Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Anstalt

Die Anstalt

Titel: Die Anstalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
Vom Netzwerk:
während dieses Treffens hier keine weiteren Sicherheitsvorkehrungen treffen müssen.« Er sah zu Peter hinüber und fügte hinzu: »Wir sind schließlich alle Gentlemen, nicht wahr?«
    Peter sagte nichts. Seine Gefühle in diesem Moment hatten nicht allzu viel mit einem Gentleman zu tun.
    Ohne ein Wort wandte Big Black sich um und ließ Peter stehen. Gulptilil wies auf den Sessel. »Nehmen Sie Platz, Peter«, sagte er. »Diese Herren würden Ihnen gerne ein paar Fragen stellen.«
    Peter nickte, ließ sich schwer in den Sessel fallen und wartete ab. Er versuchte, zuversichtlich zu erscheinen, doch er wusste, dass es ihm nicht gelingen würde. Er fühlte eine Woge widerstreitender Emotionen, von blankem Hass bis zu neugieriger Erwartung, und er ermahnte sich, kurz und bündig zu antworten. »Ich erkenne den Kardinal wieder«, sagte Peter und sah dabei dem Chefarzt ins Gesicht. »Ich hab sein Foto schon oft gesehen. Die anderen beiden Herren kenne ich leider nicht. Ob sie wohl Namen haben?«
    Gulptilil nickte. »Pater Callahan ist der persönliche Sekretär des Kardinals«, sagte Gulptilil und wies dabei auf den Mann neben dem Würdenträger. Es war ein Mann in mittleren Jahren mit Stirnglatze, einer dicken Brille, die er dicht vor den Augen trug, und Wurstfingern, mit denen er seinen Füllfederhalter hielt, um damit auf seinem Schreibblock herumzutrommeln. Er nickte Peter zu, ohne jedoch aufzustehen und ihm die Hand zu schütteln. »Und der andere Herr ist Pater Grozdik, der einige Fragen an Sie hat.«
    Peter nickte. Der Priester mit dem polnischen Namen war bedeutend jünger, wahrscheinlich etwa in Peters Alter. Er war schlank, athletisch und gut über eins achtzig groß. Sein schwarzer Anzug schien ihm auf die schmale Taille maßgeschneidert, und seine ganze Erscheinung war von einer trägen, katzenhaften Grazie. Sein schwarzes Haar trug er lang, jedoch aus dem Gesicht gekämmt, und seine durchdringenden blauen Augen fixierten Peter, seit er den Raum betreten hatte, ohne mit der Wimper zu zucken. Auch er erhob sich nicht oder reichte ihm die Hand oder tat sonst etwas, um ihn zu begrüßen, sondern lehnte sich nur in einer unheimlich raubtierhaften Bewegung vor. Peter erwiderte den Blick des Mannes und sagte: »Ich vermute doch, dass Pater Grozdik auch einen Titel hat. Vielleicht darf ich den erfahren.«
    »Ich gehöre zur Rechtsabteilung der Erzdiözese«, sagte er. Der Priester hatte eine ausdruckslose, monotone Stimme, die wenig preisgab.
    »Falls Pater Grozdiks Fragen juristischer Natur sind, sollte vielleicht mein Anwalt hier sein?«, sagte Peter. Er formulierte dies gezielt als Frage, um der Antwort des Priesters vielleicht etwas zu entnehmen.
    »Wir hatten alle gehofft, dass Sie bereit wären, sich inoffiziell mit uns zu treffen«, antwortete der Priester.
    »Das hängt natürlich davon ab, was Sie wissen wollen«, sagte Peter. »Besonders, wenn ich sehe, dass Pater Callahan da drüben sich bereits Notizen macht.«
    Der ältere Priester hielt mitten im Schreiben inne. Er wechselte einen Blick mit dem jüngeren Kollegen, der ihm zunickte. Der Kardinal blieb reglos auf dem Sofa sitzen und ließ Peter nicht aus den Augen.
    »Haben Sie etwas dagegen?«, fragte Pater Grozdik. »Es könnte zu einem späteren Zeitpunkt wichtig sein, dass dieses Treffen protokolliert wird. Das dient genauso Ihrem wie unserem Schutz. Und sollten wir zu keinem Ergebnis kommen, können wir uns immer noch darauf einigen, das Protokoll zu zerreißen. Falls Sie aber Bedenken haben …« Er führte den Satz nicht zu Ende.
    »Vorerst nicht, später vielleicht«, sagte Peter.
    »Gut. Dann können wir also anfangen.«
    »Ich bitte darum«, sagte Peter steif.
    Pater Grozdik starrte auf seine Papiere und ließ sich Zeit, bevor er weitersprach. Peter erkannte sofort, dass der Mann eine Ausbildung in Befragungstechniken genossen hatte. Das war seiner Art zu entnehmen, wie er seine Gedanken ordnete, bevor er auch nur den Mund aufmachte. Peter tippte aufs Militär und sah eine schlichte Aufeinanderfolge: Highschool-Abschluss an St Ignatius, dann Grundstudium am Boston College. Dann ins Ausbildungscorps für Reserveoffiziere, dann ein obligatorischer Übersee-Einsatz bei der Militärpolizei, Rückkehr an die juristische Fakultät des BC und dann eine solide jesuitische Ausbildung und die steile Karriereleiter in der Erzdiözese hinauf. In seiner Jugend hatte er einige Männer vom Schlage Pater Grozdiks gekannt, die aufgrund ihres Intellekts und ihrer

Weitere Kostenlose Bücher