Die Anklage - Ellis, D: Anklage - Breach of Trust
ermöglicht worden war, uns beide entlastet hatte.
Ich wusste nicht mehr, wem ich vertrauen konnte. Ich musste zumindest gewährleisten, dass ich mir selbst noch vertrauen konnte.
»Sie sind ein Goldjunge«, sagte er mit schwerer Zunge. »Norm meinte, als der Kerl Ihren Namen auf dem Memo gesehen hat, hatte für ihn alles seine Richtigkeit. Sie haben sich’ne Menge Glaubwürdigkeit erworben mit Hectors Fall.«
Ganz offensichtlich war unser kleines Täuschungsmanöver im Büro der US-Staatsanwaltschaft voll aufgegangen.
»Aber diese eine Sache, die wir am Laufen haben«, fuhr Charlie fort, »die lassen wir trotzdem sein. Wir sollten unser Glück nicht überstrapazieren.«
Ich hatte damit gerechnet, dass Charlie das sagen würde. In seinen Augen war die unmittelbare Gefahr vorüber, aber er war dem Feuer verdammt nahe gekommen, und das hatte ihm nicht behagt. Sicher würde er diese Aktivitäten eines Tages wieder aufnehmen – das glaubte er zumindest –, aber noch spürte er die Nachwirkungen und würde sich in absehbarer Zukunft eher bedeckt halten. Und hätte er nicht vorgeschlagen, dass wir unsere erpresserischen Machenschaften vorläufig einstellten, hätte ich es getan. Besser natürlich, es kam von ihm.
»Ich hab Maddie gesagt, sie kann Sie einsetzen.«
Ich blickte ihn an. »Madison Koehler?«
»Ja, sie hat Ihnen doch diese Stelle angeboten, richtig?« In seinem Weindusel beugte er sich zu mir herüber. »Glauben Sie, ich hätte nichts davon gewusst? Ich weiß auch, dass Sie ihr einen Korb gegeben haben. Aber nur zu, nehmen Sie den Job an. Das wird gut für Sie sein.«
Mir war nicht ganz klar, ob er meinte, gut für mich oder gut für ihn. Ich vermutete eher Letzteres. Er würde den Finderlohn für Jason Kolarich kassieren. Ich hab Maddie gesagt, sie kann Sie einsetzen. Ich war immer noch sein Mann, aber er lieh mich aus.
»Helfen Sie denen, ihr System aufzubauen«, sagte Charlie. »Wenn er für eine volle Amtszeit gewählt wird, dann können wir richtig Geld machen. Dann wartet da draußen ein verdammtes Meer von Geld auf uns, Jason. Ein ganzer beschissener Ozean von Geld.«
Nicht dort, wo du hingehen wirst, hätte ich am liebsten gesagt. Und ihn gefragt, ob er denn gar keine Gewissenbisse hatte wegen Greg Connolly. Zu gerne hätte ich über den Tisch gelangt und ihm das betrunkene Grinsen aus dem Gesicht gedroschen. Aber ich war immer noch in meiner Rolle. Ich konnte eine Flasche Wein leeren und in der Rolle bleiben. Sie konnten mich fesseln, mir eine Pistole an den Schädel drücken und mir drohen, mit einem Messer meinen kleinen Finger abzuschneiden – ich blieb in der Rolle.
Ich hatte meine Berufung gefunden. Ich war ein Lügner. Ein Heuchler. Ein Betrüger. Und nun, im letzten Akt, würde ich helfen, einen amtierenden Gouverneur zu Fall zu bringen.
Der Gouverneur
März 2008
64
Chris Moody stand vor einer großen Bildtafel, die genauso aussah wie die Organigramme, die das FBI üblicherweise bei Ermittlungen gegen Verbrechersyndikate erstellte, oder wie wir sie bei der Bezirksstaatsanwaltschaft für die Hierarchien der Straßengangs angefertigt hatten. In diesem Fall trug die Bildtafel die Überschrift »Küchenkabinett« und listete den Kreis enger Vertrauter von Gouverneur Carlton Snow auf.
»Madison Koehler, Stabschefin«, sagte Chris Moody. »Sie haben bereits ihre Bekanntschaft gemacht. Sie hat diverse politische Kampagnen überall im Land geleitet. Sie ist in diese Stadt gezogen, um hier den letzten Wahlkampf des Bürgermeisters zu organisieren. Gouverneur Snow hat sie angeheuert, nachdem das ›Vize‹ aus seinem Titel verschwunden war und er wusste, dass er sich für eine volle Amtszeit bewerben würde. Geschieden, ein Kind auf dem College. Sie ist ziemlich durchsetzungsfähig und duldet keinerlei Inkompetenz oder Illoyalität. Tatsache ist, sie feuert andauernd Leute.«
»Das soll heißen«, ergänzte Lee Tucker, »seien Sie nett zu ihr, oder sie schmeißt Sie gleich wieder raus und Sie sind niemandem mehr von Nutzen.«
Die beiden wussten vermutlich von Greg Connolly, dass Madison mich für den Job angefragt hatte, aber abgesehen davon hatten sie keine Ahnung von der Art unserer Beziehung.
Sie hatten keinen Schimmer, dass ich Madison Koehler hatte gymnastische Verrenkungen machen sehen, die wesentlich jüngere Frauen vor Neid hätten erblassen lassen.
Unter Madison arbeiteten mehrere Personen auf dem gleichen Level. »Brady MacAleer«, erklärte Moody und deutete auf den
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