Die Anstalt
gehört und getan hatte, mit sich ausfocht, glichen einer Achterbahnfahrt, und sein ganzes Leben war seither von der fixen Idee beherrscht, wie er seine Fehler ausgleichen, wie er einer schlechten eine gute Tat entgegensetzen konnte. Nur so durfte er hoffen, abends einschlafen zu können und morgens wieder aufzuwachen, um sich sofort erneut mit Feuereifer an seine Wiedergutmachungsarbeit zu begeben. So wurde er beständig von dem Wunsch getrieben, seinen Seelenfrieden wiederzufinden, um doch jedes Mal festzustellen, dass eben der für ihn in unerreichbarer Ferne lag. Und als ich später darüber nachdachte, kam ich zu dem Schluss, dass ihn seine Albträume nicht nur im Schlaf verfolgten.
Für mich war es alles so viel einfacher.
Ich wollte nichts weiter als nach Hause. Mein Problem hatte weniger mit den Stimmen zu tun, die ich hörte, als vielmehr mit dem, was ich sehen konnte. Der Engel war keine Halluzination so wie die Stimmen. Er war aus Fleisch und Blut und voller Zorn, und ich fing an, das alles zu sehen. Es war wie ein Küstenstreifen, der plötzlich aus dem Nebel auftaucht, und ich trieb geradewegs auf ihn zu. Ich versuchte, Peter davon zu erzählen, doch ich konnte es nicht. Ich weiß nicht, wieso. Es war, als würde es etwas über mich selbst preisgeben, das ich nicht preisgeben wollte, und so behielt ich es für mich. Vorerst jedenfalls.
»Ich bin nicht sicher, ob ich Ihnen folgen kann, Pater«, sagte Peter und hielt den Aufruhr seiner Gefühle unter Kontrolle.
»Die Erzdiözese macht sich um diesen Vorfall ernste Gedanken, Peter.«
Peter antwortete nicht sofort, obwohl ihm ein paar sarkastische Bemerkungen auf der Zunge lagen. Pater Grozdik spähte zu Peter hinüber und versuchte, aus seiner Körperhaltung und dem Ausdruck in seinen Augen eine Antwort abzulesen. Peter hatte plötzlich das Gefühl, den härtesten Poker seines Lebens zu spielen.
»Ernste Gedanken, Pater?«
»Ja, allerdings. Wir wollen in der gegebenen Situation das Richtige tun, Peter.«
Der Priester taxierte weiterhin Peters Reaktionen.
»Das Richtige tun …«, wiederholte Peter langsam.
»Es ist eine komplizierte Situation, mit vielen widersprüchlichen Aspekten.«
»Ich weiß nicht, ob ich Ihnen da zustimmen kann, Pater. Ein Mann hat Dinge getan, die, nun ja, schändlich sind. Er genoss höchstwahrscheinlich so etwas wie Immunität und musste daher nicht befürchten, für das, was er getan hatte, zur Rechenschaft gezogen zu werden. Und so habe ich, hitzköpfig, wie ich bin, in meiner berechtigten Empörung es auf mich genommen, etwas zu unternehmen. Ganz auf mich gestellt. Eine Ein-Mann-Bürgerwehr, könnte man es vielleicht nennen, Pater. Es wurden Verbrechen begangen. Sie haben ihren Preis gefordert. Und jetzt bin ich bereit, meine Strafe zu verbüßen.«
»Ich glaube, das Ganze ist weitaus subtiler, Peter.«
»Glauben Sie, was Sie wollen.«
»Vielleicht darf ich Sie einmal Folgendes fragen: Hat Sie irgendjemand darum gebeten, das zu tun?«
»Nein, es war mein eigener Entschluss. Nicht einmal mein Neffe hat es vorgeschlagen, und er ist derjenige, der die Narben davonträgt.«
»Und glauben Sie, dass er durch das, was Sie getan haben, wieder heil wird?«
Peter schüttelte den Kopf. »Nein. Was mich traurig macht.« »Natürlich«, sagte Pater Grozdik prompt. »Und haben Sie hinterher irgendjemandem gesagt, wieso Sie das getan haben?«
»Zum Beispiel den Polizisten, die mich verhaftet haben?«
»Genau.«
»Nein.«
»Und hier in der Klinik, haben Sie da irgendjemandem die Gründe für Ihre Taten genannt?«
Peter dachte einen Moment lang angestrengt nach, bevor er sagte: »Nein. Obwohl es nahe liegt, dass ein paar Leute sich einen Reim darauf machen. Vielleicht nicht im Detail, aber trotzdem. Verrückte sehen die Dinge manchmal sehr scharf, Pater. Schärfer als der Mann auf der Straße.«
Pater Grozdik beugte sich auf seinem Sessel ein wenig vor. Peter hatte den Eindruck, als beobachtete er einen Raubvogel, der unter sich ein überfahrenes, totes Tier erspäht.
»Sie haben in Übersee eine Menge Kampfhandlungen gesehen, nicht wahr?«
»Ich habe einige gesehen.«
»Ihrer Militärakte ist zu entnehmen, dass Sie fast Ihre gesamte Militärzeit in Kampfgebieten verbracht haben. Und dass Sie bei mehr als einer Gelegenheit für Ihre Handlungsweise ausgezeichnet wurden. Und dann noch ein Purple Heart, für ernste Verwundung im Gefecht.«
»Das ist richtig.«
»Und Sie haben Menschen sterben sehen?«
»Ich war
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