Die Arche
katastrophal daneben gegangen sei. Die Stimme
steigerte sich zu einem Höhepunkt und verstummte.
»Ich möchte die Namen aller Beteiligten«, sagte
Khouri und legte den Hörer auf die Gabel zurück.
Dann sah sie Thorn an. »Es tut mir Leid.«
»Was?«
»Jemand wurde getötet, als die Polizei die Versammlung
aushob. Das Opfer starb vor ein paar Minuten. Eine
Frau…«
Er unterbrach. »Ich weiß, um wen es geht.«
Khouri sagte nichts. Die Stille füllte den Raum und wurde von
den Papiermassen auf den Regalen eingefangen und zurückgeworfen;
so viele Lebensläufe, akribisch dokumentiert und kommentiert,
und alles nur, um Macht auszuüben.
»Kennst du auch ihren Namen?«, fragte Khouri.
»Nein. Sie war nur eine von meinen Anhängern. Eine von
vielen, die nach einer Möglichkeit suchen, Resurgam zu
verlassen.«
»Es tut mir Leid.« Khouri beugte sich über den
Schreibtisch und nahm seine Hand. »Ganz ehrlich, Thorn. Ich
wollte nicht, dass es so anfängt.«
Ein heiseres Lachen entfuhr ihm. »Immerhin hat sie ihren
Willen bekommen. Ihr Wunsch ist in Erfüllung gegangen. Sie hat
den Planeten verlassen. Noch vor allen anderen.«
Kapitel 25
Skade schritt in ihrer schwarzen Rüstung durch das Schiff.
Jetzt gehörte es ganz ihr. Sie waren fürs Erste in
Sicherheit. Nachdem sie unbemerkt durch die letzten
Verteidigungsanlagen im Territorium der Demarchisten geschlüpft
waren, lagen nur noch Lichtjahre leeren Weltraums zwischen der Nachtschatten und ihrem Ziel.
Skade strich mit stählernen Fingern über die
Korridorverkleidung. Sie liebte es, wenn künstliche Dinge sich
so glatt aneinander fügten. Eine Weile hatte das Schiff noch
Clavains Gestank bewahrt, und nach seiner Fahnenflucht hatte sie mit
Remontoire zu kämpfen gehabt, der mit Clavain sympathisierte und
sein Verbündeter war, aber jetzt waren sie beide fort, und sie
durfte sich mit Fug und Recht als Eigentümerin der Nachtschatten betrachten. Nun konnte sie das Schiff
umbenennen, wenn ihr der Sinn danach stand, oder vielleicht ganz auf
einen Namen verzichten, denn Namen vertrugen sich ohnehin nicht mit
der Denkweise der Synthetiker. Aber es bereitete ihr ein geradezu
perverses Vergnügen, den alten Namen beizubehalten. Sie
würde es genießen, Clavains geliebte Waffe gegen ihn
selbst zu richten, und der Triumph wäre umso größer,
wenn die Waffe noch den gleichen Namen trüge, den er ihr gegeben
hatte. Mit dieser letzten Demütigung wäre sie für
alles, was er ihr angetan hatte, reich entschädigt.
So sehr sie ihn für seine Tat hasste, sie konnte nicht
bestreiten, dass sie sich an ihren neuen Zustand in einer Weise
gewöhnte, die sie noch vor Wochen mit Schrecken erfüllt
hätte. Die Rüstung stand ihr gut. Sie bewunderte sich in
den glänzenden Schotts und Türflächen. Die
anfängliche Unbeholfenheit war überwunden, und wenn sie
allein in ihrer Kabine war, lieferte sie sich selbst mit wachsendem
Vergnügen stundenlang immer neue Proben ihrer Kraft, ihrer
Wendigkeit und ihrer Fingerfertigkeit. Mit der Zeit lernte die
Rüstung, alle Bewegungen vorherzuahnen, und war kaum noch auf
die Signale angewiesen, die im Schneckentempo Skades Rückgrat
hinauf- und hinunterkrochen. Skade spielte auf einem Holoklavier in
so rasender Geschwindigkeit Fugen für eine Hand, dass die
behandschuhten Finger zu einem blitzenden Nebel verschwammen wie die
Teile einer tödlichen Maschine. Toccata in D von einem
Komponisten namens Bach hielt ihrem Können nicht stand. Das
Stück wurde zu einer einzigen Tonsalve, die an Schüsse aus
einer Gatling-Kanone erinnerte und erst nach neuraler Nachbearbeitung
wieder entfernt als Musik zu erkennen war.
Natürlich diente ihr das alles nur zur Zerstreuung. Skade
mochte durch die letzte Verteidigungslinie der Demarchisten
geschlüpft sein, doch seit drei Tagen wusste sie, dass damit
nicht alle Probleme gelöst waren. Sie wurde verfolgt. Etwas
hatte hinter ihr das Yellowstone-System verlassen und einen ganz
ähnlichen Kurs eingeschlagen.
Skade hielt die Zeit für gekommen, Felka darüber zu
informieren.
Auf der Nachtschatten herrschte tiefe Stille. Auf dem Weg
hinunter zum Kälteschlafraum hörte Skade nur ihre eigenen
Schritte. Sie klangen so hart und regelmäßig wie die
Hämmer in einer Schmiede. Die Anlage zur
Trägheitsunterdrückung lief glatt und ruhig. Das Schiff
beschleunigte mit zwei Ge, aber Skade konnte ohne Mühe
gehen.
Sie hatte Felka in Kälteschlaf versetzt, nachdem sie erfahren
hatte, dass auch ihr jüngster
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