Die Angune (German Edition)
Getreidekrämer. »Und nehmt Euch vor diesen Aasgeier in Acht, sonst bringt Ihr Eure Bauerngemeinschaft schnell um ihren Lohn.«
Cornelia lächelte verlegen und schaute der Frau hinterher, die sich mit einem kleinen, Mut machenden Kopfnicken ve rabschiedete und weiterging.
Seidenstoff bei den Verleger im Verlagshaus, Getreide bei den Händler am Kornmarkt, Jutefasergarn bei den Tagelöhner im Holzhausviertel. Entmutigt fasste Cornelia die Informati onen der letzten halben Stunde zusammen ... und rannte der fremden Frau hinterher.
»Entschuldigung Sie, gnädige Frau! Könnten Sie mir sagen wo ich all diese Waren finde?«
Cornelia hielt der Frau ihren Einkaufszettel hin. Diese überflog die Liste kurz und begann:
»Das Getreide und den Hopfen bekommen Sie am Kor nmarkt. Und für das Salz müssen sie sich an den Salzstadel am Ratshausplatz wenden. Dort sitzen die Salzfertiger. Kornmarkt und Ratshausplatz liegen in der Stadt. Knoblauch, Zwiebeln und die Bohnen gibt es im ...«
Die Frau schaute auf und zeigte mit dem Finger in eine b estimmte Richtung.
»... Holzhausviertel bei den Gildenlosen. Die gut sortierten Gemüsehändler haben ihre Auslagen alle in der Markthalle. Das Schweinefleisch und den Kochspeck bekommen sie bei den Knochenhauern. Die geräucherten Gänse auch. Nicht in den Fleischer-Hof gehen. Dort wird nur geschlachtet. Die Knochenhauer in ...«
Wieder zeigte die Frau in eine bestimmte Richtung.
»...der Fleischergasse verkaufen die Waren der Fleischer und Räucherer. Die Unschlittkocher haben sich ...«
Die Frau machte eine wegwerfende Handbewegung.
»...weiter draußen am Fluss an der dritten Einfallstraße ni edergelassen. Dort bekommt Ihr den Talg.«
Die Frau rümpfte die Nase.
»Übrigens, es stinkt entsetzlich dort. Die Kräuter- und Wurzelhändler finden Sie bei den Wanderarbeitern in der Zeltstadt. Jutefasergarn wird von den Spinnern drüben im Holzhausviertel ...«
Diesmal genügte eine kurze Geste mit dem Kopf.
»...gezwirnt und verkauft. Und Leinenstoff und Leder, schlussendlich, bekommen Sie hier im Händlerviertel.«
Und damit reichte die Frau Cornelia die Einkaufsliste z urück.
»Ich hoffe, ich konnte ihnen helfen. Glauben Sie mir, Sie haben eine Menge Arbeit vor sich.«, sagte sie zu Cornelia. »Vergessen sie nicht, um den Preis zu feilschen. Bieten Sie die Hälfte vom geforderten Preis, und schlagen sie bei 3/4 ein. Das ist der Brauch. Allerdings nur hier draußen in der Vo rstadt. Getreide- und Salzpreise in der Stadt sind Festpreise. Viel Glück.«
Dann ging die Frau wieder mit einem aufmunternden Kopfnicken, so als möchte sie sagen: das schaffst du schon!
Für diesen ersten Tag hatte Cornelia genug. Sie ging zurück zur Herberge am Goldbrunnen.
Die nächsten Tage verbrachte Cornelia von morgens bis abends in den einzelnen Vierteln der Vorstadt. Sie studierte die Ware, informierte sich unverbindlich über die geforderten Preise und machte sich heimlich Notizen.
Sie fühlte sich ganz in ihrem Element. Sie war auf der Suche nach guten Geschäften, und wollte für die Zwergengemeinschaft die besten Preise für ihre Einkäufe herauszuholen. Diese Tage, die sie hier in den verschiedensten Händlervierteln verbrachte, betrachtete sie als eine Art Lernprozess.
Ihr erster Besuch bei den Händlern war eine Katastrophe gewesen und sie schalt sich noch immer wegen der Blauäugi gkeit, mit der sie hier herein gestolpert war. In der Zwischenzeit kannte sie die Regeln - sowohl des regulären Marktes, als auch des Schwarzmarktes - so gut, dass niemand mehr auf den Gedanken kam, sie zu fragen ob sie fremd war.
Nur der Schmutz und der Gestank in der Zeltstadt machte ihr noch immer etwas zu schaffen. Leider musste sie wegen der Kräuter und Gewürze hierher kommen, denn den fliege nden Kräuterfrauen - wie Cornelia die wandernden Kräutersammlerinnen nannte - war der Zugang zu anderen Bereichen der Vorstadt verboten.
Kapitel 2 1
Der Arkan des Krieges
20. Tag im 3. Sternenhaus des 5289. Sonnenumlaufs
Der Menelide stand am Rand der Schlucht, hoch über dem Abgrund und starrte in die Ferne. Es war unvorsichtig von ihm, sich hierhin zu stellen, denn eine Windbö konnte ihn zu jeder Zeit aus dem Gleichgewicht bringen. Aber der Menelide liebte die Gefahr. Er war ein Draufgänger. Er war ein Krieger!
Er war der Arkan des Krieges!
Er hatte ein hageres Gesicht mit breiten, ausgeprägten Wangenknochen und einem spitz zulaufendem Kinn. Der Mund mit den schmalen Lippen und den
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