnerwerkstätten aufgebaut. Das Netz nutzen auch andere wie die VHV, die Gothaer und die Debeka. Zusammen haben die Versicherer einen Marktanteil von 25 Prozent bei der Werkstattbindung. Die Gesellschaften können durch ihre Marktmacht die Preise drücken, die Stundensätze sind erheblich niedriger als die regulären. Verbraucherschützer sind der Auffassung, dass es sich die Versicherer aufgrund des harten Wettbewerbs in der Sparte nicht leisten können, ein Qualitätsdumping zu tolerieren. Aber das kann sich ändern. Einen gravierenden Nachteil hat die Werkstattbindung für Kunden auf jeden Fall: Sie können nicht entscheiden, wo ihr Fahrzeug repariert wird. Selbst wenn die Werkstatt ihres Vertrauens auf der Liste des Versicherers steht, heißt das nicht, dass ihr Auto bei einem Schaden auch dort landet.
Die angeschlossenen Werkstätten lassen sich auf Verträge mit den Versicherern ein, weil sie sich von der Kooperation eine höhere Auslastung versprechen. Auch andere Versicherer unterhalten solche Netze. Bei Kaskoschäden können die Anbieter über spezielle Tarife dafür sorgen, dass die Fahrzeuge dort instand gesetzt werden. Der Kunde bekommt einen Preisnachlass bei der HUK-Coburg zum Beispiel von 20 Prozent und verpflichtet sich, bei einem Schaden das Netz zu nutzen. In den Werkstätten erhalten die Versicherer größere Großkundenrabatte als 20 Prozent, sagt HUK-Sprecher Schnitzer. »Sonst würde sich das nicht lohnen. Den Rabatt bekommen ja auch Kunden, deren Auto gestohlen und nicht repariert wird.«
Die Gesellschaften wollen, dass auch Autos in ihre Partnerwerkstätten kommen, die nicht bei ihnen versichert sind. Das sind Haftpflichtfälle. Wer
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