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Die Ankunft

Die Ankunft

Titel: Die Ankunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Marthens
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weiter auszuwerten. Doch wir kamen nicht zum Verzehr unseres Naschgebäcks. Denn im Laden standen Pedro und Isabelle, meine kleine Schwester. Sie hing an seinem Arm, während er sie sofort abzuschütteln versuchte, als er mich sah. Ich ignorierte beide geflissentlich, doch Pedro ließ sich davon nicht beeindrucken.
    »Moona, warte«, sagte er, als ich mit meinem Mandelhörnchen die Bäckerei wieder verlassen wollte.
»Hey, lass meinen Freund in Ruhe!«, rief meine Schwester und trat auf uns zu. Sie schlug mir das Gebäck aus der Hand, es landete im Dreck.
»Was soll das denn?«, fuhr ich sie aufgebracht an. »Du kannst ihn haben, er interessiert mich nicht mehr.«
Ich wollte mich abwenden, doch er hielt mich fest. »Ich lass dich aber nicht so einfach gehen, Moona. Ich will dich noch, du kannst nicht so einfach abhauen und mich mit deiner kleinen Schwester zurücklassen.«
»Du musst sie ja nicht nehmen, es zwingt dich doch keiner!«
»Eh!«, rief Isabelle dazwischen und wollte sich auf mich stürzen. Doch in diesem Moment hatte ich das Gefühl, als würde mich jemand mit einem Hammer traktieren. Mein Kopf dröhnte, mir wurde ganz schwindelig, so dass ich nicht mehr wusste, wo oben und unten war. Ich taumelte, und da sah ich es vor meinen Augen: Meine Mutter stürzte zu Hause von einer Leiter und brach sich das Genick.
»Nein!«, schrie ich auf und riss mich los. Doch so schnell die Vision gekommen war, so schnell war sie auch wieder vorüber. Auf einmal sah ich meine Umgebung wieder klar, nicht das Bild meiner sterbenden Mutter. Der Kopf dröhnte nur noch leicht. Ich fühlte mich immer noch schwindelig. Jedenfalls wusste ich, was ich zu tun hatte.
    »Es ist was mit Mama«, sagte ich und drängte mich an Isabelle vorbei zur Tür. Viviane und Pedro wollten mir folgen, doch ich stieß sie weg und rannte die Straße hinunter. Meine Mutter war eine Nervensäge und konnte sich kaum selbst versorgen, geschweige denn zwei Töchter, so dass ich mich mit sechs schon um meine vierjährige Schwester kümmern musste, weil meine Mutter zu betrunken war, um es selbst zu tun. Doch ich liebte sie und wollte auf keinen Fall, dass ihr etwas zustieß. Atemlos stürzte ich ins Haus, riss die Tür zur Küche auf. Dort war sie nicht. »Mama?«, rief ich durchs Haus. »Mama? Wo bist du?«
»Im Keller!«, hörte ich ihre Stimme. Eilig stieg ich hinab. Dort stand sie an der Waschmaschine und stapelte Wäsche in den Trockner.
»Was machst du?«, fragte ich noch immer völlig außer Puste.
»Die Wäsche, was sonst?« Sie sah mich erstaunt an. Ihr Blick war klar. Wahrscheinlich hatte sie erst eine Flasche Wein getrunken.
»Du wolltest nicht gerade auf eine Leiter klettern?«
»Wieso sollte ich das tun? Wir haben gar keine Leiter.«
»Richtig.« Wir besaßen keine Leiter. Das hatte ich völlig vergessen. »Gut, dann ist alles gut.«
Ich setzte mich auf den Wäschekorb neben der Waschmaschine und versuchte, wieder normal zu atmen. Falscher Alarm. Wir besaßen keine Leiter. Und warum hatte ich dann den Unfall gesehen?
Ich fluchte innerlich über die Ungenauigkeit meiner Träume. Zwei waren in Erfüllung gegangen, und ich wusste vorher nicht, wann. Musste ich meine Mutter jetzt auch rund um die Uhr bewachen, damit ihr nichts passierte? Oder war dieser Anfall eben gar nicht von Bedeutung?
»Ich könnte Hilfe beim Aufhängen gebrauchen«, sagte sie. Ich stand auf und half ihr dabei. Danach kochte ich uns einen Tee und las ihr ein paar Neuigkeiten aus dem Amtsblatt vor.
Als sie sich zu einem Nachmittagsschläfchen niederlegte, fiel mir siedend heiß ein, dass ich nun Viviane mehrere Stunden allein gelassen hatte. Hoffentlich war ihr nichts passiert!
Ich machte eine kurze Inspektion im Haus und vergewisserte mich, dass dort wirklich keine Leiter herumstand, dann eilte ich zurück zum Amt. Doch Viviane war nicht da. Ihre Mutter sah mich irritiert an und meinte, ich hätte sie doch mit Bauchkrämpfen nach Hause gebracht. Ich murmelte schnell eine Ausrede, dann lief ich weiter. Ich rief Kurt an, ihren Freund, doch der reagierte nicht. Jeden im Dorf, der ein Handy besaß (und es auch angeschaltet hatte) rief ich an, sogar Leif. Doch niemand konnte mir sagen, wo Viviane war. Panisch irrte ich durch den Ort, bis ich auf die Idee kam, direkt in der Werkstatt bei Kurz nachzuschauen. Und dort fand ich sie. Sie quasselte mit Kurt und hielt ihn von der Arbeit ab. Ich schimpfte mit ihr, weil sie sich einfach vom Acker gemacht hatte, ohne mir Bescheid zu sagen. Und

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