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Die Ankunft

Die Ankunft

Titel: Die Ankunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Piel
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wie ich.“
    Er drückte einen zarten Kuss auf meine Schulter.
    „Entschuldige. Ich wollte dich nicht nerven. Es ist nur... ich denke eben nach über solche Dinge.“
    „Ist schon gut.“
    „Ich kann mir trotzdem nicht vorstellen, wie es sich anfühlt, so zu leben.“
    „Das glaube ich dir.“
    „So ein normales Leben muss dir im Vergleich total langweilig vorkommen. Familienkind, Schule, Abitur, nette Eltern, Hund, Ruderclub... das einzig Ungewöhnliche an mir ist der Tod meiner Mutter vor ein paar Jahren. Und das ist wiederum wahrscheinlich nur für mich ungewöhnlich. Gesamt betrachtet ist das ein total banales Schicksal.“
    „Wie ist sie denn gestorben?“
    „Sie hatte einen Unfall in einem Parkhaus. Sie fuhr in ihrem Golf die Auffahrt hoch, und ein Bentley hat sie von links gerammt. Volles Tempo. Fahrer betrunken. Sie war sofort tot.“
    „Oh mein Gott. Das ist ja furchtbar.“
    „Für mich schon. Für den Rest der Welt ist sie nur eine Nummer in einer Unfallstatistik.“
    Ich drehte mich in der engen Wanne um, damit ich Sam in die Augen sehen konnte. Wasser platschte über den Rand auf den Boden.
    „Mir tut das ganz schrecklich leid, Sam.“
    Er seufzte.
    „Ja. Mir auch.“
    Er sah sehr jung aus mit seinen nassen Haaren, die ihm ausnahmsweise glatt am Kopf lagen, und den großen grünen Augen. Plötzlich spürte ich den Altersunterschied von vierhundertzwei Jahren.
    Ich nahm ihn in die Arme und bettete seinen Kopf an meiner Schulter. Er hielt mich fest und seufzte ein wenig in meine Schulter, dann begann er, mir kleine Küsse auf die Haut zu drücken.
    „Sag mal... du hattest ja vermutlich mit ein paar hundert Kerlen Sex...“
    „So viele werden es nicht gewesen sein, aber schon so einige.“
    „Hat sich etwas verändert über die Jahre? War der Sex im achtzehnten Jahrhundert anders als heute?“
    „Warum willst du denn das wissen?“
    „Na, hör mal – werde ich jemals im Leben wieder die Gelegenheit zu so einer Recherche bekommen? Augenzeugenberichte sind immer das Beste!“
    „Ich dachte, du studierst Pädagogik?“
    „Sexualpädagogik ist ein wichtiger Teilbereich.“
    Ich lachte und zauste sein Haar, bis es wieder wie gewohnt zu allen Seiten abstand.
    „Dann bin ich also nichts als ein Forschungsobjekt für dich?“
    „Ja, genau. Ich forsche wahnsinnig gerne an dir herum.“ Er tauchte seine Hand unter und schickte sie auf eine zarte Forschungsreise. Ein angenehmer Schauer lief über meinen Rücken.
    „Erzähl doch mal“, murmelte er. „Wie war das früher so?“
    „Ganz früher hat man nicht viel darüber nachgedacht“, sagte ich etwas atemlos. „Für Frauen waren das eheliche Pflichten, und die Kerle haben nicht viel unternommen, damit es uns gefiel. Frauen, die Spaß dabei hatten, wurden schief angeschaut.“
    „Und? Wurdest du?“
    Ich lachte. „Ja. Ich war schon immer ein lüsternes Weib.“
    „Und sonst?“
    „Na ja... moderner Sex ist um Klassen besser. Im achtzehnten Jahrhundert war es mal eine Weile recht freizügig... da lebte ich eine Zeitlang als Mätresse eines englischen Adeligen. Er veranstaltete Partys, die geradezu ausarteten... es gehörte zum guten Ton, sich so schnell wie möglich ins Fegefeuer zu vögeln. Das war aufregend. Und damals hat es mich auch nicht gestört, dass nur alle paar Monate mal gebadet wurde, wenn überhaupt...“
    Sam verzog das Gesicht.
    „Schmutziger Sex, sozusagen.“
    „Oh ja. Und wie.“
    „Und sonst?“
    „Die Kirche saß lange mit am Bettrand. Sex bitte nur, um Kinder zu bekommen. Mir wurde das einige Male zum Verhängnis – die Männer wurden ungehalten, wenn sich herausstellte, dass ich ihnen keinen Stammhalter bescheren konnte...“
    „Ach ja, hmmm“, murmelte er in meine feuchten Haare.
    Ich hob die Schultern.
    „Hattest du schon mal eine längere Beziehung zu einem Mann?“
    „Du stellst Fragen...“
    Er lehnte sich in der Wanne zurück und strich sich Wasser aus dem Gesicht.
    „Findest du? Ich versuche einfach, an dich heranzukommen, Anna. Sex ist doch nur Sex. Dadurch lernt man einen Menschen doch nicht kennen. Und bei dir habe ich das Gefühl... der Sex ist toll, aber der Rest ist oberflächlich. Nicht du als Person. Sondern das, was du der Welt zeigst, ist oberflächlich.“
    „Das macht die Übung.“
    „Kannst du dich überhaupt noch so richtig auf jemanden einlassen?“
    „Ich weiß nicht. Ich versuche es.“
    Plötzlich war mir elend. Ich saß mit dem tollsten Mann der Welt in der Wanne, und es stand

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