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Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Bewunderung an. »Sie wissen, wie das
ist, nicht wahr?«
    »Was, Thorn?«
    »Dem Tod ins Antlitz zu schauen. Er kann sie nicht sonderlich
beeindrucken.«
    »Lassen Sie sich nicht täuschen. Ich wäre tausend
Mal lieber irgendwo anders.«
    Die Objekte hatten den letzten konzentrischen Kreis auf dem
Bildschirm überquert und waren auf wenige Kilometer an das
Schiff herangekommen. Nun wurden sie langsamer. Khouri wusste, dass
sie von jetzt an getrost die aktiven Sensoren einsetzen konnte. Ihre
Position war bereits bekannt, sie konnten nichts mehr verderben, wenn
sie sich die Objekte näher ansahen. Sie kamen von allen Seiten,
und obwohl die Abstände im Moment noch groß waren, bestand
keine Aussicht, durch eine Lücke zu entkommen. Vor einer Minute
hatte man noch nichts gesehen; die Gebilde konnten durch die
Atmosphäre rasen, als wäre sie nicht vorhanden. Thorn hatte
die Maschine steil hochgezogen. Khouri selbst hätte zwar genau
das Gleiche getan, aber es nützte nichts mehr. Sie waren dem
Kern des Geheimnisses zu nahe gekommen und mussten nun, genau wie
Sylveste vor vielen Jahren, für ihre Neugier bezahlen.
    Die Signale des Aktivradars waren unklar, weil die anfliegenden
Objekte beständig die Form wechselten. Die Massensensoren
registrierten an der Grenze ihrer Empfindlichkeit nur Phantomsignale,
die sich kaum von Rocs eigenem Feld im Hintergrund abhoben. Aber die
optischen Bilder waren eindeutig. Sie zeigten dunkle Gebilde, die
durch die Atmosphäre auf das Schiff zuschwammen. Wobei
›schwimmen‹ das richtige Wort war, dachte Khouri, denn
genau so sah es aus: eine komplexe Abfolge von pulsierenden und
fließend wellenförmigen Bewegungen wie bei einem
Tintenfisch. Die Objekte hatten die Größe ihres
Raumschiffs und bestanden aus Millionen kleinerer Elemente,
unzähligen schwarzen Würfeln in verschiedensten
Größen, die gefangen waren in einem rastlos gleitenden
Tanz. Das schwarze Gewoge ließ kaum Einzelheiten erkennen, nur
hin und wieder flackerte im Innern ein blaues oder violettes Licht
auf und erhellte verschiedene Anhängsel. Jedes
größere Konglomerat wurde von einer Wolke aus kleineren
schwarzen Gebilden begleitet, und wenn sie einander näher kamen,
streckten sie Fühler aus, fließende Nabelschnüre aus
schwarzen Tochtermaschinen. Pulsierende Massewellen schlugen
Brücken zwischen den Hauptkernen, und dann und wann spaltete
sich ein Primärkörper oder verschmolz mit seinem Nachbarn.
Immer wieder zuckten purpurne Blitze zwischen den schwarzen Klumpen
hin und her, die sich gelegentlich zu einer geometrischen Schale um
Khouris Schiff formierten, um gleich darauf wieder in ein scheinbar
zufälliges Muster zurückzufallen. Obwohl Khouri den
sicheren Tod vor Augen hatte, beobachtete sie das Geschehen mit
angewiderter Faszination: der Anblick der Unterdrücker-Maschinen
löste heftigen Abscheu aus, denn dieses Schauspiel war ganz
sicher nicht das Produkt menschlicher Intelligenz. Die Bewegung der
Maschinen war von atemberaubender Fremdartigkeit, und Khouri ahnte,
dass Volyova und sie selbst den Feind gewaltig unterschätzt
hatten – falls das überhaupt möglich war. Was sie
bisher gesehen hatten, war noch nicht der Rede wert gewesen.
    Als die Maschinen nur noch hundert Meter entfernt waren, ordneten
sie sich zu einer schwarzen Schale, die immer kleiner wurde und ihr
Opfer einschloss wie ein schwarzer Brei. Der Himmel wurde zunehmend
verdeckt und schimmerte nur noch durch die Lücken des
Tentakelgeflechts. Im violetten Schein sprühender Blitze –
wogende Tücher und schillernde Blasen eingeschlossener
Plasmaenergie – sah Khouri, wie die Maschinen dicke Arme
ausbildeten, die gierig nach dem Schiff tasteten. Die Raketen
stießen weiter ihre Abgase aus, die aber die Schale ungehindert
durchdringen konnten, ohne von den Maschinen beachtet zu werden.
    »Thorn?«
    »Es tut mir Leid«, sagte er mit aufrichtigem Bedauern in
der Stimme. »Aber ich konnte nicht anders. Es ist mein Naturell,
ich muss immer alles zum Äußersten treiben.«
    »Ich bin Ihnen eigentlich nicht böse. An Ihrer Stelle
hätte ich mich vielleicht genauso verhalten.«
    »Das ist keine Entschuldigung, Ana. Es heißt nur, dass
wir beide töricht gewesen wären.«
    Ein Dröhnen ging durch den Rumpf, einmal und noch einmal. Das
Heulen der Sirenen veränderte sich: jetzt warnte es nicht mehr
vor Druckverlust oder Triebwerksversagen, jetzt meldete es, dass
etwas von außen gegen den Rumpf schlug und ihn
beschädigte. Etwas quietschte so

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