Die Anstalt
Krieg und Zerstörung. Zweifellos sind das Schauplätze, wo das Böse sich austobt. Das interessiert Sie doch? Auf intellektueller Ebene vielleicht?«
Peter zuckte die Schultern, um hinsichtlich dieser Fragen eine gewisse Nonchalance an den Tag zu legen, auch wenn er innerlich seine ganze Konzentrationsfähigkeit zusammennehmen musste. Er wusste nicht, in welche Richtung der Priester das Gespräch lenken wollte, doch er war auf der Hut. Er hielt den Mund.
Pater Grozdik zögerte einen Moment, bevor er fragte, »Sagen Sie, Peter, was Sie getan haben … betrachten Sie das als böse?«
Peter ließ sich ebenfalls Zeit, bevor er erwiderte: »Soll das ein Geständnis werden, Pater? Ich meine, die Art von Geständnis, die gewöhnlich nach einer Rechtsbelehrung verlangt. An eine Beichte hatten Sie doch wohl eher nicht gedacht, da ich mir relativ sicher bin, dass noch so viele Vaterunser und Ave Marias und schweren Bußen das, was ich getan habe, nicht angemessen sühnen könnten.«
Pater Grozdik brachte weder ein Lächeln zustande, noch schien er von Peters Antwort sonderlich beunruhigt. Ein bedächtiger Mann, sehr kalt und direkt, dachte Peter, was im Gegensatz zur hinterhältigen Art seiner Fragen stand. Ein gefährlicher Mann und ein schwieriger Gegner, wie Peter glaubte. Das Problem war nur, dass er nicht sicher wusste, ob der Priester ein Gegner war. Höchstwahrscheinlich schon. Doch das erklärte nicht, wieso er da war. »Nein, Peter«, sagte der Priester monoton. »Weder Geständnis noch Beichte. In einer Hinsicht kann ich Sie beruhigen …« Er sagte das auf eine Art, die, wie Peter sehr wohl merkte, in Wahrheit das Gegenteil bewirken sollte. »Nichts, was Sie heute hier sagen, wird vor Gericht gegen Sie verwendet werden.«
»Dann vielleicht vor einem höheren Gericht?«, erwiderte Peter in leicht spöttischem Ton.
Der Priester schluckte den Köder nicht.
»Wir stehen alle mal vor dem höchsten Richterstuhl, nicht wahr?«
»Das wird sich zeigen, nicht wahr?«
»So wie die Antworten auf so viele Mysterien. Aber das Böse, Peter …«
»In Ordnung, Pater«, sagte Peter. »Dann lautet die Antwort auf Ihre erste Frage, ja. Ich glaube, dass vieles von dem, was ich getan habe, böse ist. Wenn man es von einer bestimmten Warte, nämlich der Warte der Kirche, betrachtet, scheint die Sache offensichtlich. Deshalb bin ich hier, und deshalb werde ich für den Rest meines Lebens hinter Gitter gehen. Den größten Teil meines Lebens zumindest.«
Pater Grozdik schien diese Feststellung abzuwägen, bevor er sagte: »Aber ich hege den Verdacht, Peter, dass Sie mir nicht die Wahrheit sagen. Dass Sie, tief in Ihrem Innern, nicht wirklich glauben, etwas Böses getan zu haben. Oder dass Sie glauben, Sie hätten, als Sie den Brand legten, beabsichtigt, sozusagen den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben. Vielleicht kommt das der Wahrheit näher.«
Peter sparte sich eine Antwort darauf. Es lag drückendes Schweigen im Raum.
Der Priester beugte sich ein Stück vor. »Könnte man nicht fairerweise sagen, dass Sie geglaubt haben, Ihre Handlungsweise sei aus einer bestimmten moralischen Sicht falsch. Aber aus einer anderen richtig?«
Peter merkte, wie er unter den Achseln und im Nacken zu schwitzen begann.
»Ich bin nicht sicher, ob ich darüber reden möchte«, sagte er.
Der Priester senkte den Kopf und sah einige Papiere durch, die er rasch durchblätterte, bis er gefunden hatte, was er suchte, und es kurz überprüfte, um Peter mit einer weiteren Frage zu konfrontieren. »Erinnern Sie sich an das Erste, was Sie der Polizei gesagt haben, als sie am Haus Ihrer Mutter eintraf? Und, wie ich vielleicht hinzufügen sollte, Sie dort auf der Treppe mit dem Benzinkanister und den Streichhölzern in der Hand sitzen sah?«
»Eigentlich hab ich ein Feuerzeug benutzt.«
»Natürlich. Ich muss mich berichtigen. Und was haben Sie ihnen gesagt?«
»Wie’s aussieht, haben Sie den Polizeibericht vor sich.«
»Erinnern Sie sich, wie Sie sagten: ›Jetzt sind wir quitt‹, bevor Sie sich verhaften ließen?«
»Ja.«
»Vielleicht könnten Sie mir das erklären.«
»Pater Grozdik«, sagte Peter geradeheraus. »Ich vermute einmal, Sie wären nicht hier, wenn Sie die Antwort auf diese Frage nicht bereits wüssten.«
Der Priester schien dem Kardinal einen Seitenblick zuzuwerfen, doch Peter konnte nicht sehen, was der Kardinal tat. Er tippte auf eine unauffällige Geste mit der Hand oder ein kurzes Kopfnicken. Es war nur ein Moment, doch
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