Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Apokryphen - Verborgene Buecher Der Bibel

Die Apokryphen - Verborgene Buecher Der Bibel

Titel: Die Apokryphen - Verborgene Buecher Der Bibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Weidinger
Vom Netzwerk:
richtiger Überlegung das Leben der Weisheit erwählt. 16 Weisheit aber ist Erkenntnis göttlicher und menschlicher Dinge und ihrer Gründe.
    17 Diese wieder ist näher zu bestimmen als die dur ch das Gesetz erlangte Bildung, durch die wir das Göttliche in würdiger und das Menschliche in fördernder Weise erlernen. 18 Der Weisheit Arten stellen dar Einsicht, Gerechtigkeit, Mannhaftigkeit und Besonnenheit. 19 Die vorzüglichste von allen aber ist die Einsicht; ist sie es doch, von der aus die Vernunft die Triebe be herrscht.
    20 Unter den Trieben aber sind zwei Gewächse die wesentlichsten, Lust und Schmerz, die beide auch die Seele umwachsen. 21 Nun umgibt die Lust und den Schmerz auch ein zahlreiches Gefolge von Trieben: 22 Vor der Lust her geht die Gier, hinter der Lust die Freude. 23 Vor dem Schmerz her geht die Angst, hinter dem Schmerz der Kummer. 24 Ein der Lust und dem Schmerze gemeinsamer Trieb ist die Erregung, was sich zeigt, wenn man über sie nachsinnt, sobald sie einen befallen hat. 25 Unter den Begriff Lust fällt ferner der vielgestaltigste von allen Trieben, jene sittliche Verkommenheit, 26 die sich an der Seele als Prahlerei, Geldgier, Ehrgeiz, Zanksucht und Klatschsucht äußert, 27 an dem Leibe als nimmersattes Fressen, Schlingen und Alleinprassen. 28 Wie nun Lust und Schmerz gleichsam zwei Pflanzen des Leibes und der Seele sind, so gibt es viele Nebensprößlinge dieser Triebe. 29 Diese alle putzt die Allgärtnerin Vernunft entweder aus oder beschneidet sie, umwickelt sie, begießt sie oder leitet das Wasser ganz fort und veredelt so die Natur der Stimmungen und Triebe. 30 Denn die Vernunft ist der Tugenden Führerin, aber der Triebe Selbstherrin.
    Seht denn nun fürs erste durch die Betrachtung der der Besonnenheit hindernd entgegenstehenden Dinge, daß die Vernunft Selbstherrin der Triebe ist. 31 Besonnenheit ist Beherrschung der Begierden. 32 Von den Begierden aber sind die einen seelisch, die anderen leiblich, und daß diese beiden die Vernunft be herrscht, ist klar. 33 Denn wie käme es sonst, daß wir uns zu den verbotenen Nahrungsmitteln zwar hingezogen fühlen, die von ihnen verheißenen Freuden aber verabscheuen? Liegt da nicht die Tatsache vor, daß die Vernunft imstande ist, die Gelüste zu beherrschen? Ich für mein Teil glaube es. 34 Deshalb, wenngleich es uns nach Wassertieren gelüstet und nach Vögeln und Vierfüßlern, kurz, nach den mancherlei Speisen, die uns nach dem Gesetz untersagt sind, so sind wir doch enthaltsam vermöge der Übermacht der Vernunft. 35
    Denn entge gengehalten werden die durch den besonnenen Verstand umgewandelten gelüstenden Triebe, und geknebelt werden alle Regungen des Leibes durch die Vernunft.
    1 Ferner: was braucht man sich darüber zu verwundern, daß auch bis zu einer Vereinigung mit der Schönheit drängenden Begierden der Seele ihre Kraft verlieren? 2 Der besonnene Joseph wenigstens wird doch deshalb gelobt, weil er durch Überlegung Gewalt erlangte über die Wollust. 3 Denn obschon ein Jüngling in voller Reife für den Verkehr, entkräftete er doch durch die Vernunft die Brunst der Triebe. 4 Es ist übrigens klar, daß die Vernunft nicht nur die Brün stigkeit der Wollust beherrscht, sondern eine jede Begierde. 5 Es sagt wenigstens das Gesetz: Laß dich nicht gelüsten de ines Nächsten Weibes noch alles, das dein Nächster hat. 6 Doch aus der Tatsache, daß das untrügliche Gesetz es ist, das den Ausspruch getan hat, wir sollten uns nicht gelüsten lassen, glaube ich Euch noch viel überzeugender als durch das einzelne Beispiel des Joseph dartun zu können, daß die Vernunft im Stande ist, über die Begierden zu herrschen.
    So auch über die der Gerechtigkeit hindernd entgegenstehenden Triebe. 7 Denn wie könnte sonst jemand, der ein gewohnheitsmäßiger Alleinprasser, Fresser und Säufer ist, umerzogen werden, wenn nicht offenbar die Vernunft Gebieterin der Triebe wäre? 8 Ein Mensch jedenfalls, der nach dem Gesetze wandelt, be zwingt, auch wenn er geldgierig sein sollte, auf der Stelle sein eigentliches Wesen; er borgt den Bedürftigen ohne Zinsen, trotzdem er dereinst, wenn die Siebentjahre kommen, sogar des verliehenen Kapitals verlustig geht. 9 Und wenn jemand auch sparsam ist, so läßt er sich doch durch die Vernunft von dem Geset ze beherrschen und hält weder Fruchtnachlese auf den abgeernteten Feldern noch Traubennachlese in den Weinbergen.
    Auch an anderen Tatsachen ist zu erkennen, daß die Vernunft über die Triebe herrscht. 10

Weitere Kostenlose Bücher