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Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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übersehen, dass nicht alles
so war, wie man ihm erzählt hatte. Er wagte nicht einmal zu
zwinkern. Womöglich passierte der entscheidende Fehler, der die
ganze Sache auffliegen lassen konnte, genau in dem Moment, in dem er
die Augen geschlossen hielt! Womöglich lauerten die
beiden Frauen nur darauf, dass er zwinkerte, um sich, zwei
Zauberkünstlern gleich, die geringste Unaufmerksamkeit ihres
Opfers zunutze zu machen.
    Aber er fand nichts, was seinen Argwohn bestätigt hätte.
Selbst wenn ihn der Flug mit dem Shuttle noch nicht überzeugt
hätte – und wie man den hätte fälschen sollen,
war schwer vorstellbar –, wäre dies hier der letzte Beweis
gewesen.
    Er war durch den Weltraum geflogen. Er befand sich nicht mehr auf
Resurgam, sondern in einem riesigen Raumschiff: dem lang
verschollenen Lichtschiff des Triumvirn. Sogar die Schwerkraft
fühlte sich anders an.
    »Das hätten Sie mir nicht vorgaukeln
können…«, sagte er, während er mit seinen beiden
Begleiterinnen weiterging. »Nicht in hundert Jahren. Es sei
denn, Sie wären Ultras. Und dann hätten Sie es nicht
nötig gehabt.«
    »Heißt das, Sie glauben uns, was wir Ihnen
erzählen?«, fragte die Inquisitorin.
    »Sie haben Zugang zu einem Raumschiff. Das kann ich kaum
abstreiten. Aber selbst ein Schiff dieser Größe, und nach
allem, was ich gesehen habe, ist es mindestens so groß wie
einst die Lorean, selbst ein Schiff dieser Größe
kann keine zweihunderttausend Schläfer aufnehmen. Oder
doch?«
    »Das ist gar nicht nötig«, erklärte ihm die
zweite Frau. »Vergessen Sie nicht, hier geht es nicht um eine
Vergnügungsreise, sondern um eine Evakuierung. Wir wollen die
Menschen von Resurgam wegbringen. Also versetzen wir nur die
Schwächsten in Kälteschlaf. Die meisten werden wach bleiben
und sich mit sehr beengten Verhältnissen abfinden müssen.
Das wird ihnen nicht gefallen, aber es ist immer noch verdammt viel
besser als der Tod.«
    Dem konnte er nicht widersprechen. Auch in seinen Plänen war
keine Beförderung in der Luxusklasse vorgesehen.
    »Wie lange werden die Menschen wohl hier bleiben müssen,
bevor sie nach Resurgam zurückkehren können?«, fragte
er.
    Die Frauen sahen sich an. »Eine Rückkehr nach Resurgam
ist vielleicht keine Option«, sagte die Ältere.
    Thorn zuckte die Achseln. »Es war auch nur ein öder
Felsbrocken, als wir hierher kamen. Wenn es sein muss, fangen wir
eben wieder von vorne an.«
    »Nicht, wenn der Planet nicht mehr da ist. Und das könnte passieren, Thorn.« Sie klopfte mit den
Knöcheln gegen die Schiffswand. »Aber hier können die
Menschen so lange bleiben, wie es erforderlich ist – Jahre oder
gar Jahrzehnte.«
    »Das heißt, wir könnten in ein anderes
Sonnensystem fliegen«, gab er zurück. »Das ist
immerhin ein interstellares Raumschiff.«
    Darauf schwiegen die beiden Frauen.
    »Ich möchte immer noch sehen, wovor Sie eigentlich
solche Angst haben«, sagte er. »Was es ist, das uns
angeblich so schrecklich bedroht.«
    Irina, die Ältere von beiden, fragte: »Schlafen Sie
nachts gut, Thorn?«
    »So gut wie jedermann, würde ich sagen.«
    »Das, fürchte ich, wird sich von heute ab ändern.
Würden Sie mir bitte folgen?«
    * * *
    Antoinette befand sich auf der Sturmvogel und ließ
die Systeme Probe laufen, als die Nachricht kam. Der Frachter lag
noch im Reparaturdock an der Außenfelge des Karussells New Copenhagen, aber die schweren Schäden waren
zum größten Teil behoben oder zumindest notdürftig
geflickt worden. Xaviers Affen hatten rund um die Uhr gearbeitet,
denn weder er noch Antoinette konnten es sich leisten, das Dock auch
nur eine Stunde länger als nötig zu belegen. Die Affen
waren arbeitswillig gewesen, obwohl die meisten anderen Hyperprimaten
im Karussell streikten oder an einem ausgesprochen seltenen
Halbaffenvirus erkrankt waren, der auf rätselhafte Weise
über Nacht ein Dutzend Artengrenzen übersprungen hatte.
Xavier behauptete, er hätte so etwas wie Solidarität
gespürt. Sie waren alle keine glühenden Anhänger des
Ferrisville-Konvents, und dass Antoinette und Xavier von der Polizei
verfolgt wurden, erhöhte nur die Bereitschaft der Primaten, die
üblichen Gewerkschaftsregelungen zu missachten. Natürlich
hatte alles seinen Preis, und am Ende würde ihnen Xavier
vielleicht mehr schulden, als ihm lieb war, aber gewisse
Abhängigkeiten musste man einfach akzeptieren. Diese Regel hatte
Antoinettes Vater oft genug zitiert, und auch sie selbst hatte sich
diese entschieden pragmatische

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