Die Antikriegs-Maschine
dachte, die über offenen Städten aufstrahlten und erloschen.
Der Abendverkehr war unglaublich dicht. An einer Stelle, wo Hutchman auf die Crymchurch Road hätte abbiegen sollen, mußte er geradeaus weiterfahren und zwanzig Minuten Umweg in Kauf nehmen. Er kam erst nach zehn Uhr zu Hause an. Das Haus hinter den Pappeln war hell beleuchtet, als finde dort eine Party statt, aber Hutchman hörte keinen Laut, als er es durch den Seiteneingang betrag. Vicky las im Wohnzimmer eine Illustrierte. Ein Blick auf ihr blasses Gesicht genügte, um ihn daran zu erinnern, daß er vergessen hatte, sie aus dem Büro anzurufen, um zu sagen, er werde heute später als sonst nach Hause kommen. Das Licht der Stehlampe hinter Vickys Sessel machte die weißen Seiten aprikosenfarben.
»Entschuldigung«, murmelte er und legte seine Aktentasche auf einen Sessel. »Ich habe noch spät bis in die Nacht im Büro gearbeitet.«
Vicky blätterte zweimal um, bevor sie fragte: »Nennst du das so?«
»Ich nenne spät spät, Büro Büro und arbeiten arbeiten«, erklärte Hutchman ihr gereizt. »Welches Wort macht dir Schwierigkeiten?«
Vicky zuckte wortlos mit den Schultern und blätterte weiter in ihrer Illustrierten. In dieser Phase eins war Hutchman ihr meistens überlegen, weil seine Frau sich nicht mit Wortspielereien abgab. Später, wenn die Degen zerbrochen waren und die Keulen geschwungen wurden, würde sie die Oberhand gewinnen – aber das konnte bis in die frühen Morgenstunden dauern. Die Aussicht auf eine weitere schlaflose Nacht erfüllte Hutchman mit hilflosem Zorn.
Er stand vor Vicky und sprach ihren gesenkten Kopf an. »Hör zu, Vicky, du glaubst doch nicht im Ernst, daß ich mit einer anderen Frau zusammen gewesen bin?«
Sie hob den Kopf. Ihr Gesichtsausdruck zeigte höfliches Erstaunen. »Ich habe von keiner anderen Frau gesprochen, Lucas. Wie kommst du darauf?«
»Weil du davon anfangen wolltest.«
»Das suggeriert dir nur dein schlechtes Gewissen.« Vicky erreichte die letzte Seite der Illustrierten, drehte die Zeitschrift um und fing von vorn an, sie durchzublättern.
»Ich habe kein schlechtes Gewissen!«
»Ja, ich weiß. Wie heißt sie, Lucas? Vielleicht Maudie Werner?«
»Wer ist Maudie Werner, verdammt noch mal?«
»Die neue… das neue Flittchen im Rechenzentrum.«
Hutchman blinzelte ungläubig. »Hör zu, ich arbeite bei Westfield und kenne sie nicht – wie kannst du sie da kennen?«
»Du bist anscheinend ziemlich langsam, Lucas«, antwortete Vicky. »Oder du spielst den Langsamen. Ich habe letzte Woche mit Mrs. Dunwoody gesprochen, und sie hat mir erzählt, daß die ganze
Firma sofort über Maudie Werner informiert war.«
Hutchman wandte sich wortlos ab und verschwand in der Küche. Seine Knie zitterten so, daß er kaum gerade gehen konnte.
Er holte ein halbes Huhn und eine Schale Fleischsalat aus dem Kühlschrank und legte beides auf einen Teller.
Schon wieder ! dachte er. Wie durch Telepathie. Spains und Vickys Verstand funktionieren auf genau die gleiche Weise, auf der gleichen subhumanen Ebene. Er salzte das Huhn, nahm eine Gabel
aus der Schublade und ging ins Wohnzimmer zurück.
»Hör zu, Vicky, bin ich eigentlich ein sexueller Einfaltspinsel?«
fragte er sie. »Fallen die Männer und Frauen in einem Raum übereinander her, sobald ich die Tür hinter mir schließe, und treiben es miteinander, bis sie mich zurückkommen hören?«
»Wovon redest du überhaupt?«
»Von dem Eindruck, den du und ein paar andere Leute mir vermitteln.«
»Und du«, antwortete Vicky ätzend, »versuchst mir einzureden,
ich sei übergeschnappt!«
Auch als seine Frau endlich eingeschlafen war, lag Hutchman noch lange in der Dunkelheit wach und bildete sich ein, die Nachtluft durchs Haus strömen zu hören. Seine Gedanken bewegten sich von
einem Fragment des Tages zum anderen – bunte, nach Druckfarben riechende Kataloge, komplizierte Schaltpläne, Don Spains Gesicht hinter der Milchglasscheibe, die Abendnachrichten mit Mobilmachungen, Aufmärschen und Flottenbewegungen und schließlich Vickys neurotische Eifersucht – und konstruierten daraus phantastische Trugbilder, die Tod und Verderben verkündeten, bis sie sich auflösten und sich zu neuen Bildern gruppierten. Dann kam plötzlich der Schlaf und brachte einen neuen Traum, in dem Hutchman in einem Supermarkt einkaufte. Eine Tiefkühltruhe stand ganz in seiner Nähe, und zwei Frauen begutachteten ihren Inhalt.
»Mir gefällt dieses neue Verfahren«, sagte eine von
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