Die Antikriegs-Maschine
Schachpartie.
»Guten Morgen, Muriel.« Obwohl Hutchman nicht ganz begriff, warum Muriel so großen Wert auf diesen Morgengruß legte, spürte er die Bedeutung, die sie ihm beimaß, und riskierte nie, einfach nicht zu antworten. Er öffnete ihre Bürotür, folgte ihr in den kleinen Raum, in dem er beinahe Platzangst bekam, und nahm die wenigen Briefe von ihrem Schreibtisch. Muriel schlüpfte aus ihrem braunen Tweedmantel, was ihren Superbusen hervorquellen ließ. Hutchman hielt den Blick gesenkt – er wußte nur zu gut, daß Muriel ihn beobachtete – und sortierte die Post.
»Nichts Wichtiges dabei«, stellte er fest. »Erledigen Sie das bitte für mich? Sie wissen ja, was Sie zu schreiben haben. Ich habe heute viel zu tun und möchte nicht gestört werden.«
Muriel schnüffelte mißmutig und nahm ihm die Briefe aus der Hand. Er ging in sein Arbeitszimmer, schloß die Verbindungstür und wählte Cliff Taylors Nummer. Taylor, Chef der Entwicklungsabteilung für elektronische Bauteile, wirkte überrascht und verschlafen, beschwerte sich aber nicht über diesen frühen Anruf.
»Was kann ich für Sie tun, Hutch?«
»Äh… nun, ich arbeite an einem Projekt, bei dem Mikrowellen eine Rolle spielen, und möchte die Grundlagen selbst erarbeiten. Deshalb wollte ich Sie fragen, ob Sie mir vier bis sechs Wochen lang einen Raum zur Verfügung stellen können.«
»Ich weiß nicht recht, Hutch. Wir sind mit dem Jack-and-Jill- Programm ziemlich eingespannt…« Taylor zögerte. »Ist die Sache wichtig?«
»Sogar sehr!« versicherte ihm Hutchman.
»Hmmm, warum bitten Sie Mackeson dann nicht, Ihr Projekt als vorrangig einzustufen, damit die Computerleute zufrieden sind?«
»Es handelt sich um ein halb privates Projekt, Cliff. Vielleicht ist es eines Tages für Westfield nützlich – aber unter Umständen wird auch gar nichts daraus. Deshalb kann ich damit nicht zu Mackeson gehen.«
»Dann kann ich Ihnen auch nicht helfen. Ich meine… wie müßten Ihre Arbeitsmöglichkeiten denn aussehen?« Taylors Stimme klang barsch; er schien zu spüren, daß Hutchman ihm nicht die Wahrheit sagte.
»Oh, ich brauche nicht viel. Eine Werkbank in einem Raum, der sich abschließen läßt. Die Stromversorgung braucht nicht einmal stabilisiert zu sein.«
»Augenblick, Hutch. Sie haben vorhin von Mikrowellen gesprochen. Wie mikro ist mikro?«
»Ziemlich mikro.« Hutchman spürte, daß ihm die Unterhaltung aus der Hand glitt – gleich der erste, dem er von seinem Projekt erzählte, wurde mißtrauisch und stellte eingehende Fragen. »Vielleicht sechs mal zehn hoch achtzehn Hertz.«
»Donnerwetter! Damit ist der Fall ohnehin erledigt. Unsere Bestimmungen lassen die Arbeit mit solchen Strahlungen nur unter Beachtung strengster Sicherheitsvorkehrungen zu. Tut mir leid, Hutch.«
»Ja, schon gut.« Hutchman legte den Hörer auf, starrte die Milchglastrennwand an und beobachtete den grauen Schatten, der ihm zeigte, daß Don Spain früher als sonst ins Büro gekommen war. Das Projekt folgte dem gleichen Zeitplan wie Hutchmans frühere Zusammenstöße mit physikalischen Realitäten – wie die auf zehn Minuten veranschlagten Reparaturen an seinem Wagen, bei denen er nach einer Stunde noch immer mit der ersten Schraube kämpfte, die sich nicht lösen ließ. Manche Leute besaßen die glückliche Gabe, praktisch veranlagt zu sein, während Männer wie Hutchman sich damit zufriedengeben mußten, wunderbar logische Gedankengebäude zu errichten, ohne imstande zu sein, sie in die Realität umzusetzen. Das mußten sie anderen überlassen.
Hutchman schlug hilflos mit der Faust auf den Schreibtisch. In diesem Augenblick klingelte sein Haustelefon. Er nahm ab, bevor Muriel draußen nach dem Hörer greifen konnte.
»Hallo, Hutch.« Wieder Cliff Taylor. »Ich habe ein bißchen über Ihr Problem nachgedacht. Wissen Sie, daß unsere Firma ein Labor im Jeavons Institute drüben in Camburn benutzen kann?«
»Ja, ich habe davon gehört.« Hutchmans Herz begann rascher zu schlagen.
»Das Ganze beruht auf einer inoffiziellen Übereinkunft, die damals abgeschlossen wurde, als der alte Westfield ihnen die Abteilung für Kälteversuche eingerichtet hat. Jedenfalls können wir dort ein Labor benutzen, wenn es nicht anderweitig benötigt wird.«
»Und wie sieht’s im Augenblick aus?«
»Soviel ich weiß, stehen bis Weihnachten keine dringenden Arbeiten mehr an. Wenn Sie wollen, kann ich Professor Duering anrufen und ihn fragen, ob Sie dort arbeiten
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