Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ankunft

Die Ankunft

Titel: Die Ankunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van Den Boom
Vom Netzwerk:
setzen.
»Elevius – Wein, Brot und Käse!«
Nannienus wollte abwehrend die Hände heben, Gratian gebot ihm jedoch mit einer Geste Einhalt. »Wenn wir schon Dinge besprechen, die mit dem Töten zu tun haben, sollten wir dafür sorgen, dass wir am Leben bleiben!«
Er musterte die beiden Franken, Männer, wie sie unterschiedlicher nicht sein konnten. Beide standen seit vielen Jahren in den Diensten Roms und hatten sich in der militärischen Hierarchie hochgearbeitet. Fränkischer Adel, Malobaudes gar ein fränkischer König, römische Staatsbürgerschaft. Der anstrengende Dienst in der Grenzsicherung hatte die beiden Generäle hart gemacht, ihre Gesichter kantig. Doch wo Nannienus hager, fast dürr war und in seinem metallenen Brustharnisch fast zu verschwinden schien, war Malobaudes' Gestalt weit und ausladend. Wo Nannienus schweigsam und zurückhaltend wirkte, hörte man seinen Kameraden oft laut grölend und lachend durch das Lager ziehen und die Nähe der einfachen Legionäre suchen. Beiden gemein war ein scharfer Verstand, ein hohes taktisches Verständnis, sie kannten die Grenzregionen und, was für Gratian im Augenblick das Wichtigste war, sie kannten die Alemannen. Sie kannten König Priarius, den Herrn der Lentienser, und hatten seinen Weg verfolgt, das ganze Jahr über. Im Februar dieses Jahres waren die Feinde über den zugefrorenen Oberrhein in das Reich eingefallen, gerade als Gratian mit seinen Männern nach Osten ziehen wollte, um seinem Onkel Valens, dem Kaiser Ostroms, gegen die Goten des Fritigern beizustehen. Die Grenztruppen hatten ihren Vormarsch nur kurz aufhalten können, und Priarius, der unter den rauflustigen Alemannen als der Rauflustigste galt, hatte seine Krieger erneut gesammelt und war mit gut 40 000 Männern in das Elsaß vorgedrungen. Derzeit standen sie bei Argentaria, Gratian stand vor ihnen, und seine Hoffnung ruhte auf diesen beiden Franken. Valens' Situation im Osten war weiterhin schwierig und sein Onkel konnte jede Verstärkung gut gebrauchen – aber solange Gratian hier aufgehalten wurde, musste der Osten allein gegen die Goten bestehen.
»Meine Herren Generäle – wie sieht es aus?«, begann der Kaiser nun die unerlässliche Diskussion. Die beiden älteren Männer wechselten einen Blick. Beide hatten gelernt, den jugendlichen Kaiser nicht zu unterschätzen. Gratian war bereits im Jahre 367 zum Augustus erhoben worden, ein Kind noch, die umfassende Ausbildung jedoch, die ihm sein Lehrer Ausonius danach hatte angedeihen lassen – und die Tatsache, dass Gratian gezwungen war, sehr schnell erwachsen zu werden –, hatten ihre Spuren hinterlassen. Beide Generäle spürten die Bedrohung, die Gefahr, die über dem Reich lag. Hatten nicht die Goten des Ostens deswegen um Siedlungsraum im Imperium gebeten, weil sie vor einer noch größeren, kaum fassbaren Gefahr gewichen waren? Etwas war im Gange, dort, im Fernen Osten, weit weg von den Grenzen Roms, trotzdem näher, als sie es sich eingestehen wollten. Was hier geschah, bei Argentaria, war bloß ein Vorgeschmack, dessen waren sich beide sicher. Nicht so genau wussten sie hingegen einzuschätzen, ob der junge Kaiser diese Bedrohung ebenso ernst sah wie sie selbst.
Doch jetzt galt es, sich der aktuellen Gefahr zu widmen.
»Priarius ist ein Raufbold, und er ist ein Narr«, eröffnete Nannienus die Diskussion und sah aus den Augenwinkeln, wie Malobaudes ihm beifällig zunickte. »Er ist damit sowohl ein leichtes Opfer seiner selbst wie auch eine große Gefahr.«
Gratian sagte nichts.
»Er hat seine Truppen wie wilde Haufen platziert, und das wundert mich mehr, als es mich überrascht. Ich weiß, dass unter seinen Unterführern eine Reihe von römischen Veteranen sind, und ich weiß weiter, dass diese eine ziemlich genaue Ahnung davon haben, wie man mit richtiger Formation und Disziplin die eigene Übermacht noch potenziert. Priarius hört allerdings wenig auf seine Berater, und das wird ihm jetzt zum Verhängnis.«
»Wie viele Männer hat er?«
Malobaudes ergriff das Wort.
»Wir schätzen etwa 45 000, Herr. Er schleppt noch einen Tross mit sich herum, aber das sind die Frauen und Kinder sowie die Händler. Die Krieger – an die 45 000. Weil er so ein Chaos in seinem Lager hält, können die Späher nicht genauer schätzen, jedoch haben wir die üblichen Überläufer und die haben uns ein recht realistisches Bild vermittelt.«
»Unsere endgültige Stärke?«
»Acht Legionen mit je 3 500 Soldaten, Herr. Dazu Hilfstruppen, einiges an

Weitere Kostenlose Bücher