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Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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da eben passiert ist?«,
würgte er hervor.
    »O ja«, sagte sie. »Aber ich weiß nicht, ob
ich es glauben soll.«
    »Rede mit mir, Ana.«
    »Schau, Thorn. Schau nach draußen.
    Er folgte ihrem Blick. Die schwarze Masse vor dem Fenster zerfiel
ebenso unaufhaltsam wie die Würfel im Innern des Schiffs.
Lücken entstanden, man sah den leeren Himmel, dann schlossen sie
sich wieder und öffneten sich an anderen Stellen. Und Khouri
begriff endlich, dass auch da draußen noch etwas anderes am
Werk war. Es befand sich in der körnigen schwarzen Schale, die
das Schiff umgab, aber es war kein Teil davon, und wo es sich bewegte
– denn es umkreiste das Schiff in langgezogenen, trägen
Spiralen – wichen die verklumpten schwarzen Massen hastig davor
zurück. Die Form des Objekts war schwer zu erkennen, doch in der
Erinnerung erschien es Khouri wie ein tanzender eisengrauer Kreisel,
annähernd kugelförmig, zusammengesetzt aus vielen sich
gegeneinander drehenden Schalen. Irgendwo in seinen Tiefen glomm ein
schwaches Licht so dunkelrot wie ein Karneol. Das Objekt – es
hatte auch eine gewisse Ähnlichkeit mit einer rotierenden Murmel
– hatte vielleicht einen Durchmesser von einem Meter, aber das
war schwer zu schätzen, denn seine Peripherie schwoll durch die
Drehung ständig an und schrumpfte wieder. Khouri wusste nur
eines: es war vorher nicht da gewesen, und die
Unterdrücker-Maschinen hatten eine seltsame Scheu davor.
    »Es will uns ein Fenster öffnen«, sagte Thorn
staunend. »Sieh nur. Es bahnt uns einen Fluchtweg.«
    Khouri schob ihn aus dem Pilotensessel. »Dann sollten wir
nicht lange zögern.« Sie drängten sich durch den
Schwarm von Unterdrücker-Maschinen und schossen ins All hinaus.
Khouri beobachtete auf dem Radarschirm, wie die Schale hinter ihnen
zurückblieb, und fürchtete schon, sie würde die
flackernde rote Murmel ersticken, um anschließend weiter hinter
ihnen her zu jagen. Aber sie konnten ungehindert abziehen. Erst
später kam ein Objekt mit der gleichen unscharfen Radarsignatur
wie vorher von hinten auf sie zu. Doch es zog nur mit beachtlicher
Beschleunigung an ihnen vorbei in den interplanetaren Raum. Khouri
sah es in Richtung auf Hades, den Neutronenstern am Rand des Systems
verschwinden.
    Sie hatte nichts anderes erwartet.
    * * *
    Woher stammte das große Werk? Von wem war es veranlasst
worden? Die Unterdrücker hatten auf solche Informationen keinen
Zugriff. Klar war nur, dass sie und nur sie allein den Auftrag dazu
erhalten hatten, und dass es das wichtigste Projekt war, das jemals
in der Geschichte der Galaxis, vielleicht sogar in der Geschichte des
Universums von einer intelligenten Instanz eingeleitet worden
war.
    Der Auftrag an sich war denkbar einfach. Intelligentes Leben
durfte sich nicht ungehemmt über die ganze Galaxis ausbreiten.
Es konnte geduldet, ja sogar gefördert werden, so lange es sich
auf einzelne Welten oder auch auf einzelne Sonnensysteme
beschränkte.
    Aber es durfte nicht die gesamte Galaxis verseuchen.
    Dabei war es nicht angezeigt, das Leben in Bausch und Bogen
auszurotten. Technisch machbar wäre das für jede
ausgereifte galaktische Zivilisation gewesen, besonders wenn sie mehr oder weniger allein in der Galaxis war. In
Sternenkindergärten ließen sich künstliche Hypernovae
entfachen, sterilisierende Explosionen, die millionenfach
zerstörerischer waren als jede Supernova. Man konnte Sterne ins
Zentrum der Galaxis steuern und sie dort in den Ereignishorizont des
supermassiven Schwarzen Lochs stürzen, damit sie auseinander
gerissen würden und einen Schwall von reinigenden Gammastrahlen
abgäben. Binäre Neutronensterne waren durch vorsichtige
Manipulation der lokalen Gravitationskonstanten zur Kollision zu
bringen. Es gab auch die Möglichkeit, Scharen von
selbstreplizierenden Maschinen in jedes einzelne Planetensystem der
Galaxis zu entsenden, damit sie die Welten dort in Trümmer
rissen. Binnen einer Million Jahre ließe sich jeder Felsplanet
in der Galaxis in Staub verwandeln. Mit prophylaktischen Eingriffen
in die protoplanetaren Scheiben, in denen Welten gebildet wurden,
konnte man verhindern, dass weitere lebensfreundliche Planeten
entstanden. Die Galaxis wäre im Staub ihrer eigenen toten Seelen
erstickt, in einem Weltenbrand, der die Megaparseks
überstrahlte.
    All das wäre möglich gewesen.
    Aber es ging nicht darum, das Leben auszurotten, sondern es im
Zaum zu halten. An sich war es den Unterdrückern heilig, obwohl
es in so verschwenderischer Fülle

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