Die Ankunft
gibt es gleichzeitig eine kleine Stimme in mir, die mich zum Nachdenken auffordert. Die will ich loswerden."
"Du willst so sein wie Raffaelus? Groß, stark, wild?"
"Ja!"
Marcus lachte.
"Da musst du noch viele Menschen abschlachten, mein Lieber."
Sie gingen weiter durch den Wald und stöberten Wild auf, das vor ihnen floh. Anfangs widerstand Marcus dem Jagdreiz, doch als schließlich ein Reh vor ihm floh und sein weißer Spiegel wie ein Hohn vor ihm durch den Wald hüpfte, konnte Marcus nicht anders. Er stürzte sich in seine Halbgestalt und setzte dem Reh nach. Mit seinen gewaltigen Pranken riss er den Boden auf, während er rannte. Ein kurzer Sprint, ein Sprung, und das Reh zappelte unter ihm. Genüsslich biss er ihm die Kehle durch und schüttelte den Kadaver, bis das Leben aus ihm gewichen war.
Er beschnupperte das wilde Tier und knabberte vorsichtig an dessen Fell. Er hatte keinen Hunger, und seit das Reh nicht mehr zappelte, war es plötzlich nicht mehr interessant.
Dann hatte Adam aufgeholt und ging neben Marcus in die Knie.
"Das dürfen wir nicht!", flüsterte er. Marcus verwandelte sich zurück, damit er sprechen konnte.
"Ich kann aber nicht immer warten, bis Raffaelus mir die Jagd erlaubt", sagte er. "Er hat mich wild gemacht. Jetzt muss ich es auch sein."
"Aber wenn er es erfährt..."
Marcus grinste. "Das muss er doch nicht."
Adam sah ihn unsicher an. Seine Augen waren sehr blau, und sein Mund voll und geschwungen wie der eines Mädchens. Kaum ein Bartflaum war auf seinen Wangen sichtbar. Sein Körper war warm und nah.
Marcus warf ihn ins Moos und drehte ihn auf den Bauch. Dann stieg er über ihn und presste ihn mit seinem ganzen Gewicht gegen den Boden. Es gelang ihm nicht so schnell wie seinerzeit Raffaelus bei ihm, in Adam einzudringen, dafür wehrte Adam sich auch nicht. Er lag unter Marcus, stöhnte in den Waldboden und ließ sich nehmen.
Er war unglaublich eng, und Marcus meinte, vor Lust zu zerspringen. Er ließ seinem Verlangen freien Lauf und stieß heftig in Adam, stöhnend, wie Raffaelus auf ihm gestöhnt hatte. Als er sich entlud, schrie er auf, wie Raffaelus geschrien hatte.
Und Adam schien die gleiche Lust zu empfinden wie Marcus damals.
Am nächsten Tag töteten sie gemeinsam einen kapitalen Hirsch. Sie fraßen nur wenig davon und überließen den Rest den tierischen Wölfen im Wald. Ein paar Tage später rannten sie gemeinsam eine weite Strecke und kamen in der Abenddämmerung am Waldrand heraus. Eine Schafherde weidete dort, und ein Hund schlug scharf an, als sie sich unter den Bäumen näherten.
Unruhe verbreitete sich in der wolligen Menge der Tierleiber. Die Schafe blökten und drängten sich aneinander. Der Schäfer, der unter einem Baum gesessen hatte, stand auf und machte eine Steinschleuder bereit. Dann ging er in Richtung Waldrand, die Augen wachsam auf die Schatten unter den Bäumen gerichtet.
Marcus verwandelte sich. Aus den Augenwinkeln sah er, wie Adam ihm folgte. Kaum war Marcus in seiner Tiergestalt angekommen, flutete der Angstgeruch der Schafe seine Nase. Er konnte sehen, wie sie zitterten und das Weiße in ihren Augen zeigten.
Er konnte nicht widerstehen.
Es dauerte lange, bis er wieder zu sich kam, blutüberströmt und völlig ausgepumpt. Um sich herum erstreckte sich eine Hügellandschaft zerfetzter, aufgerissener Tierkadaver. Er sah hinüber zu Adam, der im Gras lag, noch in Tiergestalt, und hechelte. In seiner Halbgestalt ging Marcus zu ihm hinüber. Etwas war anders. Er fühlte sich nicht nur durch und durch befriedigt, sondern auch stärker und größer als zuvor. Eine Kraft pulsierte durch sein Blut, als könnte er mit bloßen Klauen Bäume ausreißen.
Er sah sich um. Zwischen den Schafen lag der Schäfer, zu Unkenntlichkeit zerfleischt. Seine Gedärme quollen bläulich schimmernd auf das zertrampelte, blutgetränkte Gras.
Marcus ließ sich neben Adam fallen. Beide gleichzeitig wechselten sie in ihre Menschengestalt. Auch Adam war von Blut bedeckt.
"Du hast den Schäfer erwischt", flüsterte Adam.
Marcus nickte und sah entspannt in den Abendhimmel. Der Rausch ebbte langsam ab. Das Gefühl war so großartig gewesen wie damals, als Raffaelus ihm seinen ersten Menschen gegeben hatte.
"Wenn Raffaelus das erfährt, tötet er dich", raunte Adam. "Und mich gleich mit."
"Er wird es nicht erfahren", versprach Marcus. "Und selbst wenn? Wir sind zu zweit! Ich werde sicher nicht warten, bis er mir wieder einen Menschen zuteilt. Ich kann nehmen, was mir
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