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Die Ankunft

Die Ankunft

Titel: Die Ankunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Marthens
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Robert, der ganz ruhig stehenblieb. Matze war noch nicht fertig. »Wir müssen unsere Nachbarn genau beobachten. Wir dürfen nicht die Augen verschließen vor dem, was hinter geschlossenen Vorhängen oder an außerhalb des Dorfes liegenden Orten passiert.« Nun wanderten die Blicke zu Pedros Mutter, die ebenfalls gekommen war, und einige wenige auch zu Leif. Beide Häuser lagen außerhalb vom Dorfkern. »Das darf nie wieder geschehen!«
»Amen!«, antwortete die Menge fast einstimmig.
Danach zerstreute sich die Gruppe, während die Eltern beim Grab blieben. Ich ging mit Viviane zurück zum Rathaus.
»Du musst mich nicht den ganzen Tag bewachen«, meinte sie schließlich. »Was soll schon passieren? Was genau hast du denn geträumt?«
»Nichts Genaues, nur dass dir was passiert«, log ich. »Ich bleibe hier.«
»Bist du nicht müde? Du hattest doch Spätschicht gestern.«
»Ich bin früher nach Hause gegangen.«
»Warum?«
    Nun steckte ich in der Klemme. Sollte ich sie weiter belügen oder ihr die Wahrheit erzählen? Ich hatte Robert und Leif geschworen, ihr Geheimnis niemandem anzuvertrauen. Aber Viviane war meine beste Freundin. Ihr hatte ich noch nie irgendetwas verheimlicht. Das ging nicht.
»Leif hatte einen Streit mit Robert«, sagte ich daher vorsichtig.
»Worüber?«, fragte sie, während sie einen Brief an den Bürgermeister von Gallburg tippte, in dem Leif um Geld für ein Schwimmbad in Mullendorf bat. Das würde er mit Sicherheit niemals bekommen, außer er wandte seine besonderen Vampir-Fähigkeiten an.
»Über dies und das?«, sagte ich vage, in der Hoffnung, sie wäre so abgelenkt, dass sie es nicht merken würde. Doch sie sah auf und zog die Augenbrauen zusammen.
»Was soll das denn heißen?«
Ich zuckte mit den Schultern. Noch war ich nicht so weit. Doch sie interpretierte es falsch.
»War es wegen dir? Nein, sag bloß, dein Chef ist scharf auf dich?«
»Nein, das ist er nicht. Es ist was anderes.«
»Was denn? Raus mit der Sprache.«
Ich stand auf und schloss die Tür, das Fenster und kontrollierte das Telefon, ob es auch richtig auflag. Dann rückte ich ganz nah an sie heran.
»Du darfst es niemandem erzählen. Wirklich nicht. Schwöre es!«
Sie schwor auf allem, was ihr heilig war.
»Robert ist ein Vampir.« Ich wollte noch mehr hinzufügen, doch ich kam nicht dazu, denn Viviane klappte der Unterkiefer runter.
»Nein!«, rief sie aus. »Das ist nicht wahr.«
»Doch. Und er hat mir nach meinem Unfall sein Blut gegeben, so dass ich überlebt habe. Dadurch kann ich ihn jetzt erkennen. Und womöglich habe ich deshalb diese Träume.«
»Ein Vampir? Hier in Mullendorf? Das ist unfassbar.« Sie lehnte sich in ihrem Bürosessel zurück und kicherte. »Dass ich das noch erleben darf. So etwas Aufregendes in diesem öden Kaff. Das ist ein Traum. Ist er gefährlich? Aber er hat Leonie nicht umgebracht, oder!?«
»Nein, er war es nicht, und er ist auch nicht gefährlich.«
»Gut, denn sonst dürftest du garantiert nicht mit ihm ausgehen. Und Leif weiß das? Haben sie sich deshalb gestritten?«
    Ich zögerte wieder. Wenn Leif herausfand, dass ich sein Geheimnis ausplauderte, war ich tot.
Ich kontrollierte die Tischplatten, ob dort vielleicht Mikrofone versteckt waren und sah kurz zur Tür hinaus, ob er möglicherweise draußen stand und lauschte. Doch die Luft war rein.
»Er ist auch einer«, flüsterte ich, als ich wieder bei Viviane saß.
Viviane riss die Augen weit auf, ihr Mund formte ein »Nein«, dann schlug sie mit den Händen auf die Tischplatte, was aussah, als würde eine gehörlose Irre gerade einen Anfall bekommen. Wir flüsterten weiter und tuschelten, wobei ich ihr alles erzählte, was ich wusste.
Schließlich saß Viviane glücklich in ihrem Sessel und strahlte über das ganze Gesicht, dass so etwas Sensationelles in ihrem Leben in Mullendorf passierte. Und sie musste mir noch viermal schwören, dass sie niemandem davon erzählen würde.
    Nach dieser Eröffnung musste nicht nur der Brief wegen des Schwimmbades, sondern auch alle öffentliche Mullendorfer Post warten, denn Viviane war zu keiner geregelten Arbeit mehr fähig. Deshalb entschuldigte sie sich bei ihrer Mutter mit schweren Unterleibskrämpfen, wobei sie scheinbar in meinen Armen zusammenbrach, und ich ging mit ihr hinaus. Sobald wir uns an der frischen Luft befanden, waren ihre Krämpfe verschwunden, und wir wollten zusammen zu Manfred, dem Bäcker, um ein Kokostörtchen oder Mandelhörnchen zu essen und die sensationellen Neuigkeiten

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