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Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Die Angst wurde stärker. Das
Geschütz wollte wirklich nicht, dass sie auf dieser Ebene
an ihm herumpfuschte.
    »Pech gehabt«, sagte sie. »Mal sehen…«
Sie tippte mehrmals diskret auf ihr Armband und setzte ganze Netze
einer sinnverwirrend komplizierten Befehlssyntax frei. Die
dreiwertige Logik, auf der das Betriebssystem des Geschützes
basierte, war charakteristisch für die
Synthetiker-Programmierung, machte aber die Fehlersuche höllisch
schwer.
    Dann saß sie da und wartete, während in den Tiefen des
Geschützes Dutzende von Analysemodulen ihren Befehl auf seine
Berechtigung abklopften und auf Herz und Nieren prüften. Nur
wenn er allen Kriterien genügte, würde er ausgeführt
werden. Wenn es dazu kam und der Befehl auch das tat, was er ihrer
Meinung nach sollte, müsste das Geschütz den Captain sofort
aus der Liste der Zugriffsberechtigten löschen. Dann gäbe
es nur noch einen Weg, auf dem es bedient werden konnte, und der
ginge über ihr Kontrollgitter, das von der vom Captain
kontrollierten Infrastruktur des Schiffes unabhängig war.
    Von der Theorie her klang alles sehr schön.
    Den ersten Hinweis, dass die Befehlssyntax fehlerhaft war, bekam
sie einen Augenblick, bevor sich die Luke schloss. Ihr Armband
blinkte rot auf, und bevor sie noch eine Kette besonders poetischer
russischer Schimpfwörter aneinander reihen konnte, hatte das
Geschütz sie auch schon eingesperrt. Als Nächstes gingen
die Lichter aus, aber die Angst blieb. Sie war sogar noch sehr viel
stärker geworden – wobei ein Teil davon auch ihre eigene
Reaktion sein mochte.
    »Verdammt…«, stöhnte Volyova.
»Khouri… kannst du mich hören?«
    Sie bekam keine Antwort.
    Plötzlich setzten sich ringsum die Maschinenteile in
Bewegung. Der Raum wurde größer, schwach erleuchtete
Gänge öffneten sich und führten tiefer in das
Geschütz hinein. Riesige Apparaturen färbten sich blutrot
und zerflossen wie Wachs. Kalte blaue Lichter flackerten über
sie hinweg oder folgten den Flusslinien der Energieströme, die
sich durch ihre Eingeweide wälzten. Eine Welle der
Reorganisation durchlief das ganze System.
    Und dann erschrak Volyova zu Tode, denn sie spürte noch etwas
im Innern des Geschützes, eine Präsenz, die mit
gespenstischer Langsamkeit durch die sich wandelnden Bauteile auf sie
zu kroch.
    Volyova hämmerte gegen die Klappe über sich.
»Khouri!« Aber die Präsenz hatte sie schon erreicht.
Volyova hatte sie nicht kommen sehen, aber plötzlich war sie
ganz nahe. Ein formloses Etwas kauerte hinter ihr. Sie glaubte fast,
es am äußersten Rand ihres Blickfelds sehen zu
können, doch immer, wenn sie den Kopf drehte, versteckte es sich
im toten Winkel.
    Ein heftiger Schmerz durchzuckte ihren Kopf, und sie schrie laut
auf.
    * * *
    Remontoire zwängte seinen hageren Körper in eine der
Aussichtsblasen der Nachtschatten, um sich auch visuell zu
vergewissern, dass die Triebwerke tatsächlich abgeschaltet
waren. Nachdem er die korrekte Serie von Neuralbefehlen gegeben
hatte, hatte er sofort gespürt, wie die Beschleunigung
aufhörte und Schwerelosigkeit einsetzte, dennoch brauchte er
eine zusätzliche Bestätigung, dass seine Anweisung befolgt
worden war. Nach allem, was er bereits erlebt hatte, wäre er nur
mäßig überrascht gewesen, noch immer das
bläuliche Streulicht zu sehen.
    Doch draußen war alles dunkel. Die Triebwerke hatten
wirklich abgeschaltet; das Schiff trieb weiter mit stetiger
Geschwindigkeit auf Epsilon Eridani zu, war aber jetzt viel zu
langsam, um Clavain jemals einzuholen.
    »Was nun?«, fragte Felka leise. Sie schwebte neben ihm
und hielt sich mit einer Hand an einem weichen Ring fest, den das
fürsorgliche Schiff erzeugt hatte.
    »Wir warten«, sagte er. »Wenn ich mich nicht irre,
wird Skade bald hier sein.«
    »Sie wird nicht sehr erfreut sein.«
    Er nickte. »Ich werde die Triebwerke auch sofort wieder
hochfahren, wenn sie mir erklärt hat, was eigentlich vorgeht.
Aber zuerst möchte ich ein paar Informationen.«
    Wenige Augenblicke später zwängte sich der Krebs durch
ein faustgroßes Loch in der Wand. »Das ist unerhört.
Wieso hast du…«
    »Ich bin für die Triebwerke zuständig«,
antwortete Remontoire freundlich. Er hatte sich genau überlegt,
was er sagen wollte. »Sie sind sehr empfindlich und
außerdem gefährlich, besonders wenn man bedenkt, dass die
neuen Modelle sich noch im Versuchsstadium befinden. Jede Abweichung
von der erwarteten Leistung könnte ein Hinweis auf ein
gravierendes Problem, wenn

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