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Die Antikriegs-Maschine

Die Antikriegs-Maschine

Titel: Die Antikriegs-Maschine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bob Shaw
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sie sich über ihn ärgerte. »Du könntest ihm mehr bei den Hausaufgaben helfen.«
    Hutchman schüttelte den Kopf. »Es hat keinen Zweck, einem Jungen die Hausaufgaben zu machen. Ich versuche lieber, ihn an ein Denksystem zu gewöhnen, das ihn dazu befähigt, alle Probleme zu lösen, ohne daß…«
    »Was versteht David schon von Denksystemen?« warf Vicky ein.
    »Nichts«, gab Hutchman gelassen zu. »Deshalb versuche ich auch, ihm eines beizubringen.« Er grinste innerlich, als Vicky sich betont abwandte und das Radio lauter stellte. Durchschnittlich einmal pro Woche gelang es ihm, sie zum Schweigen zu bringen, indem er eine rhetorische Frage beantwortete, als sei sie ernsthaft gestellt worden. Vicky wiederholte ihre Frage nie. Hutchman vermutete dahinter eine instinktive Abneigung gegen alle Arten von Formalismus, aber die Wirkung entsprach einem unbestreitbaren Sieg seiner Argumente.
    Da Vicky nun beschlossen hatte, Radio zu hören, schien sie sich ganz darauf zu konzentrieren. Das Licht der Morgensonne wurde vom Fußboden reflektiert, durchdrang ihren Chiffonmorgenrock mit Licht und modellierte den Körper unter dem dünnen Gewebe. Gerade der richtige Morgen, um noch eine Stunde ins Bett zu gehen, dachte Hutchman, aber dann ließ er diesen Gedanken schuldbewußt fallen. Er hatte sich vorgestellt, wie er mit Vicky auf der breiten Couch im Wohnzimmer lag; jetzt verschwand dieses Bild und machte einer anderen Szene Platz, die deutlich vor seinem inneren Auge stand. Wie viele Siebenjährige sind in Damaskus … ?
    »Großer Gott!« Vicky stellte das Radio unwillig ab. »Hast du das gehört?«
    »Nein.«
    »John und Yoko haben ihr Haus in Virginia Water angezündet - aus Protest.«
    »Aus Protest?« wiederholte Hutchman geistesabwesend. Ihm war eben eingefallen, daß er eine Gaszentrifuge brauchte, um das Cestron für die Verwendung in einem Laser genügend reinigen zu können.
    »Natürlich vor Presse und Fernsehen. Was glaubst du, was für eine Reklame das für die beiden ist?«
    »Vielleicht ist es ihnen nicht nur darauf angekommen.«
    »Blödsinn!« sagte Vicky grob. »Du verstehst offenbar nicht, was es bedeutet, »Millionär für den Frieden« zu sein, Lucas. Der Witz dabei ist, daß man genau das tut, was einem Spaß macht, und sich jeden schmutzigen oder egoistischen kleinen Wunsch erfüllt, während man gleichzeitig laut verkündet, man tue das alles nur für den Frieden. Auf diese Weise kann man sich herrlich amüsieren und hat trotzdem Grund, sich moralisch überlegen zu fühlen.«
    »Aber es hat keinen Zweck, wenn du dich darüber aufregst.« Hutchman hatte es plötzlich eilig, ins Büro zu kommen und Westfields Katalogbibliothek durchzugehen. Vielleicht konnte ihm auch die Einkaufsabteilung helfen.
    »Ich kann Heuchelei nicht vertragen«, fauchte Vicky.
    »Heuchelei führt oft zu Heuchelei«, sagte Hutchman unvorsichtigerweise, weil er in Gedanken ganz bei der Antibomben-Maschine war.
    »Was soll das heißen?«
    Hutchman merkte, wie gefährlich es war, anklingen zu lassen, seine Frau sei eher neidisch als indigniert. »Nichts. Das war nur ein Wortspiel.« Er trank seinen kalten Kaffee aus, um anzudeuten, er müsse jetzt schnell ins Büro.
    Als er durch das Laborgebäude von Westfield zu seinem Arbeitszimmer ging, beobachtete er erste Anzeichen dafür, daß die Zerstörung einer übervölkerten Großstadt doch gewisse Auswirkungen auf den Alltag hatte. Einige der kleineren Büros waren leer, während sich in anderen Männer drängten, um die letzten Nachrichten zu diskutieren. Die Atmosphäre war gespannt, und das gelegentlich aufklingende trotzige Lachen erhöhte die Spannung eher, als sie abzubauen. Hutchman fühlte sich auf eigenartige Weise beruhigt. Er wußte genau, daß Vicky dem Leid anderer Menschen nicht gefühllos gegenüberstand – sie war schon mehrmals mit Tränen in den Augen hinausgelaufen, wenn im Fernsehen Bilder von Greueltaten gezeigt wurden –, aber ihre entschlossene, pragmatische Zurückhaltung am Abend zuvor hatte ihn erschreckt. Vielleicht war das der tiefere Sinn seines Traums gewesen: eine Frau, eine Mutter, eine Lebensspenderin, die dem Tod gelassen ins Auge sah.
    Muriel Burnley kam gleichzeitig mit Hutchman ins Büro. Sie trug einen Strohkorb, der ihr als Handtasche diente, und eine Rolle, die ein weiteres Reiseplakat für ihr Büro zu enthalten schien.
    »Guten Morgen, Mr. Hutchman«, sagte sie wachsam, als mache sie dann damit den ersten Zug in ihrer täglich neuen

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