Die Ankunft
Schiffes.«
Er suchte nach dem richtigen Wort.
»Trierarch der Saravica «, ergänzte er schließlich.
Das holprige Latein schien den Mann nicht weiter zu stören. Wahrscheinlich hatte er schon mehr als genug Leute kennengelernt, die dieser Sprache nur unvollständig mächtig waren.
»Ich bin Aurelius Africanus, Trierarch der Scipio. « Für einen Moment schien er innezuhalten, als erinnere er sich, und senkte den Kopf. »Ich war Trierarch der Scipio. Ihr habt mein Schiff zerstört.«
»Ihr habt mein Schiff angegriffen, und das ohne Grund.«
»Ihr habt meine Trireme wie einen Zweig zerbrochen. Das ist Grund genug für mich anzunehmen, dass Ihr eine Gefahr für Rom seid. Die Augustus wird darüber berichten. Bald wird die Nachricht wie ein Lauffeuer nach Treveri gelangen. Dann werdet Ihr sehen, wie es ist, das Römische Reich zum Feind zu haben.«
Rheinberg nickte. »Ich will kein Feind des Römischen Reiches sein.«
»Das ist nicht Euer Wollen. Es ist das des Kaisers.«
Ein plötzlicher Gedanke beschlich Jan, eine Frage, die er Marcus hatte stellen wollen, die er jedoch aufgrund des Auftauchens der Galeeren nie gestellt hatte – nämlich die nach dem Namen des regierenden Kaisers. Der Hinweis auf Trier hatte ihm bereits geholfen: Er musste irgendwann nach der Verlegung der Hauptstadt des Westreiches angekommen sein – und vor der Verlegung des Regierungssitzes nach Mailand und später gar Ravenna. Der Stadt, aus der Aurelius Africanus aller Wahrscheinlichkeit nach mit seiner Trireme zu seiner verhängnisvollen Reise aufgebrochen war. Das grenzte den Zeitraum ungefähr ein, wenngleich Rheinberg sich nicht an die exakten Jahreszahlen zu erinnern vermochte. Aber der Name des Kaisers …
»Wer regiert in Treveri, Trierarch?«
Der Mann machte einen verwunderten Gesichtsausdruck. »Kommt Ihr aus einem so fernen Land, dass Ihr nicht wisst, wer das Reich regiert? Woher genau kommt Ihr überhaupt?«
»Wer regiert in Treveri?«, wiederholte Rheinberg. Er war nicht in der Stimmung für absurd klingende Erklärungen. Aurelius wiederum schien nicht insistieren zu wollen.
»Gratianus, Sohn des Valentinian, regiert im Westen. Seine Residenz ist Trier. Valens, Bruder des Valentinian, regiert im Osten. Seine Residenz ist Konstantinopel.«
Rheinbergs Gedanken rasten. Etwas klingelte in ihm. Historische Ereignisse, an die er sich lediglich dunkel erinnerte, purzelten in seinem Kopf umher. Aurelius schien seine Bestürzung zu bemerken, wandte sich fragenden Blickes an seine Mitüberlebenden, von denen sich einige zu ihm gesellt hatten, dazu ein graubärtiger Veteran, der wie die römische Entsprechung zu Köhler aussah. Keiner wirkte bedrohlich, alle schienen mittlerweile mehr neugierig auf das seltsame Schiff und seine ebenso seltsame Besatzung zu sein.
»Köhler, geben Sie den Gefangenen Nahrung und genug zu trinken. Ich will, dass sie gut behandelt werden.«
»Jawohl.«
Rheinberg wandte sich ab, stürzte die Reling entlang, verschwand im Innern der Saarbrücken, erreichte schwer atmend seine Kabine. Er merkte erst, dass Neumann und Becker ihm gefolgt waren, als er bereits einen dicken Folianten zur Hand genommen hatte. Die beiden Männer fragten gar nicht erst lange, was er da suchte, sondern sahen Rheinberg nur auffordernd an, nachdem dieser einige Minuten still geblättert und gelesen hatte.
»Ah, verdammt«, entfuhr es dem Kapitän.
»Raus damit«, forderte ihn Becker auf.
»Flavius Gratianius, Sohn von Valentinian I., hatte seine Residenz in Trier, bis zum Jahr 378. Sein Onkel und Mitkaiser Valens starb im Jahre 378 im Kampf gegen die eindringenden Goten, er war das erste prominente Opfer dessen, was die Historiker die Völkerwanderung nennen. Wir müssen uns also irgendwann im späteren vierten Jahrhundert befinden. Mal schauen … Valens wurde 365 von seinem Bruder Valentinian – Stiefbruder, um genau zu sein – zum Mitregenten ernannt. Wir sind also irgendwann zwischen diesen beiden Jahren … angekommen.«
»Das können wir doch genauer herausfinden!«, rief Neumann. Zu dritt eilten sie wieder auf das Hinterdeck, das dicke Buch mit sich führend. Unter den misstrauischen Blicken von Klasewitz' hatten sich die Römer offenbar selbst zu einer Besprechung versammelt, die sich auflöste, als Rheinberg wieder zielsicher auf Aurelius zusteuerte.
»Trierarch, Ihr werdet meine Fragen möglicherweise als sehr verwirrend empfinden, ich bitte Euch jedoch, beantwortet sie.«
Aurelius sah Rheinberg mittlerweile so an, als würde er
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