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Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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auf dem Weg in eine kleine Hölle.
    »Sieht mir nicht unbedingt nach einer guten Idee aus«,
bemerkte Vuilleumier.
    »Das macht nichts«, sagte Thorn. »Bleiben Sie nur
auf diesem Kurs. Das UFO ist nicht näher gekommen, nicht wahr?
Vielleicht war es doch bloß ein Echo aus unserem
Nachstrom.« Während er noch sprach, wandte sich Vuilleumier
der Konsole zu. Eine Sirene fing an zu heulen, und ein vielstimmiger
Chor schrie unverständliche Warnungen in verschiedenen
Sprachen.
    »Der Massesensor meldet, dass von vorne etwas auf uns
zukommt. Entfernung etwa siebzig Kilometer«, sagte sie.
»Länglich, denke ich, die Feldgeometrie ist zylindrisch,
mit einer Eins durch ›r‹-Dämpfung. Das muss unser Baby
sein.«
    »Wann kriegen wir es zu sehen?«
    »In fünf Minuten sind wir dort. Ich bremse
allmählich ab. Halten Sie sich fest.«
    Thorn wurde in die Sitzgurte geschleudert, als Vuilleumier die
Geschwindigkeit wegnahm. Er zählte erst ein, dann zwei Mal
fünf Minuten ab. Der Fleck auf dem Passivradarschirm hielt
seinen relativen Abstand und wurde mit ihnen langsamer.
Seltsamerweise flog das Schiff jetzt ruhiger als vorher. Die Wolken
wurden dünner; die ungestüme elektrische Aktivität
verringerte sich auf ein fernes Wetterleuchten zu beiden Seiten.
Alles war von einer erschreckenden Unwirklichkeit.
    »Luftdruck fällt«, meldete Vuilleumier.
»Wahrscheinlich bildet sich hinter der Röhre ein Nachstrom
mit niedrigerem Druck. Die Röhre durchschneidet die
Atmosphäre mit Überschallgeschwindigkeit, so dass die Luft
nicht sofort wieder einströmen und die Lücke
schließen kann. Wir befinden uns innerhalb des Mach-Kegels der
Röhre. Es ist, als flögen wir hinter einem
Überschallflugzeug her.«
    »Das hört sich fast so an, als wüssten Sie, wovon
Sie reden – ungewöhnlich für eine
Inquisitorin.«
    »Ich musste es lernen, Thorn. Und ich hatte einen guten
Lehrer.«
    »Irina?«, fragte er amüsiert.
    »Wir sind ein starkes Team. Aber das war nicht immer
so.« Sie schaute nach vorne und streckte den Arm aus. »Da.
Ich glaube, ich kann etwas erkennen. Ich versuche, das Bild zu
vergrößern, und dann sehen wir zu, dass wir ins All
zurückkommen.« Der Hauptbildschirm zeigte ein Bild der
Röhre. Sie stieß von oben in einem Winkel von vierzig oder
fünfundvierzig Grad zur Horizontalen durch die Atmosphäre
und leuchtete vor dem pechschwarzen Hintergrund wie eine Linie aus
glänzendem Silber oder wie der Trichter eines Wirbelsturms. Etwa
achtzig Kilometer davon waren sichtbar, darüber und darunter
verschwand sie im Dunst oder in den brodelnden Wolken. Man konnte
keine Bewegung erkennen. Die Röhre schien reglos im Nichts zu
hängen, obwohl sie sich alle fünfzehn Sekunden etwa einen
Kilometer weiter in die Tiefe schob.
    »Mehr wird offenbar nicht geboten«, sagte Thorn.
»Ich weiß nicht, was ich erwartet habe, jedenfalls dachte
ich, es gäbe noch etwas. Vielleicht weiter unten. Können
Sie uns noch näher heranbringen?«
    »Dazu müssen wir die transitionelle Grenzschicht
durchstoßen und würden noch sehr viel mehr
durchgeschüttelt als bisher.«
    »Wird das Schiff es aushalten?«
    »Wir können es versuchen.« Vuilleumier schnitt eine
Grimasse und machte sich wieder über die Steuerkonsole her. Die
Luft vor der Röhre war vollkommen ruhig, sie ahnte noch nichts
von der Schockwelle, die auf sie zuraste. Als die Röhre beim
letzten Umlauf des Mondes hier durchgekommen war, hatte ihre Bahn
mehrere tausend Kilometer neben der jetzigen gelegen. Unmittelbar vor
dem Röhrenende wurde die Atmosphäre zu einer wabernden, nur
wenige Zentimeter dicken Schicht verdichtet, die über die ganze
Länge eine V-förmige Schockwelle bildete. Um das Ende zu
überholen, musste Vuilleumier entweder durch diese Schwinge aus
gnadenlos verdichteter und überhitzter Luft fliegen oder einen
Umweg von vielen tausend Kilometern in Kauf nehmen.
    Sie flogen seitlich an der Röhre entlang. Die
Reibungsenergien, die unterwegs abgeleitet wurden, ließen die
Vorderkante kirschrot aufglühen, schienen aber der fremdartigen
Konstruktion nichts anhaben zu können.
    »Die Röhre schiebt sich immer tiefer in die
Atmosphäre«, sagte Thorn. »Aber da unten gibt es doch
nichts. Außer Unmengen von Gas.«
    »Das Gas reicht nicht bis ganz nach unten«, widersprach
Vuilleumier. »In ein paar hundert Kilometern wird der
gasförmige Wasserstoff flüssig, dann folgt reiner
metallischer Wasserstoff. Und darunter befindet sich ein felsiger
Kern.«
    »Ana, wie müsste

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