Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
Vom Netzwerk:
Politik noch weiter vertieft. Jetzt ist
man ideologisch untrennbar damit verbunden. Wer es wagt, das Programm
zu kritisieren, macht sich des Meinungsverbrechens schuldig.
Ausgerechnet Ihnen bräuchte ich das eigentlich nicht zu
erklären.«
    »Und was hat das mit dem Schiff zu tun?«
    »Das Schiff ist ein Fluchtmittel. Ein Teil der Regierung hat
nämlich eine Beobachtung gemacht, die äußerst
beunruhigend ist.« Wieder nahm sie einen Zug von ihrer
Zigarette. »Es existiert tatsächlich eine äußere
Bedrohung für die Kolonie, nur sieht sie nicht ganz so aus, wie
man ursprünglich dachte. Die Gefahr wird schon seit
längerem untersucht, und das Ergebnis ist eindeutig. Resurgam
muss evakuiert werden, vielleicht schon innerhalb der nächsten
ein bis zwei Jahre. Fünf Jahre, wenn es hoch kommt – und
das ist schon eine sehr optimistische Schätzung.«
    Sie ließ ihn nicht aus den Augen, beobachtete genau, wie er
ihre Worte aufnahm. Vielleicht ging sie davon aus, dass sie ihre
Erklärung wiederholen musste, weil er zu langsam wäre, um
das alles beim ersten Mal aufnehmen zu können.
    Er schüttelte den Kopf. »Tut mir Leid, aber ich
hätte schon etwas mehr erwartet.«
    Irina oder wie immer sie heißen mochte, sah ihn gequält
an. »Sie glauben mir meine Geschichte nicht?«
    »Und damit wäre ich nicht allein.«
    »Aber Sie sind doch derjenige, der Resurgam unbedingt
verlassen will«, sagte die Inquisitorin. »Sie behaupten
ständig, die Kolonie sei in Gefahr.«
    »Ich wollte fort. Wer wollte das nicht?«
    »Hören Sie zu!« Vuilleumiers Stimme wurde scharf.
»Sie sind ein Held für tausende von Menschen, von denen
sich die meisten von der Regierung nicht einmal die Schuhbänder
zuknüpfen lassen würden. Viele sind seit langem
überzeugt, Sie wüssten, wo ein paar Raumfähren
versteckt sind, und wollten Ihre Anhänger in einem Massenexodus
ins All führen.«
    Er zuckte die Achseln. »Und?«
    »Natürlich ist daran kein Wort wahr – die
Raumfähren haben nie existiert –, aber in Anbetracht der
Ereignisse ist es nicht völlig unglaubwürdig, dass es sie
einmal gegeben haben könnte. Nun gut.« Sie beugte
sich weiter vor. »Gehen wir von folgender Hypothese aus. Eine
geheime Regierungsbehörde stellt fest, dass ganz Resurgam in
unmittelbarer Gefahr schwebt. Dieselbe Behörde findet mit
großem Aufwand heraus, wo sich Volyovas Schiff befindet. Eine
Untersuchung ergibt, dass es zwar beschädigt, aber flugtauglich
ist. Wichtiger noch, es kann Passagiere aufnehmen. Es hat sogar
gewaltige Kapazitäten. Genug, um mit gewissen
Einschränkungen den ganzen Planeten zu evakuieren.«
    »Eine Art Arche?«, fragte er.
    »Richtig«, sagte sie sichtlich erfreut. »Eine
Arche, das trifft es genau.«
    Vuilleumiers Freundin hielt die Zigarette elegant zwischen zwei
Fingern. Ihre auffallend dünnen Hände erinnerten Thorn an
eine gespreizte Vogelschwinge. »Aber ein Schiff, das als Arche
dienen kann, löst das Problem nur zur Hälfte«, fuhr
sie fort. »Die Frage ist, ob die Regierung, wenn sie die
Existenz eines solchen Schiffes einräumte, nicht auf eine
gewisse Skepsis stoßen würde. Und die Antwort lautet
natürlich ja.« Sie deutete mit der Zigarette auf Thorn.
»Und hier kommen Sie ins Spiel. Uns werden die Menschen nicht
glauben, aber Ihnen vertrauen Sie.«
    Thorn lehnte sich so weit zurück, dass sein Stuhl nur noch
auf den zwei hinteren Beinen balancierte, und schüttelte lachend
den Kopf. Die beiden Frauen beobachteten ihn mit ausdruckslosen
Gesichtern. »Und deshalb hat man mich unten zusammengeschlagen?
Um mich so einzuschüchtern, dass ich diesen Unsinn
schlucke?«
    Vuilleumiers Freundin hielt ihm wieder das Zigarettenpäckchen
hin. »Das stammt von ihrem Schiff.«
    »Tatsächlich? Das ist aber nett. Sagten Sie nicht eben,
es gäbe keine Möglichkeit, ins All zu gelangen?«
    »Bisher nicht, aber jetzt schon. Wir haben uns vom Boden aus
in das Schiff eingehackt und es dazu gebracht, ein Shuttle
herunterzuschicken.«
    Er schnitt eine ungläubige Grimasse, obwohl er nicht
hätte schwören können, dass das unmöglich war.
Schwierig, gewiss – auch nicht sehr wahrscheinlich –, aber
unmöglich wohl nicht.
    »Sie wollen also den ganzen Planeten mit einem einzigen
Shuttle evakuieren?«
    »Genau genommen mit zweien.« Vuilleumier räusperte
sich und legte einen zweiten Ordner auf den Tisch. »Nach der
jüngsten Volkszählung wird die Bevölkerung von
Resurgam auf knapp zweihunderttausend Menschen angesetzt. Die
größte

Weitere Kostenlose Bücher