Die Arche
nicht von Dauer, und dafür, dass
ihm die beiden nun volles Vertrauen entgegenbrachten, war ihm der
Preis nicht zu hoch. Für den Rest des Fluges konnte er sich auf
dem Schiff frei bewegen, und seine beiden Reisegefährten legten
nach und nach ihre Raumanzüge ab. Die Phantome kehrten nicht
zurück, und die Sturmvogel wurde in keinerlei
militärische Aktivitäten verwickelt. Dennoch hatte Clavain
das Bedürfnis, sich nützlich zu machen, und so half er
Xavier mit Antoinettes Zustimmung bei einer Reihe von kleineren
Reparaturen und Verbesserungen. Stundenlang hockten die beiden in
engen Kriechgängen inmitten von unzähligen Kabeln oder
wühlten sich durch viele Schichten von archaischen
Quellcodes.
»Ich kann Ihnen eigentlich nicht verdenken, dass Sie mich
nicht gleich mit offenen Armen aufgenommen haben«, sagte
Clavain, als er mit Xavier allein war.
»Mir liegt sehr viel an ihr.«
»Das merkt man. Und sie hat verdammt viel riskiert, als sie
hierher flog, um mich zu retten. Wenn ich in Ihren Schuhen gesteckt
hätte, ich hätte auch versucht, es ihr
auszureden.«
»Nehmen Sie’s nicht persönlich.«
Clavain zog einen Eingabestift über das Notepad, das er auf
den Knien hielt, und legte eine Reihe von neuen Logikpfaden zwischen
dem Kontrollnetz und dem rückwärtigen Kommunikationsknoten
an. »Schon gut.«
»Was wird nun aus Ihnen, Clavain? Was passiert, wenn wir den Rostgürtel erreichen?«
Clavain zuckte die Achseln.«Ihre Entscheidung. Sie
können mich absetzen, wo immer Sie wollen. Karussell New Copenhagen ist mir schon recht.«
»Und was dann?«
»Dann stelle ich mich den Behörden.«
»Den Demarchisten?«
Er nickte. »Es wäre allerdings viel zu gefährlich,
mich von hier draußen aus direkt an sie zu wenden. Ich brauche
einen neutralen Vermittler, jemanden wie den Konvent.«
Xavier nickte. »Ich wünsche Ihnen, dass alles so geht,
wie Sie es sich vorstellen. Sie haben auch einiges
riskiert.«
»Es wäre nicht das erste Mal.« Clavain hielt inne
und senkte die Stimme. Eigentlich war das unnötig – sie
waren Dutzende von Metern von Antoinette entfernt –, aber er
fühlte sich doch dazu bemüßigt. »Xavier… da
wir gerade unter uns sind… ich wollte Sie schon die ganze Zeit
etwas fragen.«
Xavier blinzelte ihn durch seine zerkratzte graue Datensichtbrille
an. »Schießen Sie los.«
»Sie kannten doch Antoinettes Vater und haben auch schon zu
seinen Lebzeiten Reparaturen an diesem Schiff
durchgeführt.«
»Ganz recht.«
»Dann kennen Sie es sicher wie Ihre Westentasche. Vielleicht
sogar besser als Antoinette?«
»Sie ist ein verdammt guter Pilot, Clavain.«
Clavain lächelte. »Eine höfliche Umschreibung
dafür, dass sie sich für die technischen Details nicht
allzu sehr interessiert?«
»Das war bei ihrem Vater nicht anders«, nahm Xavier sie
in Schutz. »Bei einem solchen Unternehmen hat man mit der
geschäftlichen Seite genug zu tun, auch ohne sich um jede
einzelne Subroutine selbst zu kümmern.«
»Ich verstehe. Ich bin selbst kein Experte. Aber als die
Unterpersönlichkeit eingriff, sobald es kritisch wurde, fiel mir
natürlich auf…« Er vollendete den Satz nicht.
»Das kam Ihnen komisch vor.«
»Sie hätte uns fast umgebracht«, sagte Clavain.
»Sie hat gegen meinen ausdrücklichen Befehl zu früh
gefeuert.«
»Das war kein Befehl, Clavain, nur eine Empfehlung.«
»Mein Fehler. Trotzdem, es hätte nicht passieren
dürfen. Selbst wenn die Unterpersönlichkeit eine gewisse
Kontrolle über die Waffen hatte – was ich auf einem
Zivilschiff, vorsichtig ausgedrückt, für ungewöhnlich
halten würde –, durfte sie dennoch nur auf direkte
Anweisung handeln. Und auf keinen Fall durfte sie in Panik
geraten.«
Xaviers Lachen klang nervös. »In Panik?«
»So kam es mir vor.« Clavain konnte Xaviers Augen hinter
der Datenbrille nicht sehen.
»Maschinen geraten nicht in Panik, Clavain.«
»Ich weiß. Schon gar nicht Unterpersönlichkeiten
der Gamma-Stufe, und höher kann Biest wohl nicht
stehen.«
Xavier nickte. »Das heißt, es kann keine Panik gewesen
sein.«
»Wahrscheinlich.« Clavain wandte sich stirnrunzelnd
wieder seinem Notepad zu und zog den Eingabestift so geistesabwesend
durch die leuchtenden Ganglienknoten der Logikpfade, als rühre
er in einem Teller Spaghetti herum.
* * *
Sie dockten am Karussell New Copenhagen an. Clavain wollte
sich sofort verabschieden, aber das ließen Antoinette und
Xavier nicht zu, sondern bestanden darauf, ihn noch irgendwo im
Karussell
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