Die Antwort ist Ja
verzichtete auf eine Antwort. Zu sehr war sie damit beschäftigt, sich gegen das schlechte Gewissen zu wehren, dass ihrer Großmutter etwas passiert sein könnte, während sie dort in der Hütte war und sich in Jimmys Armen vergessen hatte.
Mit brennenden Lungen stürzte sie in das Postamt, blickte sich verzweifelt um und befürchtete das Schlimmste.
Ihre Großmutter saß hinter dem Schalter, so wie sie das seit fast fünfzig Jahren tat, ganz damit beschäftigt, die Post zu sortieren. Als sich die Tür öffnete, schaute sie hoffnungsvoll hoch.
“April!” Sie stützte sich auf dem Schalter ab und rappelte sich mühsam hoch.
“Ich wusste, dass dir nichts passiert ist. Ich wusste es einfach.” Strahlend und mit Tränen in den Augen breitete Ursula die Arme aus.
Auch April kämpfte mit den Tränen und schaute forschend in das Gesicht ihrer Großmutter. “Ist alles in Ordnung?”
„Ja, jetzt wo du hier bist.” Ursula wischte sich mit dem Handrücken eine Träne fort und blickte dann über Aprils Kopf hinweg zu den Männern, die das Postamt betraten. “Geht es Ihnen gut, Doc?”
“Könnte nicht besser sein.” Jimmy kam auf sie zu und blieb neben April stehen. “Ihre Enkelin hat auf mich aufgepasst.”
Ursula nickte wissend und betrachtete April. “Dann waren Sie in guten Händen.”
“Kann man wohl sagen”, murmelte Max leise und erntete einen giftigen Blick von seiner Schwester.
Interessiert legte Ursula den Kopf schief. “Was soll das heißen?”
“Nichts”, erwiderte April schnell. “Das war nur wieder typisch Max.” Sie sah ihre Großmutter an. “Du solltest im Bett sein.”
Ursula blickte in Richtung Treppe. “Ich war zu unruhig, um im Bett zu bleiben.
Aber ich glaube, jetzt, wo du wieder da bist, könnte ich ein wenig Ruhe vertragen.”
Dass Gran so leicht nachgab, beunruhigte April. “Soll ich dir die Treppe hoch helfen?” Sie nahm den Arm ihrer Großmutter.
Ganz sanft machte Ursula sich frei. “Nein, es geht schon.” Und dann zögerte sie. “Vielleicht hat der Doc Lust, mir die Treppe hinaufzuhelfen.”
Dieser Ton gefiel April gar nicht. Das verhieß in ihren Ohren nichts Gutes.
15. KAPITEL
“April?”
Die Stimme ihrer Großmutter drang in ihre unruhigen, irritierten Gedanken, die sie die ganze Nacht gequält hatten so wie schon die drei Nächte zuvor, seit sie und Jimmy gerettet worden waren.
Gleichgültig, welche Entschuldigung sie sich auch zurechtgelegt hatte, sie hatte gespürt, dass sie in den Tagen, in denen sie eingeschneit waren, wehrlos geworden war. So wehrlos, dass ihre Gefühle zum ersten Mal seit Jahren an die Oberfläche kamen. Und zum ersten Mal in ihrem Leben war es ihr nicht gelungen, sie unter Kontrolle zu halten.
April kannte sich selbst gut genug, um zu wissen, dass sie sich nicht mit Halbheiten zufrieden gab. Wenn sie jemanden liebte, würde sie ihn voll und ganz lieben, und wenn sie verlor, was zwangsläufig passieren würde, würde es ihr das Herz zerreißen.
So wie damals, als ihr Vater sie verließ. Um wie viel schlimmer wäre es, wenn der Mann es täte, dem sie sich mit Leib und Seele hingegeben hatte.
Sie wollte es erst gar nicht herausfinden. Sie würde Jimmy weiterhin aus dem Weg gehen, bis er Hades verlassen hatte. Das Versteckspiel würde nur noch zwei Tage dauern, und dann war er weg, unterwegs nach Seattle.
In der Zwischenzeit brauchte sie Unterstützung. Am wenigsten konnte sie jetzt die ständigen Lobreden ihrer Großmutter über den “neuen Doc” hören. Neuer Doc. Als ob er hier bliebe. Offensichtlich war ihre Großmutter völlig vernarrt in einen Mann, der ihr Enkel sein konnte und den sie aus irgendeinem unerfindlichen Grund an Aprils Seite sah. Als ob das je geschehen würde. April war dazu viel zu klug. Klar, sie war ein wenig unbesonnen gewesen, hatte sich mitreißen lassen, aber das war jetzt vorbei.
Wenn es anders wäre, hätte sie in den letzten drei Tagen einen guten Grund gefunden, ihn zu sehen. Doch das hatte sie nicht getan. Sie hatte ihn gemieden wie der Teufel das Weihwasser.
Jetzt stützte April sich auf die Ellbogen. “Gran, ich bin müde”, rief sie ihrer Großmutter zu. “Und ich will nichts mehr davon hören, wie wundervoll der Doc’
ist. Wenn er so toll ist, dann heirate ihn doch. Ich habe gehört, dass Seattle um diese Zeit herrlich sein soll.”
“April.” Die Stimme klang schwach, durchdringend und atemlos, bevor sie versagte.
Alarmiert fuhr April hoch und lauschte. Dieser Klang gefiel ihr
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