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Die Aquitaine-Verschwoerung

Die Aquitaine-Verschwoerung

Titel: Die Aquitaine-Verschwoerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Gesicht auf der Titelseite. Er hatte das Blatt angestarrt, bis ihm klar wurde, was er tat. Dann wechselte er die Plätze, nahm sich die Zeitung und faltete sie zusammen, sodass das Bild nicht mehr zu sehen war. Er sah sich vorsichtig um, hielt sich die Hand über die Lippen, runzelte nachdenklich die Stirn und versuchte, den Eindruck eines in Gedanken versunkenen Mannes zu erwecken, dessen Augen ins Leere blickten. Aber er hatte ein anderes Augenpaar gesehen, das ihn studierte– ihn anstarrte, während ihr Besitzer in eine lebhafte Diskussion mit einer älteren Dame vertieft schien, die neben ihm saß. Der Mann hatte den Blick abgewandt, und Converse hatte vielleicht eine halbe Sekunde Zeit gehabt, das Gesicht zu mustern, ehe er sich dem Fenster zuwandte. Er kannte dieses Gesicht; er hatte mit dem Mann schon gesprochen, konnte sich aber nicht mehr erinnern, wo oder wann das gewesen war. Nur dass sie miteinander gesprochen hatten, wusste er. Diese Erkenntnis war ebenso beunruhigend wie irritierend. Wo war es gewesen? Wann? Kannte der Mann ihn, kannte er seinen Namen?
    Wenn das der Fall war, so hatte der Mann sich jedenfalls nichts anmerken lassen. Joel versuchte, sich den Mann stehend vorzustellen; vielleicht würde das seiner Erinnerung helfen. Er war kräftig gebaut und wirkte jovial, aber Converse spürte etwas Böses an ihm. Seit dem Blickwechsel waren gut fünf Minuten vergangen, und Joel war nicht weitergekommen, hatte sich nicht erinnern können. Er kam nicht weiter, und das machte ihm Angst.
    Â» Wir kommen in zwei Minuten in Köln an. Bitte, achten Sie auf Ihr Gepäck.«
    Â» Entschuldigen Sie bitte. Ist dieser Platz frei?«
    Ein etwa gleichaltriger Mann, der einen Aktenkoffer in der Hand trug, sprach ihn auf Deutsch an.
    Joel nickte, das Gesprochene instinktiv richtig verstehend.
    Â» Danke«, sagte der Mann und setzte sich, wobei er den Aktenkoffer vor sich auf den Boden stellte. Er holte eine Zeitung unter dem linken Arm hervor und faltete sie auseinander. Converses Muskeln strafften sich, als er sein Foto sah, sein eigenes ernstes Gesicht, das ihn anstarrte. Er wandte sich wieder zum Fenster, zog sich die Hutkrempe tiefer ins Gesicht und hoffte, das Bild eines erschöpften Reisenden zu vermitteln, der sich ein paar Minuten Schlaf gönnt. Augenblicke später, als der Zug sich bereits wieder in Bewegung gesetzt hatte, glaubte er, sein Ziel erreicht zu haben.
    Â» Verrückt, nicht wahr?«, s agte der Mann mit dem Aktenkoffer, ohne den Blick von der Zeitung zu wenden.
    Joel regte sich, blinzelte und brummte » Hmm.«
    Â» Verzeihung«, murmelte der Mann und hob entschuldigend die Hand.
    Converse ließ sich wieder gegen das Fenster sinken. Die kühle Glasscheibe wirkte wie ein Ort der Zuflucht. Er schloss die Augen, und die Dunkelheit war ihm willkommener, als er sich je erinnern konnte.
    Â» In Kürze erreichen wir Düsseldorf. «
    Joel ruckte hoch; sein Hals war schmerzhaft steif, sein Kopf kalt. Er musste eine beträchtliche Zeit geschlafen haben. Der Mann neben ihm las in einem Bericht und versah ihn mit Randnotizen. Den Aktenkoffer hatte er auf dem Schoß, die Zeitung ordentlich zwischen sich und Converse gefaltet, sodass Joels Foto deutlich zu sehen war und zur Waggondecke starrte. Der Mann klappte seinen Koffer auf, legte den Bericht hinein und verschloss ihn wieder. Er wandte sich Converse zu.
    Â» Der Zug ist pünktlich«, sagte er und nickte dabei mit dem Kopf.
    Joel erwiderte das Nicken. Dann nahm er plötzlich wahr, dass der Mann auf der anderen Seite des Mittelgangs gemeinsam mit der älteren Frau aufgestanden war und den Kopf schüttelte, offenbar als Antwort auf etwas, das die Frau gesagt hatte. Aber er sah sie dabei nicht an; seine Augen waren auf Converse gerichtet. Joel ließ sich wieder ans Fenster sinken und nahm erneut die Pose des müden Reisenden ein, die weiche Hutkrempe fast bis zur Brille ins Gesicht gezogen. Wer war dieser Mann? Wenn sie einander kannten, wie konnte er dann unter den vorliegenden Umständen schweigen? Wie konnte er einfach hin und wieder herüberblicken und sich dann ganz beiläufig wieder der Frau zuwenden?
    Der Zug begann seine Fahrt zu verlangsamen. Das metallische Mahlen der Bremsscheiben an den Rädern schwoll an; bald würden sie in Düsseldorf einrollen. Converse fragte sich, ob der Deutsche neben ihm wohl aussteigen würde. Er hatte seinen Aktenkoffer

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