Die Arche
Sie
das für möglich?«
»Was soll das alles, Clavain?«, fragte Voi.
»Beantworten Sie einfach meine Frage.«
Seine Unverschämtheit trieb ihr die Zornesröte ins
Gesicht, aber sie beherrschte sich und sagte ruhig, fast
geschäftsmäßig: »Wie sie wissen, findet man fast
immer Mittel und Wege, wenn die Verzweiflung groß genug
ist.«
»Dann sollten Sie mit entsprechenden Planungen beginnen. Sie
werden mindestens ein interstellares Raumschiff brauchen, wenn
möglich mehrere. Und Soldaten und Waffen.«
»In unserer Lage können wir nicht unbegrenzt Mittel
erübrigen, Clavain«, sagte Perotet und zog einen Handschuh
ganz aus. Seine Hände waren milchweiß und sehr
feingliedrig.
»Wieso? Weil Sie den Krieg verlieren werden? Daran ist
ohnehin nichts mehr zu ändern. Das Ende wird nur etwas
früher kommen, als Sie dachten.«
Perotet zog den Handschuh wieder an. »Warum,
Clavain?«
»Dem Mutternest geht es nicht mehr in erster Linie darum,
diesen Krieg zu gewinnen. Ein anderes Anliegen hat inzwischen
Vorrang. Man führt den Krieg nur noch zum Schein, weil man nicht
will, dass Sie oder sonst jemand die Wahrheit ahnt.«
»Und die wäre?«, fraget Voi.
»Ich kenne nicht alle Details. Ich hatte die Wahl, zu
bleiben, um mehr zu erfahren, oder überzulaufen, solange ich die
Chance dazu hatte. Die Entscheidung war nicht einfach, und ich hatte
nicht viel Zeit zum Nachdenken.«
»Sagen Sie uns einfach, was Sie wissen«, verlangte
Perotet. »Und überlassen Sie es uns zu beurteilen, ob es
sich lohnt, Ihren Informationen weiter nachzugehen. Sie wissen ja,
dass wir die Wahrheit in jedem Fall erfahren. Auch wir haben Trawls,
nicht nur Ihre Leute. Sie mögen nicht so schnell und auch nicht
so sicher sein… aber sie funktionieren. Sie verlieren
also nichts, wenn Sie gleich auspacken.«
»Ich bin bereit, Ihnen alles zu erzählen, was ich
weiß. Aber wenn Sie nicht danach handeln, ist das Wissen
wertlos.« Clavain spürte, wie das Schiff den Kurs
änderte. Sie hielten auf Marcos Auge zu, Yellowstones einzigen
großen Mond, der gleich außerhalb des Hoheitsraums des
Ferrisville-Konvents um den Planeten kreiste.
»Dann schießen Sie los«, sagte Perotet.
»Das Mutternest hat eine äußere Bedrohung
ausgemacht, die uns alle betrifft. Im All lauern Aliens,
Maschinenwesen, die die Entwicklung von technischer Intelligenz zu
verhindern suchen. Deshalb ist die Galaxis so dünn besiedelt.
Die Aliens haben sie leer gefegt. Und ich fürchte, wir stehen
als Nächste auf der Liste.«
»Klingt mir ziemlich weit hergeholt«, sagte Voi.
»Ist es aber nicht. Einige von unseren Weltraummissionen sind
bereits mit ihnen in Berührung gekommen. Sie sind so wirklich
wie Sie oder ich, und ich gebe Ihnen mein Wort darauf, sie kommen
näher.«
»Wir hatten bisher keinerlei Probleme«, meinte
Perotet.
»Wir haben irgendetwas getan, was ihre Aufmerksamkeit
erregte. Was es war, werden wir vielleicht nie genau erfahren.
Wichtig ist nur, dass die Bedrohung existiert, und dass sich die
Synthetiker dessen auch voll bewusst sind und nicht glauben, gegen
sie bestehen zu können.« Dann erzählte er in groben
Zügen die gleiche Geschichte über die Evakuierungsflotte
des Mutternests und die Mission zur Wiederbeschaffung der verlorenen
Weltraumgeschütze, die er auch Xavier und Antoinette vorgetragen
hatte.
»Diese angeblichen Wunderwaffen«, sagte Voi.
»Wollen Sie uns weismachen, dass man damit tatsächlich
etwas gegen feindliche Aliens ausrichten könnte?«
»Ich denke, wenn meine Leute sie nicht für so wertvoll
hielten, wären sie nicht so erpicht darauf, sie
wiederzubekommen.«
»Und was haben wir damit zu tun?«
»Ich möchte, dass Sie die Geschütze zuerst finden.
Dazu brauchen Sie das Raumschiff. Sie könnten Skades
Exodusflotte ja ein paar davon zurücklassen, aber die
anderen…« Clavain zuckte die Achseln. »Die anderen
wären in den Händen der orthodoxen Menschheit sicher besser
aufgehoben.«
»Sie sind ja wirklich ein Verräter«, sagte Voi
bewundernd.
»Ich bemühe mich, es nicht zur Gewohnheit werden zu
lassen.«
Das Schiff schwankte. Es hatte keinerlei Warnung gegeben, aber
Clavain besaß genügend Flugerfahrung, um geplante und
ungeplante Manöver voneinander unterscheiden zu können.
Etwas stimmte nicht. Er sah es Voi und Perotet sofort an: die
Gelassenheit fiel schlagartig von ihnen ab. Vois Gesicht erstarrte,
und sie nahm mit zitterndem Kehlkopf subvokale Verbindung zum
Schiffsführer des Shuttles auf. Perotet
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