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Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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schmalen,
geraden Mund wölbte sich eine dünne Hakennase.
    Sie drehte sich um und sagte zu dem Wärter, der noch an der
Tür stand: »Sie können uns jetzt allein
lassen.«
    »Madame…«
    »Ich sagte, Sie können uns jetzt allein
lassen.«
    Der Wärter ging. Thorn hielt sich mit Mühe auf den
Beinen und schwankte leicht. Die Frau verschwamm immer wieder vor
seinen Augen. Lange Zeit sah sie ihn nur an. Dann sagte sie mit der
gleichen Stimme, die er aus dem Sprechgitter gehört hatte.
»Wird es denn gehen? Es tut mir Leid, dass man Sie so hart
angefasst hat.«
    »Nicht so Leid wie mir.«
    »Ich wollte nur mit Ihnen sprechen.«
    »Wenn das so ist, sollten Sie sich vielleicht gelegentlich
darum kümmern, was man mit ihren Gästen anstellt.« Er
schmeckte Blut im Mund.
    »Würden Sie bitte mit mir kommen?« Sie deutete auf
einen Nebenraum, der wie ein Privatbüro aussah. »Ich habe
etwas mit Ihnen zu bereden.«
    »Mir gefällt es hier sehr gut, vielen Dank.«
    »Das war keine Einladung. Und ob es Ihnen hier gefällt
oder nicht, ist mir egal, Thorn.«
    Er fragte sich, ob sie seine Reaktion beobachtet hatte – die
kurze Erweiterung seiner Pupillen, die sein Schuldbewusstsein
verriet. Vielleicht war auch ein Laser auf seinen Nacken gerichtet,
der den Salzgehalt seiner Haut prüfte. Wie auch immer,
wahrscheinlich konnte sie recht gut einschätzen, was er von
ihrer Beteuerung hielt. Vielleicht gab es irgendwo im Gebäude
sogar einen Trawl. Gerüchte behaupteten, die
Inquisitionsbehörde hätte mindestens ein solches Gerät
in ihrem Besitz, das seit den ersten Tagen der Kolonie liebevoll
gehegt und gepflegt würde.
    »Ich weiß nicht, für wen Sie mich
halten.«
    »Was Sie nicht sagen! Lassen wir doch die Spielchen und
kommen Sie mit.«
    Sie ging ihm voran in den kleineren Raum, der keine Fenster hatte.
Er sah sich um, suchte nach Fallen, nach Hinweisen darauf, dass hier
bisweilen auch Verhöre durchgeführt wurden, aber alles sah
ganz harmlos aus. An drei Wänden standen Regale voll mit
Papierkram, die vierte war fast völlig von einer Resurgam-Karte
mit vielen Nadeln und Lichtern bedeckt. Die Inquisitorin bot ihm
einen Stuhl vor dem großen Schreibtisch an, der einen
großen Teil des Raumes einnahm. Auf der anderen Seite saß
bereits eine zweite Frau, die ihre Ellbogen auf der Schreibtischkante
aufgestützt hatte und leicht gelangweilt ins Leere schaute. Sie
war etwas älter als die Inquisitorin, aber ähnlich drahtig.
Bekleidet war sie mit einer Mütze und einem schweren graubraunen
Mantel mit Pelzbesätzen an Kragen und Manschetten. Beide Frauen
erinnerten ihn an Vögel, leicht, aber flink und kräftig.
Die Frau hinter dem Schreibtisch rauchte.
    Er ließ sich auf dem Stuhl nieder, den man ihm angewiesen
hatte.
    »Kaffee?«
    »Nein, danke.«
    Die zweite Frau schob ihm ein Päckchen zu. »Dann
vielleicht eine Zigarette?«
    »Auch darauf möchte ich verzichten.« Immerhin nahm
er das Päckchen in die Hand, drehte es um und sah sich die
fremdartigen Aufschriften und Prägungen an. Die Zigaretten waren
nicht in Cuvier hergestellt, möglicherweise nicht einmal auf
Resurgam. Er schob sie der älteren Frau zurück. »Kann
ich jetzt gehen?«
    »Nein, wir haben doch noch gar nicht angefangen.« Die
Inquisitorin ließ sich ebenfalls hinter dem Schreibtisch auf
ihrem Sessel nieder und schenkte sich eine Tasse Kaffee ein.
»Vielleicht machen wir uns erst einmal bekannt. Sie kennen sich,
und wir kennen Sie, aber Sie wissen wahrscheinlich nicht viel
über uns. Was mich angeht, haben Sie natürlich eine
Vorstellung… die allerdings ziemlich ungenau sein dürfte.
Mein Name ist Vuilleumier. Das ist meine Kollegin…«
    »Irina«, sagte die andere.
    »Irina… richtig. Und Sie sind natürlich Thorn; der
Mann, der in letzter Zeit so viel Unheil angerichtet hat.«
    »Ich bin nicht Thorn. Die Regierung hat keine Ahnung, wer
Thorn ist.«
    »Woher wollen Sie das wissen?«
    »Ich lese die Zeitungen wie jeder andere auch.«
    »Sie haben Recht. Die Innere Sicherheit weiß wirklich
nicht so genau, wer Thorn ist. Aber nur deshalb, weil ich mein
Möglichstes tue, um gerade diese Abteilung von Ihrer Spur
abzubringen. Haben Sie eine Vorstellung, wie mühsam das ist? Wie
viel Nerven es kostet?«
    Er zuckte nur die Achseln und hütete sich, Interesse oder
Überraschung zu zeigen. »Was geht mich das an? Das ist
schließlich Ihr Problem.«
    »Etwas mehr Dankbarkeit hätte ich schon erwartet,
Thorn.
    Aber genug davon. Sie kennen die großen

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