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Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Erfolg, aber wenigstens
sah er nicht mehr aus wie ein wildes Tier.
    Er schnallte sich ab, um sich Kaffee und eine warme Mahlzeit
zuzubereiten. Er hatte die Erfahrung gemacht, dass es im Weltraum
zwei Kategorien von Krisen gab: die einen töteten einen sofort,
gewöhnlich ohne Vorwarnung, und die anderen ließen einem
viel Zeit, sich über das Problem den Kopf zu zerbrechen, auch
wenn es sehr unwahrscheinlich war, dass man eine Lösung fand.
Diese Krise sah ganz so aus, als könnte man sich auch noch zur
Genüge damit beschäftigen, nachdem Hunger und Durst
gestillt waren.
    Er erfüllte die Kabine mit Musik: eine von Quirrenbachs
unvollendeten Symphonien. Während er seinen Kaffee trank,
blätterte er die Statuseinträge im Logbuch der Korvette
durch und stellte erfreut, aber nicht allzu überrascht fest,
dass das Schiff seit dem Start von Skades Kometen einwandfrei
funktioniert hatte. Der Treibstoff reichte aus, um ihn bis in die
Nähe von Yellowstone zu bringen und dort in eine geeignete
Umlaufbahn einzuschießen. Die Korvette war also nicht das
Problem.
    Sobald man im Mutternest von seiner Flucht erfahren hatte, waren,
maximal verschlüsselt, mit moduliertem Laserstrahl die ersten
Botschaften abgesetzt worden. Das Schiff hatte sie dechiffriert und
in der Reihenfolge ihres Eintreffens gespeichert.
    Clavain biss in eine Scheibe Toast. »Spiel sie ab. Die
älteste zuerst. Danach sofort löschen.«
    Er hätte sich denken können, was die Botschaften
enthielten: flehentliche Bitten von Seiten des Mutternests, er
möge doch umkehren und nach Hause kommen. Die ersten nahmen noch
zu seinen Gunsten an – oder taten wenigstens so –, er
hätte für seinen vermeintlichen Fahnenfluchtversuch sicher
gute Gründe. Aber sie klangen halbherzig. Später
verzichtete man auf diese Masche und ging dazu über, ihn
unverhohlen zu bedrohen.
    Das Mutternest hatte Raketen abgeschossen, doch die hatte er
abgeschüttelt, indem er vom Kurs abwich. Er hatte geglaubt,
damit wäre das Problem gelöst. Eine Korvette war schnell.
Kein anderes Raumschiff konnte sie einholen, es sei denn, er
flüchtete in den interstellaren Raum.
    Doch die nächsten Botschaften kamen nicht vom Mutternest,
sondern aus einem kleinen, aber messbaren Winkel von wenigen
Bogensekunden abseits davon. Und sie wiesen eine
gleichmäßige Blauverschiebung auf, als würden sie von
einem sich bewegenden Objekt abgesetzt.
    Er berechnete die Beschleunigung – eins Komma fünf Ge
– und ließ die Zahlen durch seinen Taktiksimulator laufen.
Seine Einschätzung bestätigte sich: im interplanetaren Raum
war er mit dieser Beschleunigung nicht einzuholen. Ein paar Minuten
lang gab er sich der Erleichterung hin, während er
überlegte, was der Verfolger wohl bezweckte. War es nur eine
psychologische Geste? Nicht sehr wahrscheinlich. Synthetiker neigten
nicht zu inhaltlosen Gesten.
    »Botschaften öffnen«, befahl er dann.
    Das Format war audio-visuell. Skades Kopf erschien, umgeben von
einem verschwommenen Oval, in der Kabine. Sie kommunizierte verbal;
sie wusste genau, dass er ihr nie wieder gestatten würde, in
sein Bewusstsein einzudringen.
    »Hallo, Clavain«, sagte sie. »Bitte höre mir
jetzt genau zu. Du hast vielleicht schon erraten, dass wir dich mit
der Nachtschatten verfolgen. Du wirst davon ausgehen, dass wir
dich weder einholen, noch auf Raketen- oder Strahlenwaffenreichweite
an dich herankommen können. Beides trifft nicht zu. Wir
beschleunigen derzeit und werden die Beschleunigung stufenweise
steigern. Wenn du mir nicht glaubst, dann sieh dir die
Dopplerverschiebungen der Übertragungen genau an.«
    Der Kopf im Oval erstarrte und verschwand.
    Clavain überflog die nächste Botschaft. Der Absender war
der gleiche. Im Dateikopf war angegeben, dass sie neunzig Minuten
nach dem ersten Spruch abgesetzt worden war. Er errechnete die
Beschleunigung: sie betrug nun zwei Komma fünf Ge.
    »Clavain. Wenn du dich jetzt ergibst, garantiere ich dir ein
faires Verfahren. Du kannst nicht gewinnen.«
    Die Übertragungsqualität war schlecht; die Stimme klang
seltsam mechanisch, und durch den Kompressionsalgorithmus, den sie
verwendet hatte, wirkte ihr Kopf wie festgeschraubt. Nur Augen und
Mund bewegten sich.
    Die nächste Übertragung: drei Ge.
    »Wir haben deine Abgassignatur wiedergefunden, Clavain. Aus
Temperatur und Blauverschiebung ist zu ersehen, dass du bis an die
Grenze deiner Triebwerksleistung beschleunigst. Ich kann dir
mitteilen, dass wir von dieser Grenze noch weit

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