Die Arche
nicht gar auf eine drohende Katastrophe
sein.«
Der Krebs wedelte mit seinen Manipulatoren. »Du weißt
ganz genau, dass mit den Triebwerken alles in Ordnung war. Ich
verlange, dass du sie sofort wieder zündest. Jede Sekunde, die
wir ohne Beschleunigung dahintreiben, kommt Clavain zugute.«
»Tatsächlich?«, fragte Felka.
»Wenn auch nur im weitesten Sinn. Wenn unser Rückstand
noch weiter wächst, ist eine Gefangennahme keine realistische
Option mehr, dann kommt nur noch ein Abschuss mit ferngesteuerten
Waffen in Frage.«
»Hattest du denn eine Gefangennahme jemals ernsthaft in
Erwägung gezogen?«, fragte Felka.
»Das wirst du nie erfahren, wenn Remontoire auf seiner…
Insubordination… beharrt.«
»Insubordination?« Felka lachte schallend. »Du
redest ja fast schon wie ein Demarchist.«
»Schluss mit den Spielchen, ihr beiden.« Der Krebs
drehte sich auf seinen Saugnapffüßen auf der Stelle.
»Fahr die Triebwerke hoch, Remontoire, oder ich finde einen Weg,
sie ohne dich zu zünden.«
Das klang wie ein Bluff, aber Remontoire hielt es nicht für
ausgeschlossen, dass ein Mitglied des Allerheiligsten
Möglichkeiten hatte, seine Befehle zu überwinden. Es mochte
nicht einfach sein, sicherlich schwieriger, als ihn zu zwingen, ihre
Anordnungen zu befolgen, aber er traute es Skade durchaus zu.
»Einverstanden… aber zuerst möchte ich sehen, was
deine Anlage eigentlich macht.«
»Meine Anlage?«
Remontoire löste die Drohne von der Wand. Die Saugnäpfe
an ihren Füßen machten komisch schmatzende Geräusche.
Dann hielt er sie auf Augenhöhe und starrte herausfordernd in
das Sammelsurium von Sensoren und verschiedensten Waffen,
während sie jämmerlich mit ihren Beinchen zappelte.
»Du verstehst mich sehr gut«, sagte er. »Ich will
wissen, was hier vorgeht, Skade. Ich will wissen, was du Neues
gelernt hast.«
* * *
Die Drohne führte sie tief ins Innere der Nachtschatten. Durch gewundene graue Korridore und senkrechte Schächte ging
es von Deck zu Deck, weg vom Bug des Schiffes –
›abwärts‹, soweit es Remontoires Innenohr betraf. Die
Beschleunigung betrug jetzt ein drei Viertel Ge, Remontoire hatte
sich bereit erklärt, die Triebwerke wieder anzufahren und bei
niedrigem Schub laufen zu lassen. Auf seinem mentalen Schiffsplan sah
er, dass alle anderen Fahrgäste sich immer noch unmittelbar
hinter dem Bug zusammendrängten, er und Felka waren als Einzige
so nahe am Heck. Wo Skades Körper sich befand, hatte er noch
nicht herausgefunden. Sie hatte bisher nur über den Krebs mit
ihm gesprochen, und der vollständige Schiffsgrundriss in seinem
Bewusstsein war durch eine mentale Karte mit exakt umrissenen
Lücken ersetzt worden, ein Dokument mit geschwärzten
Stellen, wenn man so wollte.
»Diese Anlage… was immer sie sein mag…«
Skade fiel ihm ins Wort. »Du hättest früher oder
später ohnehin davon erfahren. Ebenso wie das übrige
Mutternest.«
»Hat euch Exordium die Anleitung dazu gegeben?«
»Exordium hat uns nur den Weg gewiesen, nicht mehr. Wir
bekamen nichts auf dem Silbertablett serviert.« Der Krebs
trippelte vor ihnen her zu einem verschlossenen Schott, einer der
mechanischen Türen, die sich geschlossen hatten, bevor die
Beschleunigung so stark anstieg. »Hier geht es in den Bereich
des Schiffes, den ich abgeriegelt hatte. Ich muss euch warnen, auf
der anderen Seite fühlt sich alles ein wenig sonderbar an. Man
spürt es nicht sofort, aber die Barriere ist mehr oder weniger
die Grenze. Von hier an übersteigt der Einfluss der Anlage die
menschliche Wahrnehmungsschwelle. Die Wirkung könnte belastend
sein. Wollt ihr wirklich weitergehen?«
Remontoire sah Felka an; Felka erwiderte den Blick und nickte.
»Nach dir, Skade«, sagte Remontoire.
»Nun gut.«
Die Tür öffnete sich zischend. Dahinter war die
Dunkelheit noch tiefer und lebloser. Sie traten ein und ließen
sich von kolbenförmigen Scheiben durch senkrechte Schächte
weitere Decks nach unten tragen.
Remontoire analysierte seine Empfindungen, konnte aber nichts
Ungewöhnliches feststellen. Als er sich mit fragend
hochgezogener Augenbraue an Felka wandte, erhielt er ein knappes
Kopfschütteln zur Antwort. Auch ihr war nichts aufgefallen, und
sie war in solchen Dingen viel sensibler als er.
Nun führte der Weg durch gewöhnliche Korridore, und sie
hielten hin und wieder inne, um Kräfte zum Weitergehen zu
sammeln. Irgendwann standen sie vor einer glatten Wand, die sich
durch nichts – keinerlei physische, holographische
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