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Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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unbedingt meinen Kopf darauf verwetten, dass sie
stimmt. Fest steht nur, dass wir ihr Tun nicht vollends durchschauen.
Ihr Handeln muss einem höheren Zweck dienen. Es muss einen Grund
dafür geben, es kann nicht allein darum gehen, Leben zu
vernichten. Das könnten sie mit viel geringerem Aufwand
erreichen, selbst wenn sie nur geistlose Tötungsmaschinen
wären.«
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Nun, wir sollten vielleicht nicht allzu sicher sein, dass
wir die Ereignisse richtig deuten. Seit wann versteht ein Insekt
etwas von Ungezieferbekämpfung?« Sie schob das Kinn vor und
drückte auf einen Knopf. »Schön. Festhalten. Jetzt
wird es etwas unruhig.«
    Panzerjalousien schoben sich wie Augenlider über die Fenster
und versperrten die Sicht. Gleich darauf begann das Schiff zu
rütteln wie ein Auto, das von der glatten Asphaltstraße
abkam und in einen Acker fuhr. Thorn hatte auch wieder Gewicht –
vorläufig wurde er nur ganz schwach in seinen Sitz gepresst,
aber der Andruck würde ständig stärker werden.
    »Wer sind Sie wirklich, Ana?«
    »Das wissen Sie doch. Wir hatten darüber
gesprochen.«
    »Aber Ihre Erklärung befriedigt mich nicht. Das Schiff
ist irgendwie komisch. Ich konnte nicht genau sagen, woran es lag,
aber als wir an Bord waren, hatte ich die ganze Zeit das Gefühl,
Sie und die andere Frau, Irina, hielten den Atem an und könnten
es kaum erwarten, mich wieder loszuwerden.«
    »Auf Resurgam warten wichtige Aufgaben auf Sie. Irina war von
Anfang an dagegen, Sie an Bord zu lassen. Ihr wäre es lieber
gewesen, sie wären auf dem Planeten geblieben, um die Fundamente
für die Evakuierung zu legen.«
    »Auf ein paar Tage kommt es nicht an. Nein, das war es sicher
nicht. Es gab noch etwas anderes. Sie beide hatten etwas zu verbergen
oder hofften, ich würde irgendetwas nicht bemerken. Ich komme
nur nicht dahinter, was es gewesen sein könnte.«
    »Sie müssen uns vertrauen, Thorn.«
    »Sie machen es mir nicht leicht, Ana.«
    »Was sollen wir denn noch tun? Wir haben Ihnen das Schiff
doch gezeigt? Sie haben gesehen, dass es echt ist. Es hat
genügend Kapazität, um sämtliche Bewohner zu
evakuieren. Wir haben sie sogar in den Shuttle-Hangar
geführt.«
    »Schon«, sagte er. »Aber Sie haben mir auch vieles
nicht gezeigt, und das lässt mir keine Ruhe.«
    Das Rütteln war stärker geworden. Das Schiff schlitterte
nun wie über einen eisigen Hang hinab, aus dem da und dort
Steine hervorstanden. Der Rumpf ächzte und verformte sich immer
wieder, um die Unebenheiten auszugleichen. Thorn fand den Flug
erregend, obwohl er sich zu Tode fürchtete. Er hatte seinen
ersten und bisher einzigen Atmosphäreeintritt erlebt, als ihn
seine Eltern als Kind nach Resurgam brachten. Doch damals hatte er im
Kälteschlaf gelegen, und so erinnerte er sich daran ebenso wenig
wie an seine Geburt in Chasm City.
    »Wir haben Ihnen nicht alles gezeigt, weil wir nicht wissen,
ob man auf dem Schiff überall sicher ist«, sagte
Vuilleumier. »Wir wissen nicht, was Volyovas Mannschaftskollegen
an Fallen zurückgelassen haben.«
    »Ich durfte es doch nicht einmal von außen sehen,
Ana.«
    »Das hat sich nicht ergeben. Der Anflugwinkel…«
    »Hatte damit nichts zu tun. Das Schiff hat etwas an sich, was
Sie mir verheimlichen wollen. So ist es doch, nicht wahr?«
    »Warum fragen Sie mich das ausgerechnet jetzt,
Thorn?«
    Er lächelte. »Weil ich dachte, Sie wären durch den
Ernst der Lage abgelenkt.«
    Darauf sagte sie nichts.
    Endlich wurde der Flug ruhiger. Die Rumpfzelle verformte sich
knirschend ein letztes Mal. Vuilleumier wartete noch ein paar
Minuten, dann fuhr sie die Panzerjalousien wieder hoch. Thorn
blinzelte, als das Tageslicht in die Kabine flutete. Sie befanden
sich innerhalb von Rocs Atmosphäre.
    »Wie fühlen Sie sich?«, fragte sie. »Ihr
Gewicht hat sich verdoppelt, seit wir das Schiff verlassen
haben.«
    »Es wird schon gehen.« Solange er nicht herumzulaufen
brauchte, war alles in Ordnung. »Wie tief sind wir
jetzt?«
    »Nicht allzu tief. Der Druck beträgt etwa eine halbe
Atmosphäre. Warten Sie…« Sie betrachtete stirnrunzelnd
eines ihrer Displays und drückte auf einige Schalter darunter.
Das Bild durchlief alle Regenbogenfarben. Thorn sah eine vereinfachte
Silhouette ihrer Raumfähre, umringt von pulsierenden,
konzentrischen Kreisen. Vermutlich war es eine Art von Radar, denn am
Rand des Displays blinkte immer wieder ein kleiner Lichtfleck auf.
Volyova betätigte einen anderen Schalter, die

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