Die Angune (German Edition)
aber noch immer kreisten fünf Kampfdrachen und der Drache ihres Anführers am Himmel. Und sechs Drachen waren noch immer in der Lage, Zehnenders Söldnerheer vollständig zu vernichten.
Sechs Drachen am Himmel! Ganbold Gan'ka Zehnender zählte fünf tote Drachen auf seiner Seite des Lagers - waren elf - fünfzehn Drachen waren gekommen - dann hatte der Dunkelalb Wilor Alsharku als befehlshabender Krieger vier Drachen am Südeingang erwischt!
Zum ersten Mal dachte der Menelide wieder an den Dunkelalb und nickte anerkennend mit dem Kopf. Aber noch war die Sache nicht gelaufen.
Was mochten die sechs Drachenreiter dort oben bereden. Würden sie sich für ihren dritten Angriff wieder aufteilen, oder schlossen sie sich zusammen und griffen eine einzige Stellung an? Griffen sie die Stellung des Dunkelalbs an, oder griffen sie Zehnenders Stellung an?
Kamen sie erneut mitten durch das Tal, oder versuchten sie es an den Seiten entlang, um die Flanken des Söldnerheeres anzugreifen?
Unten im Tal gingen die Vorbereitungen an den Wurfm aschinen weiter.
Ganbold Gan'ka Zehnender war sich sicher, dass dieser dritte Angriff der entscheidende Angriff werden würde. Wenn er noch einen oder zwei Drachen vom Himmel holen k onnte, dann wurde es kritisch für die Drachenreiter. Konnten die Drachenreiter aber die Fallen umgehen, dann würde es knapp werden für seine Söldner.
Zehnender bemerkte, dass die Drachenreiter sich wieder neu formierten.
»Nun gut! Auf zur Vorentscheidung!«, knurrte er.
Aber es gab keinen dritten Angriff. Die Drachenreiter dre hten ab und flogen davon.
Im Tal erklang ein einzelner Jubelschrei!
Und dann wurden es Hunderte!
Und dann Tausend!
Es war ein ohrenbetäubender Lärm der durch das Tal schallte, und der Menelide fragte sich, ob die abziehenden Drachenreiter das Geschrei aus der Distanz noch hören konnten.
Als erstes rief er die Führer der Hundertschaften zusa mmen. Alle Krieger mussten heute Nacht in voller Rüstung in ihren Stellungen übernachten. Die Grauelben hatten zweidrittel ihrer Reiter verloren und waren wie ein verwundetes Tier, das unberechenbar werden konnte. Es gab zwar keine Berichte, nach denen Drachenreiter jemals in der Nacht angegriffen hätten, aber ein außergewöhnlicher Angriff der Drachenreiter, der die Lage wieder herumreißen sollte, war nicht auszuschließen.
Dann befahl er alle Leichen zu entsorgen. Die toten Kri eger sollten möglichst schnell begraben werden. Und die Tierkörper mussten verschwinden. Er wollte kein Risiko eingehen, dass seine Krieger von einer Seuche dahingerafft wurden, nachdem sie sich so tapfer und ehrenvoll geschlagen hatten. Und so schleiften noch in der Nacht viele Ochsengespanne die toten Drachenkörper auf dem Lager hinaus.
Ein paar Minuten blieb der Menelide noch allein , dann kehrte er zu seinem Zelt zurück. Die Müdigkeit kroch in ihn hinein. Die Anspannung ließ nach, und die Anstrengungen der letzten Tage machten sich breit. Gerne hätte er sich ein paar Stunden hingelegt, um gut und tief zu schlafen.
»Herr, wir haben einen Gefangenen!«
Ein Krieger kam in sein Zelt.
»Was?«, fragte Zehnender überrascht. Er war wieder hel lwach.
»Herr, einer der Drachenreiter hat überlebt!«
»Ist er vernehmungsfähig?«, fragte der Menelide.
»Er ist eben wieder zu sich gekommen!«, antwortete der Krieger ausweichend.
»Führ mich zu ihm!«.
Zehnender folgte dem Krieger durch das Lager zu einem großen Zelt. Als er eintrat, sah er zuerst zwei Krieger im Zelt stehen, und dann erst den Drachenreiter, der - halb an die Zeltwand gelehnt - auf dem Boden lag. Er war über und über mit Schlamm bedeckt und hielt beide Hände auf den linken Oberschenkel gepresst.
Der Menelide verschränkte die Arme vor der Brust und schaute sich den Gefangenen an. Der Drachenreiter trug eine aus Leder hergestellte Rüstung, und auch noch einen Lede rhelm. Aber unter dem Schlamm konnte Zehnender nichts erkennen.
»Nehmt dem Gefangenen den Helm ab!«
Der Drachenreiter wehrte sich nicht, als die beiden Krieger ihm den Helm abnahmen. Nur einmal stöhnte er, als einer der Krieger mit der Stiefelspitze gegen sein Bein stieß. Offensichtlich war er verletzt.
Als die Krieger dem Drachenreiter den Helm abnahmen, fiel langes braungraues Haar herab.
Ganbold Gan'ka Zehnender stutzte einen Moment.
›Der sieht aus wie eine Frau!‹, schoss ihm ein erster Gedanke durch den Kopf.
Als er seine Überraschung überwunden hatte, ergriff er das Gesicht des Gefangenen,
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