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Die Ankunft

Die Ankunft

Titel: Die Ankunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Piel
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eine Mauer zwischen uns, die sich nicht abtragen ließ.
    „Aber ist oberflächlich nicht genau das, was du willst?“, fragte ich ihn. „Immerhin hast du eine feste Freundin, und ich bin nur der Seitensprung.“
    „Ich weiß nicht“, sagte er und sah auf einmal so unglücklich aus, wie ich mich fühlte. „Eigentlich bin ich nicht der Typ für oberflächliche Seitensprünge. Du bist etwas Besonderes. Als hätte ich lange auf dich gewartet…“
    Ich kuschelte mich an ihn und schloss die Augen. Ich wollte nicht weiter reden. Wir würden uns nur zu einer Entscheidung bringen, die keiner von uns im Augenblick treffen konnte oder wollte.
    Als das Wasser kalt wurde, stiegen wir aus der Wanne und zogen uns an. Es war klar, ohne dass wir es besprechen mussten, dass Sam nicht über Nacht bleiben würde. Wir verabschiedeten uns unter der Tür mit einem langen Kuss und einer innigen Umarmung, dann verschwand er in der Nacht. Hätte ich ihm sagen sollen, dass es mir mit ihm auch so ging? Dass er etwas Besonderes war? Traurig schloss ich die Tür.

21. Kapitel
    In den Wäldern bei Bedburg, Sommer 1590
    « Da musst du noch viele Menschen abschlachten, mein Lieber. »

    Marcus hatte sich Raffaelus' Rudel größer vorgestellt. Es bestand lediglich aus Utz, einem wilden Kämpfer, Roderik, der in der Rangordnung unterhalb von Utz stand, dem jungen Adam und Marina, Raffaelus' Gefährtin. Über alle herrschte Raffaelus und lenkte die Geschicke des Rudels. Ein Aufbegehren gegen ihn gab es nicht.
    Das war anders als Imaginas sanfte Hand oder auch die unberechenbaren Launen von Marcus' ehemaligem Lehrherren. Marcus lernte sehr schnell, was verboten war und was erlaubt, obwohl ihm die Unterordnung manchmal schwerfiel.
    Gleich in der ersten Nacht kam Marina zu ihm auf das Lager gekrochen. Mit großer Unbekümmertheit wohnte sie ihm bei, als wären nicht vier Männer um sie herum, die mit hungrigen Augen zusahen. Zuerst fühlte Marcus sich unbehaglich, doch die Kraft seiner Lenden überraschte ihn selbst und riss ihn mit. Als sie begann, sich an ihm zu reiben, dachte er noch an Sibil. Als sie dann mit einem tiefen Stöhnen auf ihm kam, hatte ihr langbeiniger, graziler Körper die Erinnerung an seine tote Gefährtin abgewischt.
    In der kommenden Nacht näherte er sich ihr, weil das Verlangen ihn trieb, da schlug sie ihn mit der Faust nieder, so stark, dass er benommen gegen die Wand sackte. So lernte Marcus, dass sie sich ihm jederzeit nähern durfte, das gleiche Privileg aber nicht umgekehrt galt.
    Der einzige, den sie sich nicht nahm, war Adam. Der rangniedrigste Werwolf wurde tagsüber oft missachtet und grob beiseite geschubst. Nachts lag er immer alleine auf seinem Lager, doch wenn Raffaelus sich an Marcus befriedigte, wie er es in der ersten Nacht getan hatte, lag er mit offenen Augen und starrte herüber.

    Tagsüber suchte Adam Marcus' Gesellschaft. Raffaelus bemerkte das und schickte die beiden zusammen los, um den Wald nach Hirschen, Wildschweinen und Menschen auszukundschaften. Die Zeit der Jagden hatte begonnen, und Raffaelus wollte nicht, dass ein besonders kapitaler Hirsch eine Jagdgesellschaft in Richtung der Höhle lockte.
    "Wie ist es, ein Wandler zu sein?", fragte Adam, während sie durch den Wald schlenderten.
    "Mühsam", sagte Marcus. "Es gibt so viele Verbote. Du darfst keine Menschen töten, du darfst keine Werwölfe töten, andere Wandler auch nicht, du darfst nicht einmal Tiere töten, es sei denn, du bist hungrig. Niemand darf wissen, dass es dich gibt. Du musst dich von den Uneingeweihten fern halten."
    "Das müssen wir auch", gab Adam zu bedenken.
    "Aber wir können freier leben", wandte Marcus ein. "Wir nehmen uns, was uns zusteht! Wer weiß, vielleicht kommen wir eines Tages aus unseren Verstecken und beanspruchen unseren Platz. Und wir sind stärker. Seit ich meinen ersten Menschen erlegt habe, fühle ich mich stark. Machtvoll. Ich habe keine Angst mehr."
    "Ich kann mir nicht vorstellen, dass du jemals Angst hattest", sagte Adam mit einem bewundernden Seitenblick.
    "Doch, hatte ich. Vor meinem Lehrmeister, vor der Dunkelheit, vor wilden Tieren... ich bin so froh, dass Raffaelus mich geholt hat. Ich wusste ja gar nicht, was mir bei Imagina entgeht."
    Adam nickte unschlüssig.
    "Manchmal tun die Menschen mir leid. Sie sind uns so ausgeliefert."
    "Warum tötest du sie dann?"
    "Ich muss doch nach Raffaelus' Regeln spielen. Außerdem muss ich noch stärker werden. Ich bin manchmal schrecklich wütend, aber dann

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