Die Arche
schwebte nicht frei im Raum, sondern war
umgeben von einer komplizierten Konstruktion aus Halterungen und
Verstrebungen. Dieses Gerüst war wiederum mit einem
komplizierten dreidimensionalen Schienennetz verbunden, das mit
mächtigen schrägen Masten an den Wänden verankert war
und ins Dunkel hineinführte.
Dies war nur eins von dreiunddreißig noch vorhandenen
Waffensystemen. Ursprünglich waren es vierzig gewesen. Eines war
am Rand des Systems außer Kontrolle geraten, weil ein Splitter
jenes Software-Parasiten, den Khouri an Bord gebracht hatte, von ihm
Besitz ergriffen hatte. Daraufhin hatten es Volyova und Khouri
zerstört. Sechs weitere hatten sie nach dem Hades-Zwischenfall
im All zurückgelassen. Wahrscheinlich könnte man sie wieder
bergen, aber man konnte nicht mit Gewissheit sagen, ob sie noch
funktionierten, und Volyova schätzte ihre
Zerstörungswirkung ohnehin wesentlich geringer ein als die der
noch verbliebenen Geschütze.
Sie zündeten ihre Rucksackraketen und bremsten kurz vor dem
ersten Waffensystem ab.
»Geschütz Nummer Siebzehn«, sagte Volyova.
»Hässlicher Sohn eines Svinoi, findest du nicht?
Aber bei ihm bin ich ziemlich weit vorgedrungen – bis hinunter
in die Syntax der Maschinensprache.«
»Das heißt, du kannst mit ihm sprechen?«
»Klar. Sagte ich das nicht gerade?«
Alle Weltraumgeschütze waren mehr oder weniger verschieden,
aber man sah doch, dass sie Kinder eines Geistes waren. Nummer
Siebzehn sah aus wie eine Kreuzung zwischen einem Düsentriebwerk
und einem Viktorianischen Tunnelbohrer: ein axialsymmetrischer,
sechzig Meter langer Zylinder mit einem Maul voll bedrohlicher
Gebilde, die aussahen wie Schneidezähne oder Turbinenschaufeln,
aber vermutlich etwas ganz anderes waren. Das Ganze steckte in einem
matten, verbeulten Metallmantel, der je nach Lichteinfall
grünlich oder bronzefarben schimmerte. Durch Kühlflansche
und Flossen entstand ein flottes Art Déco-Design.
»Wenn du mit dem Ding reden kannst«, sagte Khouri,
»dann bitten wir es doch einfach, das Schiff zu verlassen, und
setzen es dann gegen die Unterdrücker ein.«
»Wäre das nicht wunderbar?« Volyovas ätzender
Sarkasmus hätte Löcher ins Metall fressen können.
»Leider kann auch der Captain die Systeme kontrollieren, und im
Moment werden alle meine Anweisungen durch seine Befehle außer
Kraft gesetzt, weil die seinen nämlich das Stammverzeichnis
ansprechen.«
»Aha. Und von wem stammt diese tolle Idee?«
»Von mir, wenn du es genau wissen willst. Ich wollte damals
erreichen, dass alle Geschütze vom Leitstand aus gesteuert
werden konnten. Kam mir ganz sinnvoll vor.«
»Das ist das Problem mit den tollen Ideen. Manchmal
entwickeln sie sich hinterher zu verdammt lästigen
Nervensägen.«
»Das wird mir allmählich auch klar. Also.« Volyova
dämpfte ihre Stimme und schlug einen sachlichen Ton an.
»Würdest du jetzt bitte hinter mir bleiben und die Augen
offen halten? Ich möchte mein Kontrollgitter
überprüfen.«
»Ich folge dir wie ein Schatten, Ilia.«
Mit Hilfe der Raketen manövrierten sie sich durch die
Zwischenräume im Schienensystem und umkreisten das
Geschütz.
Das Kontrollgitter war ein Gerüst mit Raketen und
Steuerungsschnittstellen, das Volyova um das Geschütz
herumgeschweißt hatte. Ihre Bemühungen, sich mit den
Waffensystemen zu verständigen, waren nur in sehr begrenztem
Umfang erfolgreich gewesen, und ausgerechnet diejenigen, auf die sie
die größte Hoffnung gesetzt hatte, waren unter den
verloren gegangenen. Einmal hatte sie versucht, alle Geschütze
über einen einzigen Kontrollknoten anzusprechen: einen mit
Implantaten aufgerüsteten Menschen in einem speziellen
Kampfsitz. Das Konzept war an sich sinnvoll gewesen, aber sie hatte
den Leitstand nie ganz in den Griff bekommen. Indirekt ließ
sich der ganze Schlamassel, in dem sie jetzt steckten, auf die
damaligen Experimente zurückführen.
»Das Gitter sieht gut aus«, bemerkte Volyova. »Ich
beginne jetzt mit einem Probelauf der Basissysteme auf niedriger
Stufe.«
»Du meinst, du willst das Geschütz aufwecken?«
»Nein, nein… ich flüsterte ihm nur ein paar
Zärtlichkeiten ins Ohr.« Sie tippte Befehle in das dicke
Armband um ihren Raumanzugärmel und beobachtete dabei die
Diagnostiken, die über die Innenseite ihres Helmvisiers liefen.
»Damit bin ich eine Weile vollauf beschäftigt, das
heißt, es bleibt dir überlassen, darauf zu achten, ob es
Ärger gibt. Verstanden?«
»Verstanden. Hm, Ilia?«
»Was?«
»Wir
Weitere Kostenlose Bücher