Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Anstalt

Die Anstalt

Titel: Die Anstalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
Vom Netzwerk:
von da an änderte sich die Situation.
    »Stimmt, Peter. Glaube ich zumindest. Dann sagen Sie mir nur eines: Der Priester, der in den Flammen umgekommen ist, haben Sie den gekannt?«
    »Pater Conolly? Nein. Ich war ihm nie begegnet. Ich wusste nicht mal allzu viel über ihn. Außer natürlich eine gewisse Kleinigkeit. Ich fürchte, dass mein Kirchgang nach meiner Rückkehr aus Vietnam, sagen wir, nicht eben regelmäßig war. Wissen Sie, Pater, man sieht eine Menge Grausamkeit und sinnloses Sterben, und dann fragt man sich auf einmal, wo Gott ist. Nicht einfach, keine Glaubenskrise zu bekommen, oder wie immer Sie das nennen wollen.«
    »Also haben Sie eine Kirche niedergebrannt und einen Priester gleich mit …«
    »Ich wusste nicht, dass er da drinnen war«, sagte Peter. »Genauso wenig hab ich gemerkt, dass noch andere in der Kirche waren. Ich dachte, sie stünde leer. Ich hab laut gerufen und an einige Türen geklopft. Einfach ein unglücklicher Zufall, nehme ich mal an. Wie gesagt, ich dachte, sie stünde leer.«
    »War sie aber nun mal nicht. Und ehrlich gesagt, Peter, fällt es mir schwer, Ihnen das abzunehmen. Wie kräftig haben Sie denn geklopft? Wie laut haben Sie gerufen? Ein Mann stirbt, drei Männer werden verletzt und sind fürs Leben gezeichnet.«
    »Ja. Und sobald mein kurzer Aufenthalt hier in der Klinik zu Ende ist, geh ich in den Knast.«
    »Und Sie sagen, Sie kannten den Priester nicht …«
    »Aber, Pater, ich wusste etwas
über
ihn.«
    »Und was wollen Sie damit sagen?«
    »Was soll ich Ihnen darüber wohl erzählen, Pater? Vielleicht sollten Sie nicht mich fragen, sondern meinen Neffen. Den Messdiener. Und vielleicht ein paar von seinen Freunden …«
    Pater Grozdik unterbrach Peter mitten im Satz, indem er die Hand hochhielt. »Wir haben mit einer Reihe von Gemeindemitgliedern gesprochen. Nach dem Brand haben wir eine Menge Informationen gesammelt.«
    »Nun ja, dann wissen Sie wohl auch, dass weit weniger Tränen über Pater Conollys tragischen Tod vergossen werden, als mein Neffe und ein paar von seinen Freunden schon vergossen haben und noch vergießen werden.«
    »Also fühlten Sie sich berufen …«
    Jetzt wallte Zorn in Peter auf, ein vertrautes, wenn auch lange unterdrücktes Gefühl, aber nicht viel anders als in dem Moment, als er sich anhören musste, wie sein Neffe ihm mit zitternder Stimme beschrieb, was ihm zugestoßen war. »Niemand hätte etwas unternommen. Das wusste ich, Pater, so sicher wie das Amen in der Kirche. Mit absoluter Gewissheit. Ich hab also getan, was ich glaubte tun zu müssen, weil ich wusste, dass niemand sonst etwas unternehmen würde. Gewiss nicht Sie und der Kardinal da drüben. Und die Polizei? Keine Chance. Sie fragen nach dem Bösen, Pater. Nun ja, zumindest gibt es ein bisschen weniger Böses auf dieser Welt, seit ich diesen Brand gelegt habe. Gut möglich, dass es unter dem Strich falsch gewesen ist. Vielleicht aber auch nicht. Also, zur Hölle mit Ihnen, Pater, es ist mir nämlich egal. Ich werde jetzt gehen. Und wenn diese Ärzte hier kapiert haben, dass ich nicht verrückt bin, dann können sie mich in den Knast stecken und den Schlüssel wegwerfen, und alles ist wieder im Lot, nicht wahr? Vollkommen im Lot, Pater. Ein Mann stirbt. Der Mann, der ihn auf dem Gewissen hat, wandert in den Knast. Ende der Vorstellung. Alle gehen glücklich und zufrieden nach Hause.«
    Pater Grozdik hörte Peter zu und sagte dann sehr ruhig: »Vielleicht müssen Sie ja nicht ins Gefängnis, Peter.«
    Ich hab mich oft gefragt, was wirklich in Peter vorgegangen ist, als er diese Worte hörte. Hoffnung? Hochstimmung? Oder vielleicht Angst? Er hat es mir nicht gesagt, auch wenn er mir noch am selben Abend die ganze Unterhaltung mit den drei Priestern in allen Einzelheiten wiedergegeben hat. Ich glaube, er hat es mir überlassen, das herauszufinden, denn das entsprach seinem Stil. Eine Erkenntnis, zu der man nicht selbst gekommen war, taugte in seinen Augen nichts. Deshalb schüttelte er, als ich ihn danach fragte, nur den Kopf und sagte: »C-Bird, was meinst du?«
    Peter war in die Klinik eingewiesen worden, um sich einer Beurteilung seines Geisteszustands zu unterziehen, obwohl er wusste, dass letztlich nur das Urteil zählte, zu dem er selbst in seinem tiefsten Innern gelangte. Die Ermordung von Short Blond und das Erscheinen von Lucy Jones hatten in ihm die Hoffnung geweckt, er könne einen weiteren Ausgleich schaffen. Die Konflikte und Emotionen, die Peter nach allem, was er

Weitere Kostenlose Bücher